Patterson James
das Kind abgesetzt?«
Er drückte die Klinge noch tiefer. Mir blieb die Luft weg. Als
ich es schaffte, einen Blick auf sein Gesicht zu erhaschen,
wusste ich, dass ich mächtig in Schwierigkeiten steckte.
Die Haare, die dem Typen übers Gesicht fielen, waren blond.
Ich war dreizehn Jahre lang beim FBI gewesen, hatte aber nur
ein paarmal einen Nahkampf ausgetragen, und auch dann nur
mit kleinen Fischen, nicht mit einem professionell ausgebildeten
Mörder, der zweimal so groß wie ich war und mich, während er
mir ein Messer zwischen die Rippen drückte, im Würgegriff
hielt.
Ich war ihm hilflos ausgeliefert und konnte nicht einmal
schreien. Was sollte ich tun? Ich konnte kaum denken. Der Kerl
presste die Klinge so fest gegen meinen Brustkasten, dass ich
nicht wusste, ob sie bereits ins Fleisch eingedrungen war.
»Ich kann dir dein Genick brechen, Freundchen, und du wirst
auf Wolke sieben davonschweben, was ich empfehlen würde.
Oder ich kann mit dir ein bisschen spielen.«
Oh, Gott!
»Tu dir also einen Gefallen, Kumpel. Wer war die Frau in dem
Wagen?«
Mir fiel eine Sache aus einem Kurs in Selbstverteidigung ein,
den ich vor Jahren beim FBI gemacht hatte. Dem natürlichen
Drang entspräche es, zu kämpfen, sich freimachen zu wollen,
doch jemand, der darin geübt war, einem die Luftröhre zu
zerquetschen, würde nur noch fester zudrücken.
Geh mit ihm, hatte es geheißen. Nutze seinen Schwung aus.
Also, was soll’s, dachte ich. Ich wollte Andie nicht im Stich
lassen.
Also lehnte ich mich mit meinem ganzen Gewicht gegen
Blondie, warf ihn vielleicht einen Schritt nach hinten. Ohne
mich loszulassen, stolperte er rückwärts.
Aber meine Hand war frei, so dass ich in meine Jackentasche
greifen konnte. Als ich den Griff meiner Glock umfasste, wusste
ich nicht, ob sie auf ihn oder mich zielte. Wenn ich nicht rasch
schießen würde, wäre es ohnehin egal.
Der Blonde seufzte. »Deine Entscheidung, Arschloch.«
Ich drückte den Abzug. Einmal, zweimal! Der Rückstoß
schleuderte uns beide nach hinten, aber die Nähe zum Ziel
dämpfte den Lärm. Ich wusste nicht, ob ich getroffen hatte.
Mich oder ihn. Aber ich spürte das Messer nicht mehr. Auch
keine Schmerzen im Bauch. Ich drückte noch zweimal ab.
»Scheiße!« Der Blonde schrie und stolperte rückwärts.
Ich sprang zur Seite, während er wild mit dem Messer herumfuchtelte. Als ich mich auf den Boden fallen ließ, sah ich, dass
er am Oberschenkel verletzt war und Blut durch seine Jeans
sickerte.
»Du bist tot, Mann!« Er blickte nach unten und funkelte mich
mit animalischer Wut an.
Ich richtete die Waffe auf ihn, war aber unsicher, was ich tun
sollte. Ich hatte nichts mehr, womit ich den Schall dämpfen
konnte. Ein paar Leute kamen auf uns zu. Ich war FBI-Agent,
kein kaltblütiger Mörder. Aber selbst als Agent wäre ich
erledigt. Für den Rest meines Lebens würde ich erklären
müssen, was ich hier eigentlich trieb – von einer israelischen
Gefängniszelle aus!
»Dreh dich um«, rief ich. »Mach deine Jacke auf.«
Der Blonde schielte zu den Leuten, die auf uns zukamen.
Langsam öffnete er seine Jacke. »Was hast du vor, Kumpel?
Mich erschießen?«
Er musste bewaffnet sein, aber ich sah keine Pistole. Schlimmer war, dass diese Leute immer näher kamen und ich eine
Waffe in der Hand hielt. Er wusste nicht, wer ich war. Er wusste
nicht, wo Andie und ich wohnten. Aber er wusste, dass ich ihn
jetzt, während diese Menschen den Hügel heraufkamen, nicht
erschießen würde.
»Beweg dich.« Ich richtete die Waffe auf ihn. »Den Hügel
runter. Los!«
Blondie gehorchte, aber nur langsam und wütend. Er warf einen
Blick auf die sich nähernde Gruppe. Blut sickerte aus der
Wunde an seinem Oberschenkel. Da ich ihn nicht getötet hatte,
sah er wieder eine Chance für sich gekommen. Dieses Arsch
loch hatte mich perfekt eingeschätzt.
»Sag Remlikov, ich werfe alle Abmachungen über den Haufen, wenn ich nicht das finde, was ich suche.« Langsam ging ich
rückwärts.
Vielleicht hundert Meter weiter unten befand sich ein Ausgang
zur Ben Gurion Street. Dort strömten die Menschen ein und aus.
Ich dachte mir, dass er, wenn ich dort untertauchte, nicht
schießen würde, und wahrscheinlich konnte ich schneller rennen
als er.
Ich preschte los. jagte zwischen Hecken und Bäumen als
Deckung hindurch. Als ich mich umdrehte, humpelte er zur
Kuppe hinauf, zog eine Waffe hinten aus seiner Jeans und ging
in die Hocke.
Ich hörte keinen Knall, aber die Kugel pfiff an meinem Ohr
vorbei und
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