Paul sucht eine Frau
Verteidigern vor die Füße rollen. Nein, das will Harry nur, dass er klein beigibt und in die Falle läuft.
Paul hat eine andere Idee. Er beschleunigt selbst und geht auf Kollisionskurs.
Es dauert nur ein paar Sekunden, dann knallt Blech auf Blech. Pauls Rollstuhl wird rechts zur Seite geschleudert, kippt nach links um und er rutscht über den Hallenboden.
Aber er hat es geschafft, den Ball im letzten Moment an Nico zu passen, der über die Torlinie rollt, noch bevor jemand abpfeifen kann.
Paul hört ein erschrockenes Aufatmen der Assistenten am Spielfeldrand. Die Fußgänger werden es wohl nie lernen. Warum heißt der Sport Rollstuhl-Rugby, wenn man es nicht ordentlich krachen lässt? Solange er nicht auf den Kopf fällt, wenn er umgefahren wird, ist alles in Ordnung.
Dem erschrockenen Aufatmen folgt Gelächter und Applaus seiner Teamkollegen. So viel Einsatz bei einem kleinen Spielchen am Ende des wöchentlichen Trainings verdient Anerkennung. Auch Harry schlägt mit der Faust auf die verchromte Radkappe seines Sportrollstuhls. Dann hilft er Paul auf.
»Nicht übel. Für'n Warmduscher wie dich.«
Drei Minuten später lässt sich zuerst Nico auswechseln, dann folgt Paul seinem Kumpel auf die Ersatzbank. Er greift zu einem Handtuch und tupft sich den Schweiß von der Stirn. Nico trinkt aus einer Sportflasche, die ihm Jenny reicht.
»Hast du dich gestern noch lang mit der Kellnerin unterhalten?«, fragt Paul.
Jenny nimmt Nico die Flasche ab. Dann setzt sie sich wieder auf ihren Platz auf einer Bank, ein paar Meter abseits und nimmt ein Buch auf.
»Du meinst Sandra? Ein paar Minuten. Nettes Mädchen«, sagt Nico.
Sandra! Das ist doch schon was. Nun kann er seine Träume wenigstens mit einem Namen füllen. Aber bei Träumen soll es nicht bleiben.
Also fragt er: »Äh, du, vielleicht könntest du mir ja helfen. Das nächste Mal, wenn wir dort sind. Mir ein paar Tipps geben, wie ich sie ansprechen kann.«
»Ne, du«, sagt Nico. »Das lassen wir mal lieber.«
»Wir sind doch Freunde.«
»Ja. Aber seien wir ehrlich. Die Chemie zwischen dir und ihr, das hat überhaupt nicht gefunkt.«
»Ich hatte halt keine Gelegenheit, um ...«
»Klar. Aber weißt du, Sandra hat mir ihre Handynummer gegeben.«
»Wozu denn?«, fragt Paul, und dann, aufs Spielfeld: »Auf den Mann! Den Mann! Ramm ihn!«
Paul wendet sich wieder zu Nico. »Die war mein Typ.«
»Verständlich. Ist eine Hammerbraut. Was meinst du, Alter? Soll ich die anrufen? Am besten lade ich sie ein, dabei zu sein, wenn ich mich am Wochenende ins Nachtleben stürze.«
»Sag mal, hörst du mir überhaupt zu!«
»Logo. Aber jetzt freu dich mal für mich. Und keine Angst: Für dein Frauenproblem finden wir auch noch eine Lösung.«
Paul schweigt eine Minute. Als er sich gefangen hat, sagt er zu Nico: »Ich dachte, du bist mit Frauen bestens versorgt.«
Nico sieht zu ihm herüber und Paul zeigt mit dem Kopf in Jennys Richtung.
»Wie? Jenny?« Nico lacht. »Alter, du denkst wohl ich hab's nötig. Viel zu aufmüpfig.«
Er lacht jetzt noch lauter, aber dann verstummt er.
»Sag mal! Alter ... Das ist es doch!« Er stupst Paul mit seiner Hand an.
»Was denn?«, fragt Paul irritiert.
Wieder einmal kann er seinem besten Freund nicht folgen. Allerdings ist da ein Funkeln in Nicos Augen, das er nur zu gut kennt. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass Nico gerade eine seiner Schnapsideen hat.
»Mir ist eben die Lösung für dein Frauenproblem eingefallen.«
»Was für ein Problem? Ich hab kein Problem mit Frauen«, sagt Paul trotzig. »Ich hab ein Problem mit Freunden, die mir in den Rücken fallen.«
»Verarsch mich nicht, Alter. Ich bin dein Kumpel. Mir kannste nichts vormachen. Du bist schüchtern wie Forrest Gump.«
»Stimmt nicht.«
»Von wegen. So kriegst du nie eine Freundin.«
»Vielleicht will ich ja gar keine Freundin.«
»Guter Witz«, sagt Nico. Er lehnt sich zurück und lächelt. »Dabei siehst du nicht mal schlecht aus.«
»Ach, hör auf.«
»Na, doch. Du hast ja sogar ein paar Muckis übrig. Bist groß und hast blaue Augen. Das finden die Mädels super. Sollen wir mal Jenny fragen, wie sie deinen Body bewertet?«
»Nein.«
Sie schweigen sich eine Minute an. Dann hält es Paul nicht mehr aus.
»Und? Was wäre deine Lösung für mich?«
»Du musst dir eine Assistenz zulegen.«
»Danke. Ich kann sehr gut alleine aufs Klo gehen. Immerhin das geht noch.«
»Mann, Mann, Mann.«
Nico schüttelt den Kopf.
»Wie kannst du nur so schwer von
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