Paula geht
Blaubär und wurde ihr gleich sympathischer.
Zwei Stunden später hatten sie alle größeren Stücke aus dem Sprinter ausgeladen. Paulas Nerven waren zum Zerreißen gespannt, denn alles ging im Schneckentempo. Herr Matussek hatte sofort das Kommando übernommen. „Mein Deern, lass mich man machen“, war das einzige, das er auf Paulas Anweisungen entgegnete. Trotzdem war sie ihm dankbar, denn alleine hätte sie es nicht geschafft.
„Darf ich Sie noch auf ein Glas Orangensaft einladen, der Strom geht leider noch nicht.“
„Nein, lassen Sie’s jut sein. Meine Alte wartet schon auf mich.“
„Oh, eine letzte Frage noch. Können Sie mir sagen, welche Stadtwerke hier zuständig sind? Wegen dem Strom.“
„Jo, rufen Sie in Penzlin an. Da kömmt zwar nich unser Strom her, aber die schalten ihn ein.“
„Vielen herzlichen Dank, Herr Matussek. Wenn ich mich hier ein bisschen eingelebt habe, dann trinken wir mal einen Kaffee zusammen.“
„Ein Doppelkorn wär mir lieber.“
Paula nickte. „Und schieben Sie’s auf mich, wenn Ihre Frau sauer ist.“
„Das werd ich, darauf können Sie sich verlassen.“
Paula ließ sich wieder auf den Küchenstuhl plumpsen. Das wäre geschafft. Jetzt musste sie nur noch den Sprinter abgeben. Ach nein, sie wollte ja noch Farbe kaufen, denn sie würde hier kein Auto zur Verfügung haben. Und die Stadtwerke. Sie griff ihr Handy und ließ sich über die Auskunft mit den Stadtwerken verbinden. „Hallo, hier spricht Paula Sommer. Ich habe das Haus von Frau Wermuth übernommen und wollte sie bitten, den Strom wieder anzuschalten.“
Sie gab ihre neue Adresse durch und hörte die Dame etwas am Computer tippen. „Der Strom wurde nicht abgeschaltet. Und da haben wir auch noch eine Rechnung über siebenundachtzig Euro.“
„Na, die geht dann wohl an den Enkel. Warten Sie, ich gebe Ihnen die Adresse.“ Nachdem das erledigt war, fragte sie noch: „ Und Sie sind ganz sicher, dass der Strom nicht abgemeldet wurde?“
„Gute Frau, schauen Sie mal am Sicherungskasten, vielleicht ist die Hauptsicherung rausgeflogen.“
„Danke für den Hinweis. Wiedersehen.“
Paula machte sich mit der inzwischen gefundenen Taschenlampe auf die Suche nach dem Sicherungskasten. Tatsächlich, der Hauptsicherungsschalter war unten. Sie drückte ihn vorsichtig nach oben, da zischte es ein wenig und ein dünner Rauchfaden kroch ihr entgegen. „Scheiße.“ Jetzt muss wohl doch ein Elektriker her, das fängt ja gut an.
Paula stieg ins Auto, um einen Baumarkt zu suchen, die würden ihr vielleicht auch einen Elektriker hier in der Gegend nennen können.
Zwei Stunden später fuhr sie mit drei Eimern Wandfarbe, vielen Rollen Raufaser-Tapete und Peter, dem Elektriker, wieder in der Weidenstraße vor. Er half ihr sogar, die Sachen hereinzutragen. Inzwischen war Paula so kaputt, dass sie nur noch an eine heiße Badewanne denken konnte. Danach würde sie in der Mediathek den schmalzigsten Fernsehfilm der Woche abrufen. Jawoll, das hatte sie sich heute verdient.
Während sie erneut mit Peter in den Keller stieg, dachte sie, wie unkompliziert es im Baumarkt gewesen war. Der Verkäufer dort hatte Peter, der ebenfalls einkaufte, einfach angesprochen. Das war doch toll, wenn jeder jeden kannte. In Frankfurt wäre das nicht denkbar gewesen.
Peter wackelte bedenklich mit dem Kopf und holte etwas aus seiner Jackentasche. „Also ich bau Ihnen jetzt die neue Sicherung ein. Allerdings sollten Sie den ganzen Kasten so bald wie möglich austauschen lassen, sonst kann Ihnen Ihr neues Haus jederzeit um die Ohren fliegen.“
„So schlimm?“
„Ich werfe oben noch einen Blick auf Ihre Elektrik, dann kann ich Ihnen das genauer sagen.“
Paula schlich hinter ihm die Treppe hoch. Peter musterte die altmodischen Lichtschalter, schaute sich die Steckdosen an, klopfte hier und da und zog ein Stück Kabel aus einem Loch in der Wand. „Bevor Sie hier renovieren, sollten Sie wirklich die Elektrik machen lassen und das sage ich nicht als Ihr zukünftiger Elektriker, sondern als Mensch, der Sie sympathisch findet.“
Paula wurde fünf Zentimeter kleiner. „Was schätzen Sie, was das kosten würde?“, fragte sie leise.
„Mit sechstausend Euro sollten Sie schon rechnen.“
„Und schwarz“, fragte sie kaum hörbar, ohne ihm dabei in die Augen zu schauen.
„Ich kenne da einen Polen, der ist nicht schlecht, den schicke ich Ihnen vorbei, der nimmt vielleicht die Hälfte. Aber ich muss Sie warnen, er isst noch mehr
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