Patty Janes Frisörsalon
schob die Wagen mit den Lockenwicklern und Haarnadeln weg.
Als alle drauÃen waren, stellte sich Patty Jane vor einen Spiegel und kämmte sich nervös das Haar.
»Wie seh ich aus, Clyde? O mein Gott, glaubst du, daà sie mich jetzt haÃt? Ich meine, ich hätte in St. Paul viel gründlicher nach ihr suchen sollen, nachdem Nora sie gesehen hatte.« Sie lieà den Kamm sinken. »Und was ist, wenn das Ganze nur ein gemeiner Scherz ist?« Sie legte den Kamm weg und nahm ihn dann wieder zur Hand. »Was sagst du, Clyde, sehe ich gut aus?«
»Du siehst prima aus, Patty Jane«, sagte Clyde Chuka. »Es wird bestimmt alles gutgehen.«
Sie saÃen im Wohnzimmer, Patty Jane so nervös, daà sie ihre Hände nicht stillhalten konnte, als sie hörten, wie die Hintertür geöffnet wurde.
Nora nahm die Hand ihrer Mutter. »Komm, Mama, es wird schon alles schiefgehen.«
Patty Jane war wie gelähmt. »Ich kann meine Beine nicht bewegen.«
»Wir sind hier drinnen«, rief Nora in schriller Panik.
»Ich sehâs«, sagte Ione, die mit einem Strauà roter und gelber Chrysanthemen durch das EÃzimmer kam. »Ein herrlicher Tag«, bemerkte sie, »die Luft ist so frisch und sauber, daà man jeden Atemzug genieÃen möchte. Ich habe am Stand ein paar Ãpfel gekauft, die köstlichsten â« Sie brach ab, und ihr Lächeln wurde trübe. »Was ist denn los?«
Nora lieà sich in ihren Sessel zurückfallen. »Ach, Grandma, wir dachten, du wärst Tante Harriet.«
»Harriet?« Ione richtete ihren fragenden Blick auf Patty Jane.
Patty Jane nickte wie benommen. »Wir haben einen Anruf bekommen. Sie kommt nach Hause.«
DrauÃen läutete es. Patty Jane stand auf, und die anderen umgaben sie wie eine schützende Hülle. Die ganze Schar ging schweigend zur Tür und hinaus ins kleine Vestibül.
Vier Hände wollten helfen, als Patty Jane ungeschickt den Türknauf drehte.
»Tut mir leid, ich hab meinen Schlüssel vergessen«, sagte Harriet, als die Tür sich öffnete.
»Es war nicht abgeschlossen«, versetzte Patty Jane.
Patty Jane und Harriet standen Wange an Wange in inniger Umarmung auf der Schwelle. Sie schienen sich in einer anderen Dimension zu befinden, wie vereint in einem Dunstkreis aus Liebe und Freude, aus Schmerz und Verletzung. Clyde Chuka räusperte sich, und das Geräusch erinnerte sie daran, wo sie waren und wer sie waren.
»Du warst so lange weg«, flüsterte Patty Jane.
»Ich wollte jeden Tag zurückkommen«, sagte Harriet, »aber ich hab mich so geschämt. Ich konnte nicht zurückkommen, solange ich nicht nüchtern war.«
Patty Jane atmete den vertrauten Geruch ihrer Schwester: Zigarettenrauch und Halo-Shampoo.
»Mama«, sagte schlieÃlich Nora und drängte sich zwischen die Schwestern, »jetzt bin ich dran. Tante Harriet, ich hab solche Angst gekriegt, als ich dich gesehen hab.«
»Ich weiÃ.« Harriet strich Nora über das feine helle Haar. »Ich habe auch Angst gehabt.« Dann erinnerte sie sich an den Mann, der ihr die Heimkehr ermöglicht hatte, und sie lieà Nora los. »Alle mal herhören«, sagte sie und zog Reese ins Vestibül. »Das ist Reese Brown. Er hat mir das Leben gerettet.«
Als sie in das Zimmer gingen, das in den Frisörsalon führte, richtete Harriet sich auf und rief: »Hallo, meine Liebste!« Sie lieà Reeses Hand los. Mit einem glücklichen Lachen, das tief aus ihrem Innern kam, lief sie mit ausgestreckten Armen auf ihre Harfe zu. Sie stand, regelmäÃig heimlich abgestaubt â abends von Patty, morgens von Ione â, in der Ecke neben Clyde Chukas Maniküretisch.
Harriet neigte die Harfe zu ihrer Schulter und begann zu spielen. Reese Brown sagte: »Manchmal hat sie ihre Hände im Schlaf so bewegt wie jetzt.«
»Warten Sie, bis Sie sie singen hören«, flüsterte Ione.
Patty Jane konzentrierte sich ganz auf Harriets Gesicht, nicht ihr Spiel. An ihrer Schläfe war ein kleines Ekzem, und ihre Augen waren dunkel umschattet. Und ihr Haar â ich könnte ihr eine Tönung machen, dachte Patty Jane glücklich, oder vielleicht ein paar blonde Strähnen.
20
AN einem der seltenen Abende, als die vier Frauen allein zu Abend aÃen, berief Ione eine Konferenz ein. Clyde Chuka arbeitete an einem neuen Werk und war seit zwei Tagen nicht
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