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Patty Janes Frisörsalon

Patty Janes Frisörsalon

Titel: Patty Janes Frisörsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorna Landvik
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Sonne, und er war am Lido von Venedig – er erinnerte sich lebhaft an die Erzählungen seines Vaters von Italiens schönen Frauen. Er blickte in die Kamera und sah in das Gesicht einer Frau mit olivgebräunter Haut und einem Mund von der Farbe tiefroten Weins. Er lächelte.
    Â»Gut«, sagte der Fotograf und knipste.
    Weitere Aufnahmen wurden geschossen, während der Fotograf immer wieder »gut« und »prima« rief und die Abteilungsleiter einmütig nickend und mit freudig glänzenden Augen näher rückten.
    Thor hielt einen Löffel voll Mighty Bites hoch. Sein Lächeln war innig und enthielt die ganze Verheißung eines jungen und vitalen Amerikaners. Er blickte in die Kamera, nur sah er jetzt nicht mehr die olivenhäutige Italienerin; er sah Patty Jane, wie sie wenige Tage nach ihrer Hochzeit ausgesehen hatte. Er sah, wie sie aus der Badewanne stieg. Ihr Körper war glatt und geschmeidig, auf ihren Brüsten und ihren Schenkeln glänzten Wassertröpfchen. Er sah, wie sie mit einer Hand ihr kurzes nasses Haar zurückstrich. Er sah, wie ein Lächeln über ihr Gesicht flog und sie winkend den Finger krümmte, um ihm zu sagen: »Komm her zu mir.« Er sah, wie er zu ihr ging.
    Â»Phantastisch! Das ist es!« rief der Fotograf. »Das ist das Mighty-Bites-Lächeln.«

6
    DER Teller klirrte, als die Kellnerin ihn vor Patty Jane auf den Tisch knallte. Viel behutsamer servierte sie Thor sein Steak. »Halb durch, leicht zu kauen und noch leichter zu verdauen«, flötete sie und neigte sich so dicht über ihn, daß ihr Busen seine Schulter berührte. Thor wurde rot, und Patty Jane lachte. Das Interesse anderer Frauen an Thor war ihr nur Bestätigung ihres eigenen guten Geschmacks, und je kühner die Annäherungsversuche, desto erheiternder fand sie sie.
    Â»Alles Gute zum Geburtstag, Schatz«, sagte sie, nachdem die Kellnerin widerstrebend gegangen war, um sich ihren anderen Gästen zu widmen. Sie stieß mit Thor an, der seinerseits einen Toast ausbrachte.
    Â»Auf meine Frau, die schönste Frau auf dieser Erde.«
    Nun errötete auch Patty Jane, aber mehr aus Überraschung als aus Bescheidenheit; Komplimente von ihm war sie seit langem nicht mehr gewöhnt.
    Doch es stimmte: Patty Jane war wunderschön, im achten Monat ihrer Schwangerschaft. Sie trug ein rostrotes Umstandskleid, das die Lichttöne im hellen Braun ihrer Augen ebenso zur Geltung brachte wie den glühenden Pfirsichschimmer ihrer Haut.
    Die Grenzen aufmerksamer Bedienung weit überschreitend, kam die Kellnerin bei jeder Gelegenheit an ihren Tisch, bis sie schließlich fragte, ob sie einen Nachtisch wünschten.
    Â»Nein«, antwortete Thor, »den nehmen wir zu Hause.«
    Und das taten sie. Zum erstenmal seit Wochen schliefen sie wieder miteinander. Thor rieb Patty Janes dick aufgeschwollenen Bauch und befeuchtete ihn mit Küssen, und als er im dämmrigen Mondlicht zu ihr aufblickte, um zu fragen, »Patty Jane, was haben wir da wohl zustande gebracht?«, da schrie sie auf vor Freude und Erleichterung. In Worten ausgedrückt hätte der Schrei gelautet: »Hurra! Er liebt uns!«
    Später schrieb Patty Jane Thors Zärtlichkeit einem Manhattan und mehreren Gläsern Wein und/oder seiner Geburtstagsstimmung zu. Wie auch immer, ähnliche Anwandlungen kamen nicht wieder vor. Je näher der Geburtstermin rückte, desto weiter zog sich Thor von Patty Jane zurück.
    Sie flehte ihn an, ihr zu sagen, was los sei, doch wie hätte er ihr sagen können, daß die bevorstehende Vaterschaft ihn mit Angst und Schrecken erfüllte? Wenn er, selten genug, den Schutzschild einmal senkte, gab er sich Tagträumen von seinem Sohn oder seiner Tochter hin (er machte sogar eine Liste mit möglichen Namen), doch Bilder von sich, wie er das Kleine wiegte oder fütterte, wurden sofort von Schatten der Panik verdunkelt. Der Tod seines Vaters hatte ihn früh gelehrt, daß in der Liebe immer auch die Möglichkeit tiefen Schmerzes verborgen lag. Aber er konnte seiner Frau seine Angst nicht zeigen – was hätte sie dann von ihm gedacht? –, und darum begrub er sie genau wie andere unerwünschte Gefühle.
    Patty Jane wußte nur, daß sie im Begriff war, ihren Mann zu verlieren. Sie wußte nicht, daß er, je weiter er sich von ihr entfernte, um so mehr die Berührung der Frauen suchte, die in Bill Blaines

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