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Patterson James

Patterson James

Titel: Patterson James Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todesschwur
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Gesicht.
Er stolperte rückwärts gegen das Geländer. Ich packte ihn am
Kragen, schlug mit all meiner Kraft auf ihn ein. Zähne knackten,
Blut lief aus seinem Mund – aber er hielt sich immer noch auf
den Beinen.
»Ich habe eine Nachricht für dich.« Ich schleuderte ihn gegen
das Geländer. »Jag dich selbst in die Luft.«
Der Blonde versuchte, auf mich zu zielen, doch er kippte
hintenüber und schoss ins Leere.
Unten landete er mit einem dumpfen Schlag auf einem parkenden Wagen.
Ich trat ans Geländer. Passanten schrien, wichen vor dem
Wagen zurück. Ich war erschöpft, außer Atem, schnappte nach
Luft. In dem Moment war es mir egal, ob man mich sah. Mir
war es egal, dass ich Sirenen hörte und mich die Polizei finden
konnte.
Aber was ich dort unten sah, war unglaublich.
Der Wahnsinnige öffnete die Augen, blickte zu mir herauf. Er
wollte einfach nicht sterben. Sein Haar und sein Hemd waren
blutverklebt. Er rollte vom Wagen und stolperte mit weichen
Knien rückwärts auf die Straße. Seine Waffe hielt er immer
noch in der Hand, er hob den Arm.
In meine Richtung!
Wie angewurzelt blieb ich stehen und blickte zu ihm hinab.
»Stirb, du Drecksau«, rief ich. »Stirb!«
Zwischen zwei Wagen ging er in die Hocke, hatte aber Mühe
zu atmen. Dann trat er rasch heraus und, sein Gesicht zu einer
Grimasse verzogen, zielte auf mich.
Ich hörte ein Hupen. Und das Quietschen von Bremsen.
Durchdringend und markerschütternd laut.
Der Blonde drehte sich um, riss den Mund auf, ohne dass ein
Schrei ertönte. Ungläubig blickte er seinem Schicksal entgegen.
Der Bus raste in ihn hinein, schleuderte ihn zwanzig Meter die
Straße entlang. Seine Waffe flog durch die Luft und traf mit
einem Knall auf den Asphalt, der wie ein Schuss klang.
Ich hörte Schreie, warf einen letzten Blick hinunter. Der Kerl
war nur ein blutiger Haufen.
Diesmal wartete ich nicht auf eine Zugabe. Als die Leute nach
oben blickten, stand niemand mehr am Geländer.
Minuten später klopfte ich an unsere Zimmertür. »Andie, lass
mich rein!«
Als sie die Tür öffnete, brach ich fast auf der Schwelle zusammen. »Gott, Nick, ich wusste nicht, was ich tun sollte«,
sagte sie und warf ihre Arme um mich. Dann bemerkte sie die
Blutflecken auf meinem Hemd und die blauschwarzen Male an
meinem Hals.
»Nick!«
»Es ist alles in Ordnung«, beruhigte ich sie. »Aber wir müssen
sofort verschwinden!«
Ich zog mich rasch um. Wir schleppten unser Gepäck nach
unten und bezahlten. Wenige Minuten später saß Andie am
Steuer. Wir fuhren aus der Stadt hinaus und über die Küstenschnellstraße nach Tel Aviv, wo wir für zehn Uhr abends einen
Flug gebucht hatten. Ich schloss die Augen, lehnte mich nach
hinten und stieß erschöpft die Luft aus.
»Du hättest nicht warten sollen.« Ich drehte mich zu ihr.
»Was?«
»Ich sagte, eine Stunde. Ich war eine halbe Stunde zu spät. Ich
hatte gesagt, du sollst losfahren. Du hättest nicht warten sollen.«
Andie starrte mich an, als hätte sie nicht verstanden, doch dann
fing sie an zu grinsen. »Im Fernsehen lief Braveheart …
irgendwie hatte ich die Zeit vergessen.«
Sie nahm eine Hand vom Lenkrad und klopfte mir auf den
Arm. »Ich hatte dir doch gesagt, dass ich nicht ohne dich
aufbreche, Nick.«
Als die Lichter von Haifa in der Dunkelheit verschwanden,
war ich so leer und erschöpft wie selten in meinem Leben.
»Hat er geredet?«, fragte sie schließlich.
Ich zögerte einen Moment, bevor ich lächelte. »Ja, hat er.«
»Dann fliegen wir nach Paris?«
»Zwischenstation.« Ich nickte.
»Und anschließend?«
»Liebst du mich immer noch?«, fragte ich.
»Du hast mir eine Heidenangst eingejagt. Nick. Ich weiß nicht,
was ich fühle.«
»Du hättest in meinen Schuhen stecken sollen.« Kurze Pause.
»Nein, lieber nicht.«
Ich verzog meine Lippen zu einem Grinsen. Zu einem breiten,
triumphierenden. Ich konnte nicht glauben, dass wir es geschafft
hatten.
Schließlich lächelte auch Andie. »Ja, ich liebe dich immer
noch. Also, wohin?«
Am Ende der Welt, hatte Cavello mich verspottet. Komm und
hol mich, Nicky Smiles.
Genau deswegen musste ich grinsen. Weil ich wusste, dass
Remlikov die Wahrheit gesagt hatte – nämlich wegen des
Namens von Cavellos Ranch: El Fin del Mundo. Das Ende der
Welt.
»Patagonien«, antwortete ich.
»Patagonien?« Andie blickte mich an. »Ich glaube, ich weiß
gar nicht, wo das ist.«
»Keine Sorge, aber ich.«

TEIL FÜNF
EL FIN DEL MUNDO
108
    Das erbärmliche Jammern des jungen Mädchens hallte durch
das große

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