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Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter

Titel: Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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Zirkus allmählich zu Kopf?
    Zum Glück fand er schnell wieder eine Parklücke. Als er an der blank polierten Messingtafel nach Blohfelds Klingelknopf suchte, sprach ihn ein Mann mit heiserer Stimme an: »Wenn Sie zu dem Reporter wollen, sparen Sie sich die Mühe. Der ist nicht da.«
    Paul sah sich um. Hinter ihm stand ein untersetzter Mann in blauer Hausmeisterkluft. Er hatte fettiges graues Haar und trug eine dicke Brille.
    »Ja, ich möchte zu Herrn Blohfeld«, bestätigte Paul die Vermutung des Mannes. »Können Sie mir vielleicht sagen, wann ich ihn antreffen kann?«
    Der Hausmeister winkte ab. »Bei jedem anderen Mieter könnte ich es. Aber nicht bei diesem Journalisten.« Das Wort Journalist versah er mit einer derart abwertenden Betonung, dass es anrüchig und unmoralisch klang. Dann ging er einfach davon.
    Paul war die Lust am Ermitteln an diesem Tag vergangen. Er schaute nach, was sein Geldbeutel noch hergab. Dann steuerte er seinen Wagen bis vor die nächstbeste Eisdiele, die er gegenüber der U-Bahn-Haltestelle Rennweg ausmachte. Er setzte sich in die schattigste Ecke und bestellte zwei Spaghettieis. Das erste schlang er hinunter, das zweite genoss er.
    Als er dem Kellner zum Zahlen winkte, waren seine Gedanken an Blohfeld ziemlich unterkühlt.

21
    Paul war klatschnass geschwitzt, als er mitten in der Nacht aufwachte. Durch sein Oberlicht starrte er in einen leicht bewölkten Himmel, der vom Vollmond in ein milchiges Weiß getaucht wurde. Paul sah auf seinen Radiowecker: drei Uhr früh.
    Er schlug sein Laken zur Seite und stand auf. Er strich sich über die nackte Brust und fühlte den salzigen Schweiß auf seiner Haut. In der Küchenzeile füllte er ein Glas mit Leitungswasser und stürzte es in einem Zug hinunter. Dann füllte er das Glas erneut.
    Als sein Telefon läutete, fuhr er erschrocken auf.
    »Ja, hallo?«, rief er in den Hörer.
    Am anderen Ende herrschte Stille.
    Dann hörte er ein leises Atmen. Wie bereits bei dem mysteriösen Anruf vor ein paar Tagen klang es metallisch verzerrt.
    Paul war jetzt hellwach. Er fragte so ruhig er konnte, wer am Apparat sei. Doch der nächtliche Anrufer ließ ihn im Ungewissen. Paul fragte erneut, ungeduldiger diesmal. Dann vernahm er eine eigentümlich fremdartige Stimme. Paul konnte nicht einschätzen, ob er mit einem Mann oder einer Frau sprach. Sein Anrufer verwendete offenbar einen Sprachverzerrer. Die Stimme drohte ihm. Sie sprach von einer letzten Warnung.
    Pauls Herzschlag schien für einen Moment auszusetzen. Er schnappte nach Luft. Dann fasste er sich und sagte resolut:
    »Wer spricht da?«
    Doch der Anrufer ging nicht darauf ein. Er wiederholte die Drohung und forderte Paul auf, seine Neugierde zu zügeln. Doch seine Neugierde worauf? Paul war drauf und dran, dieses unschöne Telefonat zu beenden, als die Stimme sagte:
    »Fühlen Sie sich eigentlich sicher, wenn Sie mit Ihrem Telefon am offenen Fenster stehen?«
    Paul blickte erschrocken nach draußen. Der Weinmarkt war menschenleer. In keinem der umliegenden Häuser brannte Licht. »Wo sind Sie?«, bellte er in den Hörer.
    Die metallische Stimme schwieg wieder und gab Paul Zeit, seine Angst wachsen zu lassen.
    »Sie geben eine gute Zielscheibe ab«, sagte der Anrufer.
    Paul zog instinktiv den Kopf ein und entfernte sich vom Fenster.
    Aus dem Hörer hörte er nur noch ein leises Klicken. Dann war die Leitung wieder frei.
    An Schlaf war nicht mehr zu denken. Paul fühlte sich verletzlich und nackt – und das nicht nur im wörtlichen Sinn. Er zog sich hastig etwas über und schaute vorsichtig durch das Fenster. Er rang mit sich, ob er die Polizei einschalten oder sich mit Katinka in Verbindung setzen sollte. Er entschied sich für Letzteres und wählte ihre Nummer. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis jemand ans Telefon ging.
    »Hallo?«, krächzte eine verschlafene Stimme.
    »Hier ist Paul. Bist du es, Katinka?«, flüsterte Paul. Er fühlte sich belauscht und wollte daher nicht lauter sprechen.
    »Flemming?«
    »Ja, ich bin es«, bestätigte er mit gepresster Stimme. »Katinka?«
    »Nee«, kam es verärgert zurück.
    »Was soll das heißen?«, fragte Paul ungeduldig.
    »Ich bin es: Hannah.«
    »Hannah? Du?«
    »Ich wollte nicht allein sein in meiner neuen Wohnung, nach allem, was mit Antoinette passiert ist …«
    »Ich verstehe«, sagte Paul.
    »Warum rufen Sie um diese Uhrzeit an? Was soll der Scheiß? Sie haben mich geweckt, Mann!«
    »Ist deine Mutter zu sprechen?«
    »Sind Sie durchgedreht?

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