Paul sucht eine Frau
von Rollstuhlfahrer zu Rollstuhlfahrer. Und ihm Mut machen. Damit er sich wieder nach Hause traut.«
Sandra blickt zu ihm. Nico versucht zu lächeln.
»Äh, ja. Klar«, sagt er.
»Super! Danke.«
Sandra gibt Nico einen Kuss auf die Wange. Spätestens jetzt ist er rot wie eine Tomate, da ist er sich sicher.
»Du bist ein Schatz. Du weißt gar nicht, was mir das bedeutet.«
»Ist doch kein Problem.«
13
Ein grauer Berg von einem Gebäude erhebt sich in den Hügeln des Odenwalds. Über seinen Dächern breitet sich ein Unwetter aus. Jenny, Nico und Paul stehen vor dem Reha-Zentrum und zögern, den Haupteingang zu betreten.
»Ich hatte eigentlich geplant, nicht mehr hier herzukommen«, sagt Paul.
»Andere Rollifahrer kommen jedes Jahr zu Kur«, sagt Nico und zuckt mit den Achseln.
»Ich kann mir andere Ziele für meinen Urlaub vorstellen.«
»Komm, Alter. Lass uns mal reingehen.«
Sie fahren in die riesige Eingangshalle, doch der Empfangstresen ist nicht besetzt. Also bleiben sie stehen und sehen sich um.
»Ich versteh nicht, wieso du versprochen hast, dass ich dich begleiten würde«, sagt Paul. » Ohne mich vorher zu fragen.«
»Ach, komm. Du weißt selbst, wie schwer die Zeit in der Erst-Reha ist. Das ist 'ne gute Tat, was wir hier machen.«
Nico geht los, verschwindet in einem der zahlreichen Flure, die von der Halle abgehen. Den Eindruck, dass er weiß, wo er hinfährt, hat Paul nicht. Paul wendet sich zu Jenny, die neben ihm stehen geblieben ist und eine Blase mit ihrem Kaugummi macht.
»Meinst du, er hat wirklich eine Chance bei der Kellnerin?«, fragt Paul sie.
»Na, ja. Um sich auszuheulen, kommen die Mädchen gern zu Nico.«
Ohne ein weiteres Wort zu sagen, geht Jenny, die Hände in den Taschen, Nico hinterher.
»Na, dann«, murmelt Paul.
Außerhalb des Gebäudekomplexes fängt es an zu donnern und zu blitzen. Paul rollt durch einen engen und sterilen Gang, bis er an eine Kreuzung kommt. Gerade als er sich fragt, wohin seine beiden Begleiter verschwunden sind, hört er Nicos Stimme.
»Da bist du ja endlich. Komm schon, ich habe ihn gefunden.«
Felix hat ein Einzelzimmer, nicht sehr groß und wenig liebevoll ausgestattet. Er sitzt in seinem Elektro-Rollstuhl am Fenster und starrt nach draußen. Paul schätzt ihn auf Ende zwanzig.
»Na, Felix«, sagt Nico und nähert sich ihm langsam. Aber Felix reagiert nicht und dreht sich nicht einmal zu seinen Besuchern um.
»Ich bin Nico. Und das da, das sind Paul und Jenny.«
Als Felix noch immer keine Regung zeigt, bleibt Nico stehen. Er wirkt irritiert.
»Sandra hat dir doch gesagt, dass wir kommen?«
Wieder keine Reaktion. Nico sieht mit fragendem Blick zu Paul.
»Was weiß ich«, sagt Paul. »Vielleicht hat er bei dem Unfall auch was auf die Ohren bekommen?«
Nico überlegt einen Moment. Dann wendet er sich zu Felix.
»KANNST – DU – MICH – HÖREN! ICH – BIN – NICO!«
»Ich bin doch nicht taub«, murmelt Felix.
Nico dreht sich zu Paul.
»Siehst du. Er ist nicht taub.«
Paul schüttelt den Kopf.
»Ich hab dir was mitgebracht, Alter«, sagt Nico.
Das ist das Zeichen für Jenny, die angetrottet kommt und aus dem Rucksack, der an Nicos Rollstuhl hängt, etwas hervorholt. Es ist die aktuelle Ausgabe des Playboys . Sie reicht Nico das Magazin, der es stolz emporhält.
»Bist ja kein Kind. Ein Teddybär als Geschenk wäre mir unpassend vorgekommen.«
Paul blickt zu Jenny und rollt mit den Augen. Jenny zuckt lethargisch mit den Achseln.
»Ich komme nicht mit«, sagt Felix.
»Bitte?«, fragt Nico.
Felix dreht sich jetzt mit seinem elektrischen Rollstuhl um. Felix bedient den Stuhl mit einem Hebel, es sieht nicht so aus, als hätte er viel Mobilität in seinem Arm und seiner Hand.
Arme Sau, denkt Paul. Ein Härtefall.
»Sagt Sandra, das ist alles nett gemeint. Aber ich bleib hier, bis sie mich ins Heim verlegen.«
»Warum willst du denn in ein Pflegeheim?«, fragt Nico. »Die Welt da draußen hält so viel Abenteuer bereit.«
Nico grinst und hält das Magazin wieder in die Höhe. »Wo das herkommt, da gibt es noch viel mehr.«
»Hier fehlt mir nichts«, sagt Felix. »Ich hab drei Krankenschwestern, die sich um mich kümmern.«
»Ach, komm. Draußen gibt es genug Mädels, die sich um dich kümmern können.«
»Heute muss doch niemand mehr ins Pflegeheim«, versucht Paul zu assistieren. »Selbstbestimmtes Leben ist unser Grundrecht. Von wegen UNO-Resolution und so. Und gerade in deinem Alter, was willst du da mit
Weitere Kostenlose Bücher