Patterson, James - Alex Cross 03 - Sonne, Mord und Sterne
scheinheiligen Lehrerinnenlächeln auf der schwarzen Visage.
Peng! Peng! Peng!
Drei perfekte Kopfschüsse.
Drei Köpfe, die wie Melonen explodierten.
Das verdienen sie alle. Massenexekutionen.
Ein wirklich bösartiger Gedanke bildete sich in seinem Hirn, als er die Szenerie unweit der Schule betrachtete. Er wusste bereits eine Menge über Alex Cross. Cross war SEIN Detective, nicht wahr? Cross war SEIN Fall zugeteilt worden, richtig? Also war Cross SEIN Mann. Ein Cop. Genauso ein Arschloch, wie es sein eigener Vater gewesen war.
Es war wirklich interessant, dass sich kaum einer so richtig um den ersten Mord gekümmert hatte. Er war fast unbeachtet geblieben. Die Zeitungen in Washington hatten kaum darüber berichtet. Gleiches galt fürs Fernsehen. Kein Schwanz kümmerte sich um das kleine schwarze Mädchen im Southeast. Warum zum Teufel sollte man auch?
Alle Welt interessierte sich nur für Jack und Jill. Reiche Weiße hatten Angst um ihr Leben. Sie hatten Schiss ! Ach, zur Hölle mit Jack und Jill. Er war besser als die beiden zusammen – und er würde es beweisen.
Die Schulrektorin fuhr an seinem Versteck vorbei, einem dichten Gebüsch. Er wusste, wer sie war: Mrs. Johnson von der Truth School. Die Whitney Houston vom Southeast. Ha-ha-ha. Scheiß auf die Alte, Mann.
Langsam schwenkten seine Augen zurück zu Alex Cross und Sohn. Er spürte, wie Wut in ihm aufstieg. Wie Druck in einem Dampfkessel. Es war, als hätte man wieder auf seinen Geheimknopf gedrückt. Sein Nackenhaar hatte sich aufgestellt. Das Adrenalin brodelte in seinen Adern, und er spürte, wie roter Nebel sich in seinem Verstand ausbreitete. Es war das Blut von irgendjemand, nicht wahr? Cross’ Blut? Das von seinem Sohn? Ihm gefiel die Vorstellung, dass beide gemeinsam sterben würden. Er konnte es richtig sehen, Mann.
Er folgte Alex Cross und Sohn bis nach Hause – voller Erregung, voller Wut, aber in sicherer Entfernung. Er dachte über den nächsten Schritt nach.
Er war besser als Jack und Jill. Das würde er Cross und allen anderen beweisen.
18.
Die festliche Gala anlässlich der Tagung über geistige Gesundheit fand am Freitagabend im Pension Building an der F Street, Ecke Vierte Straße statt. Der große Ballsaal war drei Stockwerke hoch. Die Decke wurde von Marmorsäulen gestützt. Mehr als tausend Gäste saßen schwatzend um den glitzernden Springbrunnen. Kellner und Kellnerinnen trugen rote SantaClaus-Mützen. Das Orchester spielte eine fröhliche Version von »Winter Wonderland«. Was für ein Riesenspaß!
Der Gastredner an diesem Abend war keine Geringere als die Prinzessin von Wales. Sam Harrison war auch dort. Jack war dort.
Er beobachtete Prinzessin Diana genau, als sie den glitzernden Ballsaal betrat. Zu ihrem Gefolge gehörten ein Finanzmagnat, von dem Gerüchte behaupteten, er würde ihr nächster Ehemann werden, der brasilianische Botschafter nebst Gattin und mehrere Prominente aus der amerikanischen Haute Couture. Ironischerweise schienen zwei Models unter nervöser Magersucht zu leiden, das genaue Gegenteil der Bulimie, von der Diana seit einem Dutzend Jahren geplagt wurde.
Jack schob sich einige Schritte näher an Prinzessin Di heran. Er war fasziniert von ihr, hatte jedoch ernste Bedenken bezüglich ihrer Sicherheit. Er beobachtete die Jungs vom Geheimdienst, die diskret alles und jeden musterten und sich dann mit Kopfhörern in der Nähe Dianas hielten.
Man hatte einen offiziellen Toastmaster eigens aus England eingeflogen, damit er die Prinzessin ordnungsgemäß begrüßte sowie den Präsidenten des Kongresses und den Gastgeber Walter Annenberg. Der Botschafter hielt eine kurze Rede; dann folgte ein überreichliches, allerdings zu sehr durchgekochtes und zu schwach gewürztes Essen: Babylamm mit Sauce Niçoise und Haricots verts.
Als die Prinzessin sich schließlich erhob, um während des Desserts – Orangen-Mandel-Törtchen mit Orangensoße und Marsalacreme – einige Worte zu sprechen, war Jack keine dreißig Schritte von ihr entfernt. Sie trug eine teure Abendrobe aus Goldtaft mit Pailletten. Aber Jack fand sie etwas zu mager für seinen Geschmack. Ihre großen Füße ließen ihn an die Comicfigur Daisy Duck denken. Prinzessin Daisy , das war sein Spitzname für Di.
Dianas Rede bei dieser Gala war sehr persönlich, ja beinahe familiär für diejenigen, die ihr Leben genau verfolgt hatten. Eine nicht sehr glückliche Kindheit und Jugend, die verkrüppelnde Suche nach Perfektion, Gefühle des Selbstekels und
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