Paula geht
und sie war hier im Dschungelcamp, nur dass ihr niemand Geld geboten hatte, um mitzuspielen. Silberfischchen gab es auch jede Menge. Paula hatte immer gedacht, dass sie sich bei Tageslicht zurückziehen würden. Nicht so die mecklenburgischen.
In der Küche wollte sie die alte Kaffeemaschine anwerfen. Ach ja, der Strom. Also begnügte sie sich mit einem Glas Orangensaft und ein paar Milchbrötchen aus der Tüte. Während sie kaute, ließ sie ihren Blick durch den Raum schweifen. Doch, er hatte das Potential, zu einer richtig gemütlichen Küche zu werden. Die windschiefen Resopal-Hängeschränke mussten weg. Stattdessen könnte sie ein paar gebeizte Bretter als Regale aufhängen. Eine Abzugshaube gab es nicht, also war alles im Bereich des alten Herdes mit einer mehrere Millimeter dicken Fettschicht überzogen, brrr.
Der Herd hatte noch richtige Kochplatten. Auch einen Kühlschrank gab es, in den sie vorsichtig hineinschaute. Schnell machte sie ihn wieder zu. Ob der nach der Entsorgung der letzten Reste wohl wieder zu verwenden wäre? Hierher rührte also der süßlich-faulige Geruch, der sie die ganze Zeit schon gestört hatte. Die zwei Fenster gingen raus in den Garten und hatten ein Sprossenkreuz. Wenn sie sie abschmirgeln und weiß streichen würde, könnte das sicher ganz idyllisch werden.
Seufzend stand sie auf und dachte an den bis unter das Dach beladenen Sprinter. Sie ging ins Wohnzimmer und musterte die Möbel. Außer einer kleineren Vitrine würde sie vermutlich nichts behalten. Also könnte sie alles an einer Stelle zusammenrücken, um hier erst einmal Platz zum Abstellen zu schaffen.
Nach der kleinen Umstellaktion war sie bereits schweißgebadet. Mist, sie hätte doch von zuhause aus hier Hilfe organisieren sollen. Also gut, Paula, es geht los. Vielleicht konnte sie für die schweren Sachen bei ihrem Nachbarn rechts klingeln. Den musste sie sowieso wegen der Ziegen interviewen. Vielleicht war er froh, dass er die Arbeit mit ihnen jetzt loshatte. Matussek hieß er, hatte man ihr im Maklerbüro gesagt.
Nachdem sie zwölf Kisten ins Wohnzimmer getragen hatte, verfluchte sie die Konsumgesellschaft. Wer hat uns nur beigebracht, so viel Kram anzuhäufen? Gierig trank sie eine halbe Flasche Wasser und beschloss, im Nachbarhaus zu klingeln. Elf Uhr, beste Nachbarschaftshilfezeit.
Sie drückte auf den Messingknopf neben dem Namensschild. Eine ältere Frau öffnete und starrte Paula misstrauisch an. Die streckte ihr freundlich die Hand entgegen. „Guten Tag, ich bin Paula Sommer, ihre neue Nachbarin. Ist ihr Mann zufällig da?“
Die Frau guckte keinen Deut freundlicher, drückte ihre Hand nicht und bat sie auch nicht herein. Sie wischte lediglich die Hände an ihrer Kittelschürze ab und rief über die Schulter: „Franz, die neue Nachbarin will was von dir.“
Franz Matussek schlurfte in ausgetretenen Hausschlappen zur Tür. Er reichte ihr eine Hand mit nikotingelbem Zeige- und Mittelfinger. Aber immerhin, er reichte ihr die Hand.
„Hallo Herr Matussek, ich bin Paula, Paula Sommer. Ich wollte sie fragen, ob sie mir wegen der Ziegen und vielleicht auch ein wenig beim Ausladen helfen könnten, bitte. Manche Sachen kann ich alleine leider nicht tragen.“
Paula zweifelte bereits während sie ihre Bitte aussprach, ob es eine gute Idee gewesen war, ihn zu fragen. Herr Matussek nahm eine dieser glänzenden Sport-Freizeitjacken vom Haken und sagte zu seiner Frau: „ Erna, ich bin dann zum Mittagessen wieder da.“
Erna drehte sich wortlos um.
„So, so, Sie haben also den alten Kasten gekauft.“
Paula warf einen Blick auf das Nachbarhaus, das auch nicht wesentlich jünger aussah. „Ja, ist doch schön hier, finden Sie nicht?“
Herr Matussek nickte bedächtig. „Die Ziegen brauchen einmal am Tag Futter, und den Stall muss man einmal die Woche saubermachen. Schmeißen Sie den Mist einfach auf den Kompost, dat tut dem auch jut.“
Paula musterte skeptisch den Stall, der zu einer Seite hin offen war. Der sollte ursprünglich mal ihre Hobbyscheune sein … Dann riss sie sich zusammen und fragte: „Und was fressen die so?“
„Oh, geben Sie ihnen einfach die Küchenabfälle und ein wenig Heu, das gibt’s günstig beim Bauern am Ende der Hauptstraße. Der hat da so einen Biohof.“ Täuschte sie sich oder hörte sie Stolz in seiner Stimme? „Die Größte heißt Frieda, die schwarze Käthe und die braune Camilla.“ So wie er Mecklenburgisch schnackte, erinnerte er sie ein bisschen an Käpt‘n
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