Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Paul Flemming 03 - Hausers Bruder

Titel: Paul Flemming 03 - Hausers Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
Vom Netzwerk:
nichts schuldig, zumal dieser ihn wahrscheinlich ohnehin nicht am möglichen Erfolg dieser Story teilhaben lassen würde. Außerdem war er nicht scharf darauf, sich mit dem Hause Baden oder sonst irgendwelchen höheren Kreisen anzulegen, die – im Gegensatz zu ihm – sicherlich genug Geld für gute Anwälte hatten.
    »Was erwarten Sie konkret von mir?«, fragte Paul schließlich halbherzig.
    Blohfeld streckte begierig seine Hände aus. »Dass Sie mir das Hemd überlassen.«
    Paul presste Henleins Tasche fest an sich. »Das kommt nicht in Frage! Wenn die Sache auffliegt, bin ich ein Dieb!«
    »Wieso?«, fragte Blohfeld provozierend. »Henlein ist tot. Schon vergessen?«
    »Aber er hinterlässt – wie gesagt – eine Frau«, sagte Paul entschieden. »Und der werde ich wie geplant die Sachen übergeben. Versuchen Sie Ihr Glück bei ihr.«
    »Soweit kommt’s noch!«, wetterte Blohfeld. Dann sagte er boshaft: »Kennen Sie das Sprichwort › Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach ‹ ?«
    »Was meinen Sie damit?«, entgegnete Paul misstrauisch.
    Blohfeld winkte ab. »Ach, nichts.« In versöhnlicherem Ton schlug er vor: »Was halten Sie davon, wenn wir beide uns erst einmal eine schöne, starke Tasse Kaffee genehmigen. Den haben wir uns nach all der Aufregung verdient, nicht wahr?« Er fasste in seine Hosentasche und beförderte eine Euromünze hervor. Mit gönnerischer Pose warf er den Euro auf den Tisch. »Ich gebe einen aus.«
    Weil Paul nicht gleich begriff, führte der Reporter aus: »Im Erdgeschoss steht ein Kaffeeautomat. Gleich neben dem Bierautomat. Eine Tasse kostet fünfzig Cent. Ich zahle, dafür übernehmen Sie das Holen.«
    Da das keine Frage, sondern eine Feststellung war, fügte sich Paul dem Willen des Reporters. Er nahm das Geld und verließ Blohfelds Büro.
    Ein eigenartiger Typ war dieser Reporter, dachte Paul im Gehen. Er kannte Blohfeld schon lange, dennoch würde er sich wohl nie an dessen schroffe Art gewöhnen.
    Kopfschüttelnd stand Paul am Aufzugs schacht und wartete auf den Lift. Das Geldstück auf seiner flachen Hand wendend, lief es ihm plötzlich siedendheiß den Rücken herunter.
    Blohfelds Einladung zum Automatenkaffee war keineswegs ein verkorkster Versöhnungsversuch des Reporters gewesen! Nein, dachte Paul alarmiert, es war ein Trick. Ein Trick der ganz billigen Sorte!
    Auf dem Absatz machte er kehrt und hetzte zurück in die Redaktionsräume.
    Paul kam zu spät. Als er in Blohfelds Büro stürmte, sah er die geöffnete Aktentasche auf dem Bürostuhl liegen. Der Reporter stand vor seinem Schreibtisch. Er beugte sich über einen ausgebreiteten gelblichen Stoff. Es war das Hemd!
    Völlig überrumpelt musste Paul mit ansehen, wie Blohfeld mit einer großen Schere den letzten Schnitt machte, um ein handtellergroßes Stück aus dem Tuch herauszutrennen.
    »Was tun Sie . . .?«, stammelte Paul hilflos. Er hätte sich auf den Reporter stürzen können. Ihn fertigmachen. Aber natürlich wäre das völlig sinnlos gewesen.
    Mit spitzen Fingern legte Blohfeld den Stofffetzen in einen Umschlag und klebte ihn zu.
    Dann verschränkte er die Arme vor der Brust und blickte Paul herausfordernd an. »Jetzt können Sie mich meinetwegen teeren, federn und vierteilen, aber was getan werden musste, musste getan werden!«
    Paul war viel zu entsetzt über die kaltschnäuzige Vorgehensweise des Reporters, als dass er großartig widersprechen konnte. Er legte den malträtierten Rest des Hemdes zurück in die Schutzfolie und schloss die Aktentasche. Ohne sich zu verabschieden, verließ er die Redaktion.
    Den Euro behielt er.
    9
    Paul ärgerte sich gewaltig, als er das kurze Stück bis zu seiner Wohnung am Weinmarkt ging. Es war nicht das erste Mal, dass ihn Blohfeld mit seiner arroganten, ja beinahe herrischen Art überrumpelt hatte. Er fühlte sich ausgenutzt und machte sich Selbstvorwürfe: Niemals hätte er Blohfeld mit dem Hemd allein lassen dürfen. Unter keinen Umständen. Er hätte das aggressive Vorgehen des Reporters unbedingt verhindern müssen! Paul war einfach viel zu gutgläubig. Es war immer wieder das Gleiche – er ließ sich einfach zu viel gefallen.
    Aber damit war jetzt Schluss! Er nahm sich fest vor, die Aktentasche samt restlichem Inhalt bei Henleins Witwe abzuliefem und sich anschließend gänzlich aus diesem Fall auszuklinken.
    Mit vor innerer Anspannung mahlenden Zähnen ging er weiter. Er spürte das kalte Leder der Aktentasche unter seinem Arm – und wurde

Weitere Kostenlose Bücher