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Paul Flemming 03 - Hausers Bruder

Titel: Paul Flemming 03 - Hausers Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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erst bis zur Hälfte geraucht war. »Sie wissen ja von den Gen-Untersuchungen an Hausers Beinkleidern, also der Unterhose. Im Grunde«, setzte Blohfeld theatralisch fort, »ist der Mythos Hauser ja bereits am 25. November 1996 gestorben: An diesem Tag erschien eine Spiegel-Titelstory mit der Headline › Der entzauberte Prinz ‹ . Der Stoff von Hausers Unterhose war von zwei Genlaboren unabhängig voneinander untersucht worden.« Er warf Paul einen Blick zu, als wollte er abschätzen, ob das folgende Thema nicht zu hoch für ihn war: »Sie wissen ja sicher auch, dass durch den Vergleich der DNA-Strukturen verwandtschaftliche Beziehungen über Generationen hinweg nachgewiesen werden können. Der Spiegel ließ die DNA-Proben des Blutes an der Unterhose mit dem Blut von direkten Nachkommen des Hauses Baden vergleichen.«
    »Ja, ja«, nickte Paul. »Ich erinnere mich.«
    »Der Vergleich fiel negativ aus und zwar bei beiden Genlabors. Damit war das Haus Baden rehabilitiert«, sagte Blohfeld.
    »Schön und gut.« Paul wurde zunehmend ungeduldig. »Aber das ist doch alles kalter Kaffee.«
    Blohfeld kräuselte die Stirn. »Allmählich müssten Sie daraufkommen, worauf ich abziele: Der Spiegel-Beweis von 1996 fußte – wie ich ja schon neulich sagte – lediglich auf einem einzigen Indiz: dem Blutfleck auf Hausers Unterhose. An seiner Echtheit allein hing die historische Wahrheit.« Er legte eine rhetorische Pause ein. »Was aber ist, wenn das Blut auf der Unterhose tatsächlich nicht von Hauser stammte?«
    »Halten Sie mich nicht für dumm, Blohfeld: Mir ist durchaus bewusst, dass Henleins Fundstück den Gegenbeweis liefern könnte. Aber Sie kriegen mich trotzdem nicht rum!«, begehrte Paul auf. »Dieses Hemd wird – wenn überhaupt – nur mit dem Einverständnis der Witwe untersucht!«
    Der Reporter neigte den Kopf. »Seien Sie doch nicht so ein verbohrter Sturkopf, Flemming! Wer weiß, ob uns Frau Henlein nicht einen Strich durch die Rechnung macht?« Er nahm einen neuen Anlauf und appellierte an Paul: »Die wissenschaftlichen Methoden der DNA-Untersuchung haben sich seit dem Spiegel-Test immens weiterentwickelt. Auch Schweiß und Haare, Fingernägel, Tränen und Urin liefern Erbinformationen, die man heute entschlüsseln kann.« Blohfeld berichtete von der Analyse der mittlerweile sechs Proben aus unterschiedlichen Quellen, unter anderem von einem Hut und einer Hose aus der Hinterlassenschaft Hausers, einer Haarlocke sowie von verschiedenen persönlichen Gegenständen, die aus dem Fundus von Gerichtspräsident Feuerbach stammten und inzwischen ebenfalls untersucht worden waren.
    »Und?«, fragte Paul, dem diese Tests unbekannt waren.
    »Es gab gravierende Unterschiede zu den Proben aus dem Unterhosenblut. Zwar waren die DNA-Stränge zu kurz beziehungsweise zu stark beschädigt, um damit einen neuen Vergleich mit dem Erbgut der Badener machen zu können. Der Spiegel jedoch galt damit als widerlegt. . .«
    ». . . und die Hauser-Fangemeinde freut sich seitdem darüber, dass Kaspar womöglich doch der leibliche Sohn Stephanies de Beauharnais, Erbprinz von Baden und ein indirekter Verwandter Napoleons war«, folgerte Paul.
    Blohfeld grinste verkniffen: »Fest steht: Hauser wurde ermordet. Und nach den Gerüchten, die damals über ihn kursierten, gab es für das Haus Baden genügend Gründe für diesen Mord. Die Geschichte um das Findelkind hatte das Fürstentum bis auf die Grundmauern erschüttert. Auf dem Friedhof von Ansbach aber stellte Hauser keine Gefahr mehr dar – jedenfalls bis heute nicht.«
    »Ja, bis heute«, sagte Paul nachdenklich. »Die Möglichkeiten der modernen Gen-Analyse könnten mit einer ausreichenden Menge DNA die Wahrheit also doch noch ans Licht bringen . . .«
    »Sie sagen es«, pflichtete ihm Blohfeld bei und knüpfte mit unverhohlenem Blick auf Pauls Gepäck an: »Sie haben es in der Hand, den entscheidenden Beweis zu liefern! Der Blutfleck aus Henleins Hauser-Hemd dürfte groß genug sein, um daraus ausreichend unbeschädigtes Erbgut für eine neue Genanalyse zu gewinnen.«
    Nun war es raus, dachte Paul: Aus Blohfelds kleinem, unbedeutenden Fotoauftrag war ganz plötzlich eine Riesenstory geworden.
    Paul betrachtete sein Gegenüber. Der Reporter hielt seinem Blick stand und verzog keine Miene. Ein gerissener Hund, dachte Paul.
    Was sollte er nun tun?, fragte er sich. Noch konnte er abspringen von diesem Zug, der sich von Augenblick zu Augenblick schneller fortzubewegen schien. Er war Blohfeld

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