Patterson James
»Finden Sie’s heraus.« Er war sicher, dass der Mann nur die entsprechenden
Chips in die Mitte zu schieben brauchte.
»Ich passe.« Der andere stöhnte und drehte seine Karten um.
Zwei Sechser.
Nordeschenko drehte sein niedrigeres Paar um. »Sie hatten
Recht.«
Jetzt wurden die Umstehenden wieder laut. Der Geber schob
den Berg aus Chips zu Nordeschenko. Er hatte mehr als siebzigtausend Dollar gewonnen!
Aber nicht nur das – er hatte jeden Hinweis, jede Eigenart
richtig gedeutet. Das war ein gutes Zeichen. Für morgen.
Morgen begann das echte Spiel.
Um zehn Uhr vormittags wurde Dominic Cavello mit Handschellen in den Gerichtssaal von Richter Robert Barnett geführt.
Er war von vier US-Marshals umringt, weitere standen entlang
den Wänden. Dieser Termin diente der Beweisaufnahme.
Cavellos Anwälte hatten einen Antrag gestellt, um alle Beweise
zu den Morden an Manny Oliva und Ed Sinclair für unzulässig
zu erklären. Doch sie wussten, der Richter würde diesen Antrag
als das erkennen, was er war – eine Hinhaltetaktik.
Cavello trat wie immer großspurig auf, als er in den Saal
geführt wurde. Er zwitscherte Joel Goldenberger ein fröhliches
Hallo zu, fragte ihn, wie es ihm mit seiner Frau und seinen
Kindern gehe. Zu einem der Wachmänner machte er eine
Bemerkung über die Mets, was für eine tolle Mannschaft sie in
diesem Jahr doch aufgestellt hätten. Als er mich hinten im Saal
erblickte, zwinkerte er mir wie einem alten Freund zu. Er
vermittelte das Bild eines Trottels, der hier wegen eines Verkehrsvergehens vorgeführt wurde, nicht das eines Menschen, der
sich einer kurzen Unterbrechung seiner Isolationshaft in Marion
erfreute, wo er höchstwahrscheinlich den Rest seines Lebens
verbringen würde.
Die Tür zum Gerichtssaal wurde geöffnet, und Richter Barnett
trat ein. Es hieß, mit ihm wäre nicht zu spaßen. An der Uni hatte
er Football gespielt und in Vietnam als Kampfpilot gedient.
Presse oder freier Zutritt oder die Mätzchen von Cavellos
Anwälten waren ihm scheißegal.
Nach dem elften September hatte er in einigen Prozessen zum
Heimatschutz den Vorsitz geführt und jedes Mal die zulässige
Höchststrafe verhängt. Wir hätten keinen besseren Richter
bekommen können.
Rasch bedeutete er den Anwesenden, sich zu setzen. »Ich habe
mir die Anträge angesehen«, begann er und rückte seine dicke
Brille zurecht, »und ich sehe im Antrag der Verteidigung keine
Veranlassung, diesen Prozess noch länger zu vertagen.
Mr. Cavello.«
»Euer Ehren.« Cavello erhob sich langsam, ohne eine Reaktion auf den Beschluss zu zeigen.
»Sie werden sich ab Montagmorgen zehn Uhr wegen der
Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft zu verteidigen haben. Sie
haben per Gesetz das Recht, bei der Auswahl Ihrer eigenen
Geschworenen anwesend zu sein, die in diesem Gerichtssaal
stattfinden wird. Doch dieses Verfahren wird völlig geheim
ablaufen. Nach der Auswahl werden keine Namen bekannt
gegeben. Die Geschworenen werden umgehend auf die Militärbasis von Fort Dix in New Jersey gebracht, wo, wie Sie bereits
wissen, Ihre Verhandlung stattfinden wird. Sie, Mr. Cavello,
werden ebenso wie die Geschworenen dort festgehalten. Die
gesamte Verhandlung wird hinter verschlossenen Türen stattfinden.«
Richter Barnett blickte streng auf ihn hinab. »Und,
Mr. Cavello –«
»Ja?«
»Ich warne Sie nur einmal. Bei der kleinsten Unterbrechung,
und dabei reicht auch schon, dass Sie ein Glas Wasser umstoßen, werden Sie Ihren eigenen Prozess vom Gerichtsfernsehen
aus beobachten. Haben Sie das verstanden?«
»Nicht mal im Traum würde ich daran denken, Euer Ehren«,
antwortete Cavello.
»Das habe ich Sie nicht gefragt, Mr. Cavello«, entgegnete
Richter Barnett mit scharfer Stimme. »Ich habe gefragt, ob Sie
das verstanden haben.«
»Natürlich.« Cavello verbeugte sich respektvoll. »Völlig, Euer
Ehren.«
Als das Telefon klingelte, erstarrte Monica Ann Romano auf
dem Wohnzimmersofa. Sie wollte nicht rangehen. Sie wusste
bereits, wer es war. Wer sonst rief Sonntagabend so spät noch
an? Sie bildete sich ein, er würde verschwinden, wenn sie nicht
reagierte. Alles würde so werden, wie es war, bevor sie den
besten Sex ihres Lebens gehabt hatte.
Sie blieb sitzen und ließ das Telefon klingeln.
»Würdest du bitte rangehen!« Sie und ihre Mutter saßen vor
dem Fernseher, und das Klingeln war lauter als der Ton.
Schließlich erhob sich Monica und wickelte beim Gehen die
Schnur ab, bis sie im Flur angekommen war. Ihre
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