Paula geht
sie noch mit ihrem Leben anfangen wollte.
Sie dachte an Herrn Hugendubel, der seinen Reichtum mit Immobilien gemacht hatte und doch noch so sympathisch war. Am Morgen, nachdem sie tatsächlich nicht aufgewacht war, als er zum Flughafen aufgebrochen sein musste, fand sie einen netten Zettel vor.
Liebe Frau Sommer,
es war ein schöner Abend mit Ihnen. Falls Sie mal etwas brauchen oder auch einfach so, würde ich mich freuen, wieder von Ihnen zu hören.
Johannes Hugendubel
Diesen Zettel würde sie gut aufheben, wer weiß, wann sie ihn nochmal brauchen würde.
Auf dem Küchentisch hatte sie ihre Schulungsunterlagen ausgebreitet. Einige Wochen war es ja schön gewesen, das Nichtstun. Aber so langsam brauchte sie auch mal wieder Gehirnfutter. Vor zwei Jahren hatte sie den Spleen gehabt, in ruhigen Nachtschichten auf die Heilpraktikerprüfung zu lernen. Sie hatte sich Bücher gekauft und viele der knackigen Prüfungsfragen aus dem Internet runtergeladen. Aber natürlich war die Idee in den Mühlen des Alltags zermahlen worden. Doch jetzt hatte sie richtig Lust, etwas Neues zu lernen, und die Unterlagen sehr vorausschauend nicht in ihre Kisten verpackt. Doch für heute war es genug.
Kapitel 2
Paula saß vor ihrem Laptop, neben sich eine Tasse Darjeeling. Das war nun schon das dritte komfortable Haus, das sie hütete. Es entsprach schon eher ihren wohnlichen Vorstellungen, aber natürlich war es mal wieder zu perfekt. Sie hatte Angst, auf dem großen weißen Tisch im Landhausstil Teeränder zu hinterlassen; so hatte sie ihren klobigen selbstgetöpferten Becher, ein Geschenk einer Patientin aus dem Krankenhaus, auf eine zarte Untertasse gestellt. Paula musste kichern. Wenn das die Frau des Hauses sehen würde. War es eigentlich normal, dass sie in letzter Zeit so viel lachen musste, auch wenn niemand dabei war? Na ja, schließlich hatte sie auch allen Grund zu lachen. Wieso nicht mehr Leute Housesitter wurden? Man kam rum, lernte viel über die abwesenden Menschen und konnte mit wirklich wenig Geld leben. Als Arbeit empfand sie ihre jetzige Tätigkeit auch nicht.
Der goldgelockte Cockerspaniel Herby legte sich auf ihre Füße. Sie kamen gut miteinander aus, nachdem sie ihm klar gemacht hatte, dass er nicht bei ihr im Bett schlafen durfte. So ließ es sich leben. Sie reckte sich, dass die Wirbel knackten. Jetzt wäre tatsächlich Zeit für ein bisschen Sport. Im Untergeschoss gab es einen Fitnessraum. Aber sie hatte gleich wieder die Tür zugemacht, diese Geräte waren einfach zu unheimlich. Bestimmt konnte man die nur nach Einweisung durch einen „personal trainer“ benutzen und für den hatte sie definitiv kein Geld. Aber vielleicht sollte sie heute Abend doch eine Runde schwimmen gehen und danach zur Belohnung die Sauna anwerfen. Schließlich war das hier alles im Preis inbegriffen.
Sie rieb sich die Augen und wandte sich wieder ihrer eigentlichen Tätigkeit zu. Wann hatte sie diese verrückte Idee zum ersten Mal im Kopf gehabt? Sie konnte sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern. Immer wieder sah sie tagsüber oder auch nachts in ihren Träumen ein kleines, weißgetünchtes Häuschen vor ihrem inneren Auge mit einem wunderschönen Bauerngarten davor. Jeder weiß, was Krankenschwestern verdienen, und die Nachtzuschläge waren regelmäßig für ihren Jahresurlaub draufgegangen, aber träumen darf man ja. Ihr Exmann hatte ihr neulich in einem ihrer sporadischen Telefonate erzählt, dass er gehört habe, es gäbe Häuser im Internet zu verschenken. Und jetzt war Paula seit Tagen auf der Suche nach diesen geschenkten Häusern. Nachdem sie bei eBay Listen von Häusern abgearbeitet hatte, die Makler schlicht aus Werbezwecken für null Euro eingestellt hatten – war das überhaupt erlaubt? –, und die ersten Bruchbuden aussortiert hatte, befand sie sich nun in einem Preissegment von fünf- bis zehntausend Euro. Ganz geschenkt musste es ja auch nicht sein. Und hier gab es schon so einige, die sich interessant anhörten.
Voll Tatendrang scrollte sie weiter durch die Angebote. „Gutshaus im Dornröschenschlaf“ – hörte sich prächtig an. Hoffentlich dauerte der noch keine hundert Jahre. Und wo verflixt liegt Löbejün? Parallel öffnete sie den Routenplaner auf Google Maps und ließ sich den Standort anzeigen. Aha, zwischen Gröbzig und Kleinmerbitz, hatte sie sich doch gleich gedacht. Nächstgrößere Stadt Köthen, Bundesland Sachsen-Anhalt, schlappe 424 km bis Frankfurt.
Sie lehnte sich auf dem
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