Paul Flemming 07 - Die Paten vom Knoblauchsland
ganz falsch damit, dass ich das Kalenderprojekt sausen lassen wollte. Aber wenn ich daran denke, dass dann ein anderer die Sache verhunzt, mache ich lieber selbst weiter.«
»Muss ... - äh, soll ich mich denn nun ausziehen oder nicht?«, fragte die junge Frau mit dünner Stimme.
Paul schmunzelte. »Nein. Wenn, dann nur ein ganz kleines bisschen. Aber das hat Zeit. Zunächst erzähle ich Ihnen etwas über meine übliche Arbeitsweise, dann gestalten wir gemeinsam ein geeignetes Motiv.«
Aus der zur Auflockerung vorgesehenen Unterhaltung mit Martina, wie sie hieß, entwickelte sich ein ernsthaftes Gespräch, das sehr bald um Frieda kreiste. Denn natürlich wusste auch Martina vom gewaltsamen Tod des anderen Kalendermodells, das sie noch dazu gut gekannt hatte. Martina redete sehr einfühlsam über ihre tote Freundin, schilderte sie als freundlich und zuverlässig.
»Frieda war eine echte Bruns«, erzählte Martina. »Eine Familie, die schon ewig hier lebt. Alteingesessen sagt man dazu, ja? Sie hat sich manchmal darüber aufgeregt, dass ihr Vater so streng war, aber er musste für sie und ihren Bruder ja allein sorgen. Ihre Mama ist schon vor Jahren gestorben.« Ihre Blicke schweiften in die Ferne, als sie hinzufügte: »Frieda hat das nicht gepasst. Sie wollte ihr eigenes Ding durchziehen und hat ihren Vater oft vor den Kopf gestoßen. Aber wenn es darauf ankam, stand sie zu ihrer Familie.«
Paul kam eine Frage in den Sinn: »Was glauben Sie: Hätte Frieda für den Kalender Modell gestanden, wenn Axel Bär der Fotograf gewesen wäre?«
Martina überlegte einen Moment. »Schwer zu sagen. Um ihrem Vater mal eins auszuwischen, vielleicht. Anderseits...«
»Andererseits ?«
Ihre Wangen färbten sich rosa, als Martina erklärte: »Das wissen Sie wohl gar nicht? Bär hatte sich schon vor Ihnen für die Kalenderbilder beworben. Er ist aber beim Verband abgeblitzt, und ich habe gehört, dass Frieda eine von denen gewesen ist, die gegen ihn geredet hatten.«
»Wie das?«, wollte Paul wissen.
»So genau kann ich das gar nicht sagen. Ihr haben die Bilder von Bär wohl nicht gepasst.«
»Kannte sie denn welche davon?«, wunderte sich Paul.
»Ich weiß nicht. Vielleicht von seiner Website. Ich habe jedenfalls mal mitbekommen, wie sie gesagt hat, dass Bär einen schlechten Ruf hat und ihr Freund auch ganz und gar gegen ihn wäre.«
»Frieda hatte einen Freund?«, frage Paul interessiert.
Martina wich aus. »Ja, aber erst seit Kurzem. Ich kenne den Typ nicht, aber er soll ziemlich krasse Ansichten haben. Wie sagt ihr dazu? Konservativ, ja?«
»Können Sie etwas konkreter werden?«
»Nee, keine Ahnung, alles nur Gerede, so dicke war ich mit Frieda ja auch nicht.«
»Wie heißt denn dieser Freund? Ist es auch einer aus der Landjugend?«
Martina lachte und wirkte das erste Mal während ihrer Unterhaltung gelöst. »Landjugend? Was für ein Wort? Das Knoblauchsland liegt doch mitten in der Stadt! Aber egal. Ich kenne Friedas Freund nicht. Das war keiner von den Üblichen. Sie hat ein großes Geheimnis um ihn gemacht. Wahrscheinlich ist er schon älter. Vielleicht verheiratet.«
»So, meinen Sie?« Paul war hellhörig geworden und nahm sich vor, die neue Erkenntnis unverzüglich an Katinka weiterzugeben.
»Vielleicht hielt sie auch nur mit seinem Namen hinterm Berg, damit ihr Vater keinen Krach schlug. Denn der hat anderes im Kopf, steht ziemlich unter Druck. Deuerlein rückt ihm mit seinen Gewächshäusern auf die Pelle. Tja, Bruns hat wohl ziemlich zu kämpfen mit seinem Betrieb, weil er nicht modernisiert. Aber keine Ahnung, ich kenne mich damit ja nicht so gut aus.«
»Deuerlein?«, fragte Paul. »Wer ist denn das nun wieder?«
»Gustav Deuerlein. Das ist der mit der meisten Kohle von uns allen. Tomaten und Paprika im großen Stil. Der macht es richtig, hat es bei den Holländern abgeguckt.«
»Ein moderner Tomatenbauer also, während Friedas Vater mehr zu den traditionellen Landwirten zählt. Ist es das, was Sie meinen?«
»Ja, so kann man das wohl sagen. Jedenfalls ist Deuerlein die große Nummer hier, und Bruns kann kaum noch mithalten. Deswegen gab es auch bei Frieda zu Hause in letzter Zeit oft dicke Luft. Da trieb sie sich lieber anderswo herum. Ist ja auch verständlich, irgendwie. Ich hätte auch keinen Bock auf Dauerstress daheim.«
Paul schwirrte der Kopf von diesen zahlreichen, aber leider recht zusammenhangslosen Informationsbrocken. Daher fokussierte er seine Eindrücke vorerst auf die eine
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