Paul sucht eine Frau
ein schnelles Auto erblicken.«
Paul zuckt mit den Achseln. »Der Ausflug hat dir also nicht gefallen?«
Sie seufzt. Er fühlt sich, als hätte sie ihm gerade einen Schlag ins Gesicht verpasst. Dabei wollte er ihr doch nur helfen. Ihr besonderes Material für ihren Film liefern. Damit sie glücklich ist.
Lara geht ins Badezimmer und richtet seine elektrische Zahnbürste. Er folgt ihr und sie reicht ihm die Bürste. Während er sich die Zähne putzt, dreht sie sich von ihm weg. Sie fängt an seine unbenutzten Katheterbeutel zu sortieren, die an einem Haken an der Wand hängen. Warum macht sie das?
»Das ist nicht der Film, den ich machen wollte«, sagt sie schließlich.
Paul setzt die Zahnbürste ab.
»Wir können nächsten Sonntag was Besseres unternehmen«, sagt er mit dem Zahnpastaschaum im Mund.
»Nächste Woche habe ich schon was vor.«
Paul ist nun am Waschbecken und spuckt die Zahnpasta aus. Lara reicht ihm einen Wasserbecher, mit dem er seinen Mund ausspült.
»Wir können auch was zusammen machen. Nur wir beide, ohne Harry und die Jungs.« Paul hat jetzt all seinen Mut zusammengenommen.
»Ich habe keine Zeit.«
Sie packt die Griffe an seinem Rollstuhl und befördert ihn ins Wohnzimmer. Das hat sie noch nie getan, ihn einfach so weggeschoben. Sie weiß doch, dass er das alleine kann.
»Du kommst jetzt ohne mich klar?«, fragt sie.
»Ja«, sagt Paul. »Klaus kommt, sobald ich ihn anrufe.«
Er würde lieber etwas anderes antworten. Zum Beispiel: »Geh noch nicht. Ich brauche dich.« Aber das macht er nicht.
»Gut«, sagt Lara. »Dann sehen wir uns morgen.«
12
Grüne Meerkatzen investieren viel Zeit in die Partnersuche. Das fängt schon bei der Körperpflege an. Besonders die Genitalien müssen stets auf Hochglanz poliert sein, wenn ein Affe eine gute Figur machen will und die Aufmerksamkeit auf sich lenken will. Doch Erfolg bei den Weibchen haben in der Gruppe nur die dominanten Männchen. Wer nicht bestimmt auftreten kann, der muss schon mal den übergeordneten Tieren das Fell pflegen. Auch im Tierreich ist es so: Nur wer Initiative ergreift, hat eine Chance, von der Angebeteten gehört zu werden.
Paul speichert die Datei. Er lehnt sich zurück und sieht sich die letzten Sätze, die er gerade auf seinen Laptop eingetippt hat, noch einmal durch. Unwillkürlich läuft es ihm kalt den Rücken hinunter. Er sieht sich die Kritzeleien auf seinem Notizblock an und überlegt. Dann schreibt er weiter und liest dabei laut mit.
»Und auch Affen müssen manchmal Geschenke machen, um Aufmerksamkeit zu erhalten.«
* * *
Der Aufzug hält im dritten Stock an. Paul steigt aus. Er sieht sich in dem langgezogenen Hausflur um. Als er sich orientiert hat und die Wohnung mit der Nummer 343 entdeckt, hält er auf die Wohnungstür zu und klingelt. Den Blumenstrauß auf seinem Schoß nimmt er in die Hand und hält ihn hinter den Rollstuhl, damit er nicht sofort zu sehen ist.
Einen ziemlich langen Moment passiert nichts und er befürchtet schon, dass Lara nicht zu Hause ist. Warum auch? Sie hat ja den Mittag über frei. Eine Frau wie sie hat vielleicht etwas Besseres zu tun, als zu Hause zu sitzen und auf Überraschungsbesuch zu warten.
Doch dann hört Paul Geräusche hinter der Tür. Er setzt ein Lächeln auf. Die Tür geht auf. Dahinter steht ein gut aussehender Kerl, muskulös und groß wie der Riese Rübezahl, in blauem Business-Hemd und Plüschpantoffeln.
»Ja?«
»Äh«, sagt Paul. Irritiert sieht er sich um. Die Wohnungsnummer stimmt. Er versucht, einen Blick an dem Kerl vorbei in die Wohnung zu werfen, kann aber nichts erkennen. Dann sieht er wieder zu dem Riesen. Vielleicht ist es nur Laras Mitbewohner.
»Ich, ich ... wollte eigentlich zu ...«
Paul kann nichts dagegen machen, er hat angefangen zu stottern.
»Du bist bestimmt Laras Rollstuhlfahrer.«
»Äh, ja. Ist sie da?«
»Lara ist im Medienforum und schneidet ihren Film.«
»Ach ja.«
»Ja. Kann ich ihr was ausrichten?«
»Also, nö. Mir war nur langweilig. Da dachte ich, ich guck mal, wo Lara so wohnt ...«
Der Typ nickt. Er setzt an, die Wohnungstür zu schließen.
»Also dann.«
»Ja, dann ...« Paul reißt noch einmal all seinen Mut zusammen. »Und Sie sind?«
»Ihr Freund.«
»Ah. Klar ...«
»Ciao.«
Und die Tür geht zu.
Die Abenddämmerung setzt bereits ein, als Paul an der Stadtbücherei vorbei nach Hause fährt. Alleine. Die Blumen schenkt er einer obdachlosen Frau, die in der Fußgängerzone sitzt.
Als er zu
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