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Paul Flemming 03 - Hausers Bruder

Titel: Paul Flemming 03 - Hausers Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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rostbraun verfärbt war.
    Paul spürte sein Herz schneller schlagen. Er hielt Hausers Hemd in den Händen! Wenn Henlein mit seiner Vermutung richtig gelegen hatte, war Paul nun im Besitz eines Beweisstückes, mit dem sich unter Umständen ein im 19. Jahrhundert verübter Mordanschlag aufklären ließe.
    Im Besitz? Paul stolperte über seine eigenen Gedanken. Im Besitz des Hemdes war er allerhöchstens für ein paar Stunden. Denn er musste das Fundstück wieder abgeben, und wenn es die Polizei nicht haben wollte, wohl am besten an Katinka.
    Oder aber besser noch an Frau Henlein. Die Witwe war ja nun die rechtmäßige Eigentümerin.
    Paul verstaute das wertvolle Textil in der Tasche und steckte den Zündschlüssel ins Schloss.
    Er ließ sich von einem Polizisten durchwinken und bog dann von der Promenade in die Residenzstraße ein. Noch während er die vierspurige B14 zurück in Richtung Nürnberg fuhr, wog er ab, ob er nicht einen zweiten Rat einholen sollte. Denn er brauchte noch etwas mehr Zeit zum Nachdenken. Außerdem wollte er keinesfalls derjenige sein, der Frau Henlein beibrachte, dass sie nun Witwe war.
    Im übrigen hatte er sein Geschäftsbewusstsein trotz der schockierenden Eindrücke des Tages nicht gänzlich verloren. Also steuerte er den Renault auf einen Parkplatz und nahm sein Handy zur Hand.
    »Blohfeld«, meldete sich der Polizeireporter.
    »Ich bin‘s, Flemming.« Er schilderte dem Reporter in knappen Sätzen die dramatischen Ereignisse. Bevor ihn Blohfeld der Unfähigkeit wegen der versäumten Unfallortfotos bezichtigen konnte, brachte Paul die Aktentasche mit dem Hauser-Hemd zur Sprache.
    Am anderen Ende der Leitung blieb es still. Paul argwöhnte für kurze Zeit, dass Blohfeld aufgelegt hatte. Doch dann sagte der Reporter:
    »Kommen Sie auf dem schnellsten Weg hierher und bringen Sie diese Tasche mit!«

8
    In der Redaktion ging es – Sonntag hin oder her – geschäftig zu. Auf dem Weg in Blohfelds Büro begegnete Paul einer Volontärin. Die kleine Frau mit Brille zwinkerte ihm verschwörerisch zu – er erinnerte sich an die etwas verstockte junge Dame, denn sie hatte ihm in einem seiner früheren Fälle einen entscheidenden Tipp gegeben.
    Dann betrat er die enge, verqualmte Lokalredaktion. Blohfeld residierte – seiner langen Betriebs Zugehörigkeit und vielleicht auch seiner Erfolge zu Ehren – in einer Art Separee: Eine im oberen Bereich verglaste Sperrholzwand trennte ihn von den anderen.
    Er begrüßte Paul mit der linken Hand, in der rechten eine Zigarre haltend. »Kommen Sie schon! Kommen Sie!« Kaum hatte Paul das schlauchartige, mit Büchern und Aktenordnern hoffnungslos überfüllte Büro betreten, schloss Blohfeld die Tür hinter ihm. Er setzte sich und blickte erwartungsvoll auf Henleins Aktentasche. Paul war entschlossen, Blohfeld von vornherein vor vollendete Tatsachen zu stellen: Nach den erschütternden Erlebnissen in Ansbach war Paul in den Fall Hauser involviert – stärker als ihm lieb war. Da das aber nun einmal nicht mehr rückgängig zu machen war, wollte er ab sofort als vollwertiger Partner mit im Boot sein und nicht bloß als Zulieferer. Und er wollte Bedingungen stellen!
    Paul setzte sich Blohfeld gegenüber und presste die Aktentasche auf seinen Schoß. »Damit das klar ist: Sie können sich den Inhalt der Tasche kurz ansehen. Meinetwegen machen wir auch ein Foto. Aber danach gebe ich sie bei der Witwe ab – darüber wird nicht verhandelt.«
    In Blohfelds hagerem Gesicht zeichneten sich die unterschiedlichsten Gefühlsregungen ab. Paul las Überraschung daraus und Verärgerung, ein wenig auch Enttäuschung. Am deutlichsten aber dominierte die Wut. Aber nicht die Wut auf Paul, sondern die auf sich selbst: Blohfeld ärgerte sich ganz sicher maßlos darüber, dass er die Henlein-Story in Pauls Obhut gegeben hatte, anstatt sich selbst darum zu kümmern. So musste er alles aus zweiter Hand erfahren – und war auf Pauls Wohlwollen angewiesen.
    Doch – auch das war Paul klar – Blohfeld war ein geschickter Taktiker. Er kannte seine Mittel und Wege, um sein Ziel zu erreichen. Der Reporter strich sich durch sein langes graues Haar, sah ihn aus seinen kleinen wachen Augen an und sagte: »Wenn Sie in Ansbach waren, haben Sie doch sicher das Markgrafenmuseum besucht.«
    Paul stutzte und schüttelte langsam den Kopf.
    Blohfeld lächelte. »Sie erinnern sich an die Briefe, die Hauser bei sich trug, als er in Nürnberg aufgegriffen wurde?«
    Paul geriet ins Hintertreffen:

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