Patricia - Der Kuss des Vampirs
von ihrer Wange zu ihrem Hals geglitten waren. Wie eine Liebkosung war es gewesen, verführerisch und doch beängstigend. Es war völlig widersinnig und wenn sie nicht eine so nüchterne, moderne Frau gewesen wäre, hätte sie geschworen, dass dieser Mann irgendeinen dunklen Zauber auf sie gelegt hatte. Unauffällig betrachtete sie aus den Augenwinkeln sein Gesicht. Es war trotz seines arroganten Ausdrucks anziehend. Seine Augen waren faszinierend und seine Lippen schmal und männlich. Sie hatte sich, alleine in ihrem Zimmer und auch während der Arbeit, wohl schon hundert Mal vorgestellt, wie es sein musste, seine Lippen auf den ihren zu fühlen. Eine unsinnige Idee, die sie nicht loswerden konnte. Dabei hätte sie nach diesem grauenvollen Abend in der Gruft viel mehr Grund gehabt, ihn nie wieder sehen zu wollen.
Sie zuckte zusammen, als er auf sie zukam.
»Gute Nacht, Miss Smith.«
»Gute Nacht, Mylord.« Sie wollte ihn nicht ansehen, aber als er ihr seine Hand hinhielt, blieb ihr nichts anderes übrig und sie legte ihre zögernd hinein.
Er stand jetzt so nahe, dass ein kleiner Schritt genügte, um ihn zu berühren. Es war verrückt, unverständlich und geradezu liederlich von ihr, dass sie genau das auch wollte. Bei einem Mann, den sie kaum kannte und der außer seinem anziehenden Äußeren nichts an sich hatte, was für ihn sprach. Im Gegenteil. Er war unhöflich, arrogant und…
Als er diesen Schritt tatsächlich tat und so dicht vor sie hintrat, dass sie die Wärme seines Körpers fühlen konnte, schnappte sie nach Luft. Wie unerträglich warm und stickig es doch plötzlich im Raum geworden war. So warm, dass sie kaum atmen konnte.
Er war so nahe, dass er nur ein wenig den Kopf vorbeugen musste, um sie küssen zu können. »Weshalb sind Sie ihm davongelaufen?«
»Wem davongelaufen?« Sie konnte kaum den Blick von seinen Lippen lösen, obwohl sie verzweifelt versuchte, sich auf sein kunstvoll und elegant gebundenes Halstuch zu konzentrieren.
»Dem Mann, mit dem man Sie verheiraten wollte.« Seine Stimme klang ruhig, aber Pat vermeinte, eine gewisse Spannung darin zu hören.
»Ich… konnte ihn nicht ausstehen.«
Ein langsames Lächeln erschien auf seinen Lippen, wie sie es noch nie bei einem anderen Menschen bemerkt hatte. Es war das überlegene Lächeln eines Mannes, dem nichts mehr fremd war. Der schon Dinge im Leben gesehen hatte, von denen sie nicht einmal ahnte, dass sie überhaupt existierten, und der dabei so ungemein anziehend und überwältigend romantisch aussah. Weitaus romantischer als sämtliche Helden der Romane, die sie bisher gelesen hatte. Außerdem wurde ihr heiß, richtig undamenhaft heiß…
»Hat er Sie geküsst?«
Sie wollte heftig den Kopf schütteln, brachte jedoch angesichts seiner Nähe nur ein undeutliches »Nein« hervor.
»Welch ein Narr…« Sie atmete zitternd ein, als er die Hände um ihr Gesicht legte und es zu sich emporhob. Während seine rechte Hand in ihren Nacken glitt, sie dort streichelte, mit seinen Fingern in ihr Haar fuhr, berührte er mit dem Mittelfinger der anderen Hand ihre Lippen, fuhr die zart geschwungenen Linien nach, streichelte zart darüber. Es kitzelte, machte sie nervös, erweckte etwas in ihr, das ihr fremd war. Seine Augen, in deren Tiefen wieder dieses hellblaue Glimmen war, schienen sich an ihren Lippen festzusaugen, während sie wie betäubt dastand und unfähig war, sich zu rühren oder auch nur den Kopf wegzudrehen.
Im Gegenteil, der Wunsch nach dieser Berührung wurde immer heftiger, bis sie die Lippen etwas öffnete und seinem Finger so Gelegenheit gab, sie intensiver zu streicheln, bis dorthin, wo ihr Mund warm und feucht war. Ihr eigener Wille schmolz unter seinen Berührungen und seinem Blick dahin, sie schloss die Augen und zu ihrem eigenen Erstaunen ertappte sie sich dabei, wie sie ihm ihre Zungenspitze entgegenschob, seinen Finger damit berührte. Sie war schon geküsst worden. Nicht von ihrem unwillkommenen Verlobten, sondern vor etwa vier Jahren, von einem jugendlichen Verehrer, in den sie sich tatsächlich ein wenig verliebt gehabt hatte. Sie war neugierig gewesen und hatte nachgegeben, als er sie im Garten des Hauses heimlich geküsst hatte. Seine Zunge hatte sich zwischen ihre Lippen und ihre Zähne geschoben und nach der ihren gesucht. Sie hatte still gehalten, einerseits abgestoßen von dieser intimen Vertraulichkeit, andererseits voller Neugier.
Aber das hier war anders. Ein weitaus intensiveres Gefühl eines Kusses,
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