Paul Flemming 07 - Die Paten vom Knoblauchsland
seiner Tochter erwähnt?«
Fink hob die Brauen. »Einen Freund? Nein, es war nicht die Rede von einem Freund. Soll Frieda denn einen gehabt haben?«
»Ja, aber die Angelegenheit ist etwas rätselhaft. Offenbar handelte es sich um eine heimliche Liebe, denn ihre Freundinnen haben ihn wohl bislang auch noch nicht zu Gesicht bekommen.«
»Ein seltsamer Fall«, meinte Fink grüblerisch. »Ich bin mehr als gespannt darauf, was am Ende dabei herauskommt.«
6
Das Setting für das nächste Fotomotiv hatte sich Paul phantasievoll ausgemalt: Da es nach dem Wunsch seiner Auftraggeber in einem Kopfsalatfeld aufgenommen werden sollte und Paul dies etwas zu trist erschien, hatte er sein heutiges Modell gebeten, sich besonders farbenfroh zu kleiden. Außerdem hatte er eine Leiter aufs Dach seines Renault geschnallt, damit er die Perspektive verändern und die hübsche Bauerntochter von oben ablichten konnte, mit der weiten Fläche des Feldes im Hintergrund.
Doch als er über einen schlaglochreichen Feldweg auf den verabredeten Treffpunkt zufuhr, sah er schon von Weitem, dass er so schnell nicht dazu kommen würde, seine Ideen umzusetzen. Anstelle der erwarteten ländlichen Idylle und Einsamkeit empfing ihn eine Menschenmenge, darunter zahlreiche Presse-, Rundfunk- und sogar Femsehjoumalisten.
»Was ist denn hier los?«, fragte Paul, nachdem er seinen Wagen am Wegesrand abgestellt und Reporter Victor Blohfeld im Publikum entdeckt hatte. »Wollt ihr etwa alle über den Knoblauchslandkalender berichten?«, wunderte er sich über die verfrühte Publicity.
»Kalender?« Der dürre Boulevardreporter warf ihm einen irritierten Blick zu. Dann deutete er auf einen großgewachsenen Mann mit männlich markanten Gesichtszügen, in blauem Businessanzug, tadellos gebügeltem weißen Hemd und akkurat gebundener Krawatte. »Wegen dem sind wir hier«, meinte Blohfeld in leicht abfälligem Ton und fügte hinzu: »Der Herr Staatssekretär ruft, und die Presse hat anzutanzen.«
Paul erkannte in dem Krawattenträger Martin Rode, den jung-dynamischen Vertreter des bayerischen Umweltministeriums. Seine medienwirksamen Auftritte in und um Nürnberg waren keine Seltenheit, was sich wohl damit erklären ließ, dass hier Rodes Wahlkreis lag. Wie sich herausstellte, hatte der selbstbewusste Politaufsteiger, der seinen Dialekt bei Bedarf ohne Weiteres vom authentischen Fränkisch in ein originalgetreues Oberbayerisch umstellen konnte und in Berlin sogar hochdeutsch parlierte, einen Pressetermin ausgerechnet dort anberaumt, wo Paul in Ruhe arbeiten wollte. Hätte sich der Politiker nicht ein anderes Feld aussuchen können, seinetwegen eines mit Karotten, Kartoffeln oder Brokkoli? Musste es ausgerechnet Pauls Salatfeld sein? Nun - ärgerlich, aber nicht zu ändern.
»Um was geht es denn?«, erkundigte sich Paul.
Blohfeld klärte ihn auf: »Unser schwarzer Sonnyboy ist neuerdings - ganz im Sinne seines Chefs, des Ministers - auf dem Ökotrip und will den Grünen Wähler stimmen wegschnappen.«
»Ja, das habe ich mitbekommen«, meinte Paul. »Den Atomausstieg hat sich sein Ressort ja auch auf die Fahnen geschrieben.«
»Korrekt. Und jetzt will er die Heimat retten, indem er das Knoblauchsland zur Ökozone erklärt.«
»Wie stellt er sich das vor?«, fragte Paul.
Die Antwort lieferte der Staatssekretär selbst, der sich Pauls Fotomodell als dekoratives Beiwerk geschnappt hatte und nun vor dem Salatfeld zu seiner Rede ansetzte: »Unser schönes Knoblauchsland, dessen Name sich bekanntlich von den traditionellen Zwiebelzuchten herleitet und das auf eine mehr als vierhundertjährige Geschichte zurückblickt, ist eines der größten zusammenhängenden Anbaugebiete seiner Art. Es umfasst zahlreiche Nürnberger Ortschaften wie Almoshof, Boxdorf, Buch und Großgründlach und reicht bis hinein ins Fürther Stadtgebiet...«
Paul gähnte ausgiebig, denn Rode langweilte ihn mit Altbekanntem. Das ging eine ganze Weile so weiter, und Paul ließ den größten Teil des Politikergeschwafels an sich abprallen. Nur ab und zu hörte er hin.
»... Es ist weit über die Region hinaus bekannt für sein qualitativ hochwertiges Freilandgemüse. Kartoffeln, Kohl, Lauch, Rettich und Spinat sind unübertroffen im Geschmack, ebenso wie Zucchini, Auberginen und Tomaten mit hohem Vitamingehalt. Unser Knoblauchsländer Spargel ist legendär. Sogar Tabak gedeiht im Städtedreieck zwischen Nürnberg, Fürth und Erlangen.« Rode legte eine rhetorische Pause ein und senkte den
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