Patty Janes Frisörsalon
nicht stören, wenn sie sich jetzt eine anzündete. Sie war zu einer Raucherin geworden, die morgens mit dem ersten Zug den Willen und die Entschlossenheit einsog, den Tag anzupacken. Der erste Zug war wie eine Aufforderung, die Dinge in die Hand zu nehmen, sich der täglichen Aufgabe, dem Alkohol fernzubleiben, zu stellen. Den herben Duft der Zigarette in ihrer Hand genieÃend, legte Harriet ihre andere Hand sachte auf Reeses Schulter.
19
PATTY Jane stand hinter Inky Kolstat. Ihre Augen, deren Blicke sich im Spiegel vor ihnen trafen, blitzten angriffslustig.
»Zu Ihrem Teint paÃt einfach kein rotes Haar«, erklärte Patty Jane und zupfte an Inkys weiÃer Wolke. »Lassen Sie mich Ihnen doch eine braune Tönung geben.«
»Patty Jane, bin ich diejenige, die hier bezahlt, oder haben Sie Ihre Geschäftsprinzipien geändert?« Sie schüttelte trotzig den Kopf. »AuÃerdem ist Rot in Hollywood der letzte Schrei.«
»Sagt wer?« fragte Bev, die hinter dem Nachbarstuhl stand und Myrna Johnsons Dauerwelle auskämmte.
Inky verdrehte die Augen. »Sagt Ann Margret. Sagt Shirley MacLaine.«
»Sagt der Heilige Geist«, versetzte Bev. Inkys Vortragsreihe »Legenden Hollywoods« hatte soviel Zulauf, daà sie jetzt offenbar glaubte, sich aufs hohe Roà setzen zu können.
»Leitung sieben für Patty Jane. Leitung sieben für Patty Jane«, rief Nora, die an dem kleinen Empfangstisch saÃ. Es machte ihr SpaÃ, Anrufe auf diese Art zu melden, obwohl es nur einen Anschluà gab.
»Her damit«, sagte Patty Jane und nahm den Hörer.
Nora musterte ihre Mutter beifällig. Sie hatte ihr Haar vor kurzem wieder in seiner natürlichen Farbe eingefärbt, ein glänzendes Kastanienbraun, in dem das Licht tanzte. Sie trug einen schicken kleinen Baumwollpullover und einen kurzen bunten Rock. Nora war stolz darauf, daà ihre Mutter nicht in einem Kittel herumlief, unter dem der Unterrock hervorhing. Wenn sie sich nur noch diese scheuÃlichen klobigen Treter abgewöhnen würde.
Patty Janes Gesicht verlor plötzlich alle Farbe. »Was?« flüsterte sie ins Telefon.
Clyde Chuka blickte auf. Er war auf der anderen Seite des Salons und feilte gerade Gudrun Muellers gelbe Fingernägel, doch der fassungslos beschwörende Ton von Patty Janes Flüstern drang bis zu im herüber.
»Ja«, sagte sie. »Hierher? Ja â natürlich â bitte.« Sie legte auf und schlug beide Hände vor ihr Gesicht.
»Mama?« sagte Nora.
Die Leute im Salon hörten auf zu reden, und ein gespanntes, unbehagliches Schweigen trat ein.
SchlieÃlich senkte Patty Jane die Hände. »Harriet kommt«, sagte sie, und dann sprudelte ihre Stimme laut und hell. »Meine Schwester kommt nach Hause!«
Plötzlich war die Hölle los. Die Frauen sprangen von ihren Frisierstühlen auf, tauchten unter Trockenhauben empor. Kundinnen und Angestellte fielen sich in die Arme und umringten Patty Jane.
»War sie selbst am Telefon?«
»Nein, ein Freund von ihr.«
»Ein fester Freund?«
»Das weià ich nicht.«
»Hat er gesagt, daà es ihr gut geht?«
»Ja â ich glaube schon.«
»Wann kommt sie denn?«
»Bald, hat er gesagt.«
»Bitte.« Sie wischte sich die Tränen ab. »Bitte, ich würde sie gern allein erwarten.« Sie sah Clyde Chuka und Nora an. »Ich meine, allein mit meiner Familie.«
»Kein Problem«, sagte Dixie.
»Aber meine Haare sind ja noch nicht mal trocken«, rief Alva Bundts Cousine, die aus Mankato zu Besuch da war.
»Daraus könnte man einen tollen Film machen«, erklärte Inky Kolstat.
»Ich mach bei Ihnen weiter«, sagte Dixie zu Alvas Cousine. Sie musterte die Köpfe der Kundinnen. »In einer Viertelstunde können wir hier mit allen fertig sein.«
»Leicht«, stimmte Bev Beal zu. »Pauline, setzen Sie sich da drüben hin, dann kämm ich Sie aus.«
Die Trockner wurden auf »heië gestellt, Lockenwickler flogen und Scheren klimperten mit beinahe musikalischem Klang. Dixie behielt recht, der Salon war innerhalb von fünfzehn Minuten leer, und alle auÃer Alva Bundts Cousine waren mit ihren Frisuren zufrieden.
»Na ja«, sagte sie, das feuchte Haar betastend, »das hab ich nun davon, daà ich Deenas Salon untreu war.«
Nora fegte die Haarreste auf dem Boden zusammen, und Clyde Chuka
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