Patterson, James - Alex Cross 03 - Sonne, Mord und Sterne
Meuchelmörders aufhalten können. Oder verhindern können, dass hier in der Garage oder oben im voll besetzten Felt Forum schreckliche Dinge geschahen.
Jeder dieser Menschen kann Jack oder Jill sein, dachte ich immer wieder, während ich die Menge beobachtete.
Holt den Präsidenten und seine Frau hier raus! Jetzt! Los, schnell!
Das Kennedy Center in Washington, D.C.! Die Jurastudentin Charlotte Kinsey wurde ebenfalls an einem öffentlichen Ort erschossen – einem Ort wie dem hier! Dieser Mord ging mir nicht aus dem Kopf.
Dort war etwas geschehen, das irgendetwas über Jack und Jill enthüllte. Sie waren von ihrem Schema abgewichen. Wie sah das wahre Schema aus?
Wir gingen nach oben ins Auditorium, das bis auf den letzten Platz gefüllt war.
Wenn Jack und Jill den Tod wollen, können sie ihn hier bekommen. Mit Leichtigkeit!
Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass sie kein Selbstmordunternehmen planten, sondern versuchen würden, ungeschoren davonzukommen. Das war ein Muster bei ihnen, das konstant blieb. Ich konnte mir allerdings nicht vorstellen, wie sie hier im Madison Square Garden einen Mord begehen und dann flüchten konnten.
Falls der Anschlag hier verübt werden sollte.
Die echten Jack und Jill – der Präsident und die First Lady der Vereinigten Staaten – waren eingetroffen. Pünktlich.
88.
Ein Schweißtropfen rollte langsam über meine Nase. Ein Schwertransporter stand auf meiner Brust.
Der donnernde Lärm aus dem Innern dieses Auditoriums aus Beton und Stahl steigerte die ohnehin wachsende Verwirrung und das Chaos. Drinnen war es ohrenbetäubend.
Nahezu zehntausend Menschen befanden sich im Auditorium, als wir hineinkamen.
Ich schob mich mit den anderen Sicherheitsleuten zum Hauptpodium. Geheimdienstagenten, FBI, U.S. Marshals und New Yorker Polizisten waren überall um den Präsidenten postiert. Ich suchte alles nach Kevin Hawkins ab und hoffte, Jill wäre an seiner Seite.
Präsident Byrnes behielt sein Lächeln bei, als er das Auditorium betrat. Ich erinnerte mich an seine Worte: »Es kann nicht angehen, dass die Drohung zweier Irrer die Regierungsgeschäfte der Vereinigten Staaten aus dem Ruder laufen lässt. Das dürfen wir nicht zulassen.«
Im Gebäude war es warm, aber mir brach der kalte Schweiß aus – so kalt wie der Wind vom Hudson River. Wir waren knapp dreißig Meter von der Bühne entfernt, auf der Prominente und bekannte Politiker standen, darunter auch der Gouverneur und der populäre Bürgermeister der Stadt.
Das Blitzlichtgewitter der Kameras blendete uns aus jeder erdenklichen Richtung. Ein Mikrofon auf der Bühne pfiff wegen einer Rückkoppelung. Ich rückte den fünfzackigen Stern am linken Revers meines Jacketts zurecht. Der Stern trug für heute einen Farbcode, der mich als Mitglied des Sicherheitsteams auswies. Die Farbe des Tages war Grün. Für Hoffnung?
Bis jetzt hatten Jack und Jill jedes ihrer Versprechen gehalten. Sie konnten eine Möglichkeit gefunden haben, Waffen in diesen Saal zu schaffen. In dem riesigen Amphitheater befanden sich mindestens tausend Handfeuerwaffen, aber auch Gewehre und Schrotflinten: Die Polizei und andere Sicherheitskräfte waren damit ausgerüstet.
Jeder konnte Jack und Jill sein.
Auf alle Fälle konnte jeder Kevin Hawkins sein.
Don Hamerman war an meiner Seite, aber es war zu laut, um sich auch nur in annähernd normalem Tonfall zu unterhalten. Gelegentlich beugten wir uns vor und brüllten dem anderen etwas ins Ohr.
Selbst dann war es schwierig, mehr als ein einzelnes Wort oder einen Satzfetzen zu verstehen.
»Der Präsident nimmt sich zu viel Zeit für den Gang zur Bühne!«, sagte Hamerman. Jedenfalls glaube ich, dass er das sagte.
»Ich weiß. Ganz Ihrer Meinung!«, brüllte ich zurück.
»Passen Sie auf die Bewegungen in der Menge auf!«, rief er. »Wenn die Leute eine gezückte Waffe sehen, bricht sofort eine Panik aus. Verdammt, der Präsident hält sich zu lange in der Menge auf! Will er die Killer verarschen? Was glaubt er denn beweisen zu müssen?«
Selbstverständlich hatte der Stabschef recht. Der Präsident schien Jack und Jill herauszufordern. Trotzdem könnten wir mit der Falle im dicht gedrängten Auditorium Glück haben.
Plötzlich setzte die Masse sich in Bewegung. Sie teilte sich.
»Bringt den Scheißkerl um! Bringt ihn um!« Ich hörte die Rufe ungefähr zwei Reihen vor mir. Schnell bahnte ich mir einen Weg nach vorn.
»Pass doch auf, du dämlicher Hammel!«, brüllte mir eine Frau ins
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