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Patterson, James - Alex Cross 03 - Sonne, Mord und Sterne

Titel: Patterson, James - Alex Cross 03 - Sonne, Mord und Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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Er überlegte, ob er vorher mit ihr schlafen sollte. War das ein faires Spiel?
    Oder war es Vergewaltigung? Natalie hatte es geschafft, ihn ratlos zu machen, was diese Frage betraf.
    »Ich lege keinen besonderen Wert auf Seidenkleider. Selbstverständlich kommt es auf die Gelegenheit an«, flüsterte er zurück.
    »Hmm. Wir scheinen in vielen Dingen einer Meinung zu sein.«
    Natalie Sheehan schlüpfte aus dem Kleid. Dann stand sie in blauer Spitzenunterwäsche, schwarzen Strümpfen und einem Schuh da. Um den Hals hing eine dünne Goldkette mit Kreuz, das aussah, als hätte es sie aus Ohio hierher begleitet. Jack trug immer noch seine Hose, aber weder das weiße Hemd noch die Krawatte. »Sollen wir da hineingehen?«, fragte Natalie leise und deutete zum Schlafzimmer. »Da drinnen ist es wirklich gemütlich. Derselbe Ausblick, aber mit Kamin. Im Kamin kann man sogar ein Feuer machen. Wenigstens etwas , das in Washington funktioniert.«
    »Okay. Machen wir ein Feuer.«
    Jack hob Natalie hoch, als würde sie nichts wiegen, als wären beide elegante Tänzer. In gewisser Weise traf das auch zu.
    Er wollte sie nicht mögen, aber er mochte sie. Nur mit Mühe konnte er diesen Gedanken verscheuchen. So durfte er nicht denken – wie ein Schuljunge, wie ein normaler Mensch. »Stark bist du auch. Hmmm«, flüsterte sie und streifte den zweiten Schuh ab.
    Das Panoramafenster im Schlafzimmer bot einen atemberaubenden Ausblick. Man sah die Sechzehnte Straße nach Norden hinauf. Von hier oben glichen die Straßen und der Scott Circle einer schönen und kostbaren Halskette, Schmuck von Harry Winston oder Tiffany, wie Prinzessin Di ihn tragen würde. Jack musste sich ins Gedächtnis rufen, dass er Natalie umbringen wollte. Nichts durfte ihn jetzt davon abhalten. Die Entscheidung war endgültig. Die Würfel waren gefallen. Buchstäblich.
    Er zwang sich, nicht sentimental zu sein. Von einem Moment zum anderen wurde er nüchtern, eiskalt.
    Er überlegte, ob er die erwartungsvolle und wunderschöne Journalistin durchs Schlafzimmerfenster schleudern sollte.
    Würde sie durch das Glas brechen oder von der Scheibe abprallen?, fragte er sich.
    Stattdessen setzte er Natalie behutsam auf das Bett mit der Amish-Quilt-Decke und zog die Handschellen aus der Jackentasche.
    Er zeigte sie ihr.
    Natalie Sheehan verzog das Gesicht. Ihre blauen Augen wurden groß vor Unglauben. Sie schien in sich zusammenzusinken.
    »Das ist doch wohl ein Scherz?« Sie war verärgert, aber auch verletzt. Sie hielt ihn für einen Perversen und hatte so Recht – mehr, als sie sich in ihren wildesten Träumen hätte vorstellen können.
    »Nein, das ist kein Scherz«, sagte er mit sehr leiser Stimme.
    »Das ist todernst, Natalie. Man könnte sagen, es ist der Knüller für die Nachrichten.«
    Plötzlich klopfte jemand lautstark an die Tür des Apartments. Jack starrte Natalie an, hob Schweigen gebietend den Finger.
    In ihren Augen spiegelten sich Verwirrung, schreckliche Angst und der plötzliche, ungewohnte Verlust ihrer überlegenen und kühlen Haltung.
    Seine Augen dagegen waren kalt. In ihnen stand nichts. »Das ist Jill «, ließ er Natalie Sheehan wissen. »Ich bin Jack.
    Tut mir Leid, aber ich bin’s wirklich.«
20.
    Ich schob mich kurz vor acht Uhr morgens ins Jefferson Hotel. Eine Gershwin-Melodie klang in meinem Kopf nach und tat ihr Bestes, meine Wut zu besänftigen und die scharfen Kanten abzuschleifen. Plötzlich spielte auch ich dieses bizarre Spiel. Jack und Jill. Jetzt gehörte ich dazu.
    Die kühle Würde des Hotels wurde aufs Peinlichste gewahrt. Zumindest in der eleganten Eingangshalle. Es war kaum zu begreifen, dass sich hier eine grässliche, irrsinnige, unaussprechliche Tragödie ereignet hatte – oder ereignen könnte.
    Ich ging an einem luxuriösen Grillroom und einem eleganten Modegeschäft vorbei. Eine jahrhundertealte Uhr verkündete mit diskretem Glockenschlag die volle Stunde. Ansonsten war es vollkommen still. Es gab kein Zeichen, keinen Hinweis, dass hier im Jefferson – ja, in ganz Washington – wegen zweier grauenvoller, eiskalt und profihaft verübter Morde Chaos und Entsetzen herrschten, zumal weitere Morde angedroht waren.
    Ich bin immer wieder von Fassaden fasziniert, wie ich sie beim Jefferson sah. Vielleicht liebe ich Washington deshalb so sehr. Die Hotelhalle erinnerte mich daran, dass die meisten Dinge nicht so sind, wie sie aussehen. Vieles, das sich in Washington abspielt, wurde von dieser Halle repräsentiert: geschickte

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