Paula geht
innerlich schon verirrt ist, geht das äußerlich ganz schnell“, sagte Paula traurig.
Da spürte sie Svens Arme um sich. „Ich weiß, dass ich dir ganz schön was zugemutet habe die letzten Wochen.“
Paula konnte nur empört schnauben. „Ja, es war wohl eine heftige Zeit für alle Beteiligten. Dir müssen doch die Ohren geklingelt haben, so oft wie ich dich innerlich angefunkt habe.“
Sven wurde ganz ernst. „Stell dir vor, ich habe es tatsächlich gemerkt. Und ich weiß, dass ich deine Geduld auf eine harte Probe gestellt habe.“ Plötzlich kniete er sich vor Paula hin und sah sie bittend an: „Kannst du mir noch einmal verzeihen, dass ich so ein Sturkopf war?“ Das Licht der Taschenlampe zwischen seinen gefalteten Händen strahlte in den Himmel. Die Situation war einfach zu grotesk.
Paula musste lachen. „Nur, wenn du mich das nächste Mal mitnimmst, wenn du abhaust oder irgendetwas Privates zu erledigen hast. Sonst musst du ewig hier verharren, während deine Beine zur Strafe immer nasser werden. Da kann ich dann leider nichts für dich tun.“
Sven schaute sie immer noch schuldbewusst von unten an. „Heiliges Indianer-Ehrenwort, so soll es sein.“ Paula zog ihn hoch und endlich fanden sich ihre Lippen. Er küsste sie so heftig, dass ihre Zähne zusammenstießen. Sie hielten sich aneinander fest wie Ertrinkende. „Gott, was habe ich dich vermisst“, stöhnte er.
„Bene“, sagte Paula atemlos viele Küsse später, „wir müssen Bene suchen.“ Sie lächelte triumphierend. „Stell dir vor, wenn du mich aus diesem Wald raus bringst, habe ich eine Idee, wo er sein könnte.“
Sven sah sie überrascht an. Dann nahm er ihre Hand und ging mit so großen Schritten, so dass Paula kaum folgen konnte.
„Was machen wir denn hier?“, fragte Sven ungläubig, als sie den abgelegenen Hinterhof im Dorf betraten. „Wohnt hier ein Freund von Bene, den ich nicht kenne?“
Paula schüttelte den Kopf und registrierte befriedigt, dass ein Lichtschein aus dem Schuppen drang. Da hatte sie mit ihrer Vermutung doch richtig gelegen. Bene war einfach ein cleveres Kerlchen.
„Ich dachte, ich brauche auch ein kleines Geheimnis“, sagte sie schnippisch und registrierte befriedigt Svens verdutzten Blick. Sie freute sich, dass sie die Fenster nicht geputzt hatte, damit Sven nun nicht von außen hereinschauen konnte.
Paula öffnete leise die alte Tür und da saß der kleine Kerl seelenruhig im Schein der gelben Lampe und schnitzte und die Zunge tanzte zwischen seinen Zähnen mit. Sven blieb wie angewurzelt stehen. Als Bene sie sah, warf er in hohem Bogen sein Messer weg, das federnd in einer Holzdiele stecken blieb, und sprang auf Sven zu.
„Papa!“
Paula musste sich abwenden vor lauter Rührung. Dann wurde auch sie fast umgeworfen von seinem Ansturm und sie drückte ihn ebenfalls. „Wie ich sehe, hast du dich hier häuslich niedergelassen“, stellte sie fest und zeigte auf Benes Rucksack und seinen verschlissenen Pinguin, den er mit umgezogen hatte.
„Wenn ich nicht bei euch bleiben kann, dann wohne ich hier. Ich gehe nicht nach Frankreich, dass das klar ist“, sagte er trotzig.
Sven setzte sich und zog ihn auf seinen Schoß. „Jetzt komm erst einmal her, damit ich dir die gute Nachricht überbringen kann. Du kannst hier bleiben, bei mir – und Paula“, dabei sah er sie fragend an. Sie nickte schnell. „Es ist alles geklärt und wir brauchen keine Angst mehr zu haben, dass dich deine Mutter in ihr fremdes Märchenschloss holt.“
Bene seufzte erleichtert und hüpfte dann wie ein Gummiball durch die Werkstatt, wobei er jede Menge Staub aufwirbelte.
Dann bremste er abrupt ab: „Und ich will nicht mehr bei Carmen wohnen.“ Sven nickte: „Ich will auch mit dir zusammen wohnen.“
„Und mit Paula“, beharrte Bene.
Sven zögerte: „Wenn sie uns noch will?“ Paula nickte wieder so heftig, dass ihr Kopf noch nachwippte.
Sven trat zu Paula und gab ihr einen zarten Kuss. Seine Augen konnten zum Glück schon wieder blitzen. „Und jetzt bin ich dran mit fragen. Was ist das hier eigentlich?“
Paula lächelte verführerisch, griff neben sich in einen Haufen Sägemehl und streute ihn genussvoll über Svens Kopf. „Das sind die Flocken der Freiheit“, sagte sie möglichst würdevoll. „Ergreife sie, wenn du kannst.“
Und während draußen der Regen gegen die blinden Fenster prasselte, tobten innen drei Menschen glücklich und niesend im Sägespäne-Gestöber.
Paulas Zupfkuchenrezept
(der
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