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Paul Flemming 03 - Hausers Bruder

Titel: Paul Flemming 03 - Hausers Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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Sloboda am Arm, an der Brust und noch einmal am Kopf. Dann hauchte er sein Leben aus.
    Paul legte sich neben die markierte Stelle auf die kalten Bodenfliesen und schloss für einen Moment die Augen. Ja, dachte er, Sloboda wurde von einem engen Vertrauten ermordet. So musste es gewesen sein. Oder zumindest von einer Person, der er dachte, blind vertrauen zu können.
    Aber warum hatte die Person ausgerechnet dieses alte Schwert als Mordwaffe ausgewählt? Es gab doch hunderte geeignetere und effektivere Mordinstrumente in diesem Saal. Paul zermarterte sich das Hirn. Er sah den blutenden Sloboda wieder vor sich – was verband den Museumsmitarbeiter und seinen Mörder mit dem Schwert?
    Paul dachte an Slobodas Aufgabenbereich: Er war Heraldiker gewesen, Wappenforscher. Natürlich waren auf dem Schwert einzelne Wappen abgebildet, aber die waren offen ausgestellt und für jedermann sichtbar gewesen. Es war also nichts Geheimnisvolles daran und außerdem: Warum sollte jemand wegen eines Wappens umgebracht werden?
    Die Kälte der Bodenfliesen kroch langsam in Pauls Körper. Immer wieder musste er an die stilisierte Lilie denken, die er sowohl auf Henleins Medaillon als auch auf dem Schwert gesehen hatte. Nach wie vor hatte er nicht die leiseste Ahnung, wie und ob ein Zusammenhang zwischen den beiden Abbildungen herzustellen war, doch der Gedanke daran, dass die Lilie in irgendeiner Weise mit zwei Toten verbunden war, ließ ihn schaudern.
    Die Wappen und die Lilie – was konnte er daraus folgern? Paul wurde klar, dass er allein nicht weiterkommen würde, wenn er krampfhaft versuchte, eine Logik darin erkennen zu wollen. Am hilfreichsten wäre es, einen anderen Wappenkundler zu befragen, überlegte er, doch leider kannte er niemanden mit diesem seltenen Beruf. Das hieß: doch, natürlich, einen kannte er!
    Wahrscheinlich würde Hannes Fink offiziell nicht als standesgemäßer Heraldiker durchgehen, aber für seine Zwecke dürfte Finks Wissen hoffentlich ausreichen. Der Pfarrer von St. Sebald hatte Paul schon oftmals lange Vorträge über die Patrizierfamilien gehalten, die seine Kirche nicht nur über Jahrhunderte unterstützt, sondern sich auch durch ihre in Stein gehauenen oder auf Holztafeln lackierten Wappen an allen Ecken und Kanten des Gotteshauses verewigt hatten.
    Das könnte klappen, dachte Paul hoffnungsvoll. Hannes Fink würde ihm mit etwas Glück weiterhelfen können, denn mittlerweile war er bei Paul dafür bekannt, selbst in verzwickten Situationen geistige Brückenschläge bewerkstelligen zu können.
    Ein hysterisches Kichern durchbrach die Stille. Sofort riss Paul seine Augen auf und setzte sich kerzengerade hin. Zu seinem großen Schrecken stand hinter dem Flatterband die versammelte Schulklasse, zusammen mit Museumsführer und Lehrer. Während die Erwachsenen ihn voller Unverständnis vorwurfsvoll anstarrten, grinsten die Kids und bogen sich vor Lachen.
    Paul sah zu, dass er auf die Beine kam. So schnell es ging, entfernte er sich vom Tatort und steuerte die Ausgangstür an. Gegenüber dem grimmig blickenden Museumsführer deutete er im Vorbeigehen etwas von »wichtigen Nachermittlungen« an, und keine fünf Minuten später hatte Paul das Germanische Nationalmuseum auf kürzestem Weg verlassen.
    22
    Seinen Freund Hannes Fink erwischte er beim Vespern im Pfarrhaus. Erwischte, weil der Pfarrer trotz der frühen Stunde schon einen Tonkrug mit Bier vor sich stehen hatte. Dazu gab es eine aufgeschnittene und dick mit Butter bestrichene Brezen.
    Paul verkniff sich eine entsprechende Bemerkung, denn Fink gegenüber saß ein anderer Geistlicher. Paul erkannte ihn sofort als den Pfarrer wieder, der auf Henleins Beerdigung gesprochen hatte.
    »Du brauchst uns gar nicht so vorwurfsvoll anzuschauen«, durchschaute ihn Fink und lachte laut. »Mein Kollege Hertel und ich wissen sehr wohl, dass es Donnerstagmorgen und noch nicht einmal Mittag ist. Aber. . .« Fink wandte sich um und drehte Paul seinen schulterlangen schwarzen Pferdeschwanz zu. Aus einer neben ihm stehenden Kiste holte er eine weitere Bierflasche heraus. »Gottfried Hertel war so nett, mir eine Kiste Sechskornbier mitzubringen. Gebraut aus Gerste, Dinkel, Weizen, Roggen, Hafer und Emmer. Eine echte fränkische Spezialität aus Pyras – die wollen wir auf keinen Fall verkommen lassen. – Setz dich zu uns!«
    Pfarrer Hertel sah Paul ebenso gastfreundlich an, so dass ihm kaum eine andere Wahl blieb, als die Einladung anzunehmen.
    Fink drehte den

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