Patterson, James - Alex Cross 03 - Sonne, Mord und Sterne
geblickt. Jack leidet unter Verfolgungswahn, was? Mit Recht. Ich glaube nicht, dass er uns gesehen hat. Scheiße! Gerade hat jemand vor dem Willard das Fernlicht eingeschaltet. Ein Fahrzeug kommt raus ... fährt jetzt neben Jack! Roter Jeep! Jack steigt in den Scheißjeep!«
» Roger . So viel zum Thema ›Jack im Visier behalten‹. Wir folgen ihm. Pronto . Jeep hat Nummernschild aus Virginia. Kennzeichen: Zwei-drei-eins HCY. Händleraufkleber K-O-ON-S. Sofort Anfrage wegen Jeep.«
»Folgen dem roten Jeep. Wir kleben an Jacks Arsch. Großalarm für den Schakal. Wiederhole: Großalarm für den Schakal. Das ist keine Übung.«
»Ihr dürft Jack nicht verlieren. Auf keinen Fall Jack verlieren!«
»Roger. Wir haben Jack deutlich in Sicht.«
Drei verdunkelte Limousinen rasten dem roten Jeep hinterher. Jack war der geheimdienstliche Codename für Präsident Thomas Byrnes, Jill der Codename der First Lady. Crown war seit fast zwanzig Jahren das Codewort für das Weiße Haus.
Die meisten Agenten, die zurzeit Dienst taten, mochten Präsident Byrnes wirklich. Er war ein Mann, der mit beiden Beinen fest auf der Erde stand; im Vergleich zu den letzten zwei, drei Präsidenten ein ziemlich normaler Bursche. Kaum Dreck am Stecken. Aber gelegentlich traf er sich in Washington oder außerhalb für eine dem Geheimdienst nicht gemeldete Verabredung mit Damen. Der Geheimdienst nannte es die »Präsidentenkrankheit«. Thomas Byrnes war keineswegs der erste Präsident, der an dieser Krankheit litt. John F. Kennedy, Franklin Delano Roosevelt und besonders Lyndon B. Johnson hatte die Krankheit am schlimmsten erwischt. Es schien in hohen Ämtern eine Art stimulierendes Virus zu sein.
Der Geheimdienst glaubte nicht, dass die zwei psychopathischen Mörder, die so genannten Promijäger, in Washington ihre Pseudonyme rein zufällig gewählt hatten. Bereits viermal hatten im Notfall-Befehlsstand-Zentrum im Westflügel des Weißen Hauses lange und schwierige Lagebesprechungen stattgefunden. Schakal lautete beim Geheimdienst der Deckname für einen potenziellen Attentäter, der es auf den Präsidenten abgesehen hatte. Der Codename wurde seit über dreißig Jahren benutzt.
Die »zufällige« Namensgleichheit machte den Beamten, die für die persönliche Sicherheit des Präsidenten verantwortlich waren, große Sorgen – besonders wenn Präsident Byrnes sich auf eine seiner nicht angekündigten Spritztouren begab, bei denen aus begreiflichen Gründen keine Leibwächter dabei waren.
Es gab zwei Jacks und zwei Jills.
Was der Geheimdienst nicht als Zufall betrachtete.
»Wir haben den roten Jeep beim Tidal Basin verloren. Wir haben Jack verloren!«, explodierte plötzlich die Stimme eines Agenten aus den Autolautsprechern.
Womit er ein Chaos auslöste. Einen Chaosalarm.
Das war keine Übung.
ZWEITER TEIL
DER DRACHENTÖTER
23.
Montagabend ergab sich endlich etwas in Sachen Jack und Jill. Möglicherweise war es ein Durchbruch. Ich hoffte, es handelte sich nicht um einen schlechten Scherz.
Ich war gerade nach Hause gekommen, um mit den Kindern einen Happen zu essen, als das Telefon klingelte. Es war Kyle Craig. Er berichtete mir von einer Nachricht auf Videoband, angeblich von Jack und Jill. Man hatte das Band in die CNNStudios gebracht. Die Mörder hatten einen Amateurfilm gedreht, auf dass die Welt ihn sich anschaute. Außerdem hatten Jack und Jill einen offenen Brief an die Washington Post und die New York Times geschrieben. Sie wollten sich an diesem Abend »erklären«.
Ich musste losfahren, ehe Nanas Brathühnchen auf den Tisch kam. Jannie und Damon schenkten mir ihre Tu-das-nie-wiederBlicke. Sie hatten Recht.
Um das Nordkapitol herum fuhr ich, so schnell ich konnte, in die Gegend der Union Station in Washington. Ich wollte nicht zu spät zu der Party kommen, die Jack und Jill gaben. Wieder ein Beispiel dafür, wie sehr die beiden uns nach ihrer Pfeife tanzen lassen konnten.
Ich traf gerade rechtzeitig zur Vorschau des Bandes im CNN-Hauptquartier ein, nur wenige Minuten ehe das Video in Larry King Live gesendet werden sollte. Hohe Beamte vom FBI und vom Geheimdienst drängten sich in dem niedrigen, gemütlichen Vorführraum. Hinzu kamen noch mehrere Techniker, Verwaltungsmenschen und Anwälte des Nachrichtensenders. Alle wirkten unglaublich angespannt und nervös.
Als die gefilmte Botschaft von Jack und Jill begann, herrschte völlige Stille im Raum. Ich hatte Angst zu blinzeln. Wir alle hatten Angst.
»Glaubt ihr diesen Mist?«,
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