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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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Antrags kichernd.
    »Ist nicht Ihr Ernst.« Ich nahm zwei der kleinen schwarzen Papiertütchen heraus, obwohl ich der Lady am liebsten die gesamte
     Packung entrissen hätte. Herta nickte auffordernd, also nahm ich noch zwei weitere.
    Zu
Radiohead
schlief ich etwas später ein und träumte von Silke. Sehr viel später wurde ich von Applaus geweckt.
    »Was ist passiert?«, fragte ich verschlafen.
    »Wir sind gelandet«, erklärte Inge, die mitgeklatscht hatte.
    »Und warum wird da applaudiert?«
    Inge zog die Stirn kraus. »Da fragen Sie mich was. Mmh. Die Leute loben den Piloten für die gelungene Landung.«
    Ich dachte kurz an Nina, die das vermutlich tatsächlich so sah, und erwiderte: »Na ja, aber im Zug oder im Bus wird ja auch
     nicht geklatscht. Und im Taxi habe ich das auch noch nie getan.« Obwohl manch ein Taxifahrer Applaus dafür verdiente, es
trotz
seiner Voraussetzungen zum Fahrtziel geschafft zu haben, ergänzte ich im Geist. »Und auf Linienflügen …«
    »Ist Tradition«, mischte sich Herta ein. Und dann: »Aufstehen!«
    |40| Das Flugzeug hatte seine Halteposition erreicht, und wie ein Mann sprangen alle Reisenden auf, weshalb die meisten von ihnen
     mit eingeknickten Köpfen vor den eigenen Sitzen stehen mussten, da der Gang ziemlich schnell voll war. Die Gepäckfächer klapperten,
     manches fiel zu Boden. Mir blieb nichts anderes übrig, als ebenfalls aufzustehen, weil auch Inge und Herta drängten. Die beiden
     Busenwunder passten einfach nicht an mir vorbei.
    »Wir müssen doch sowieso auf das Gepäck warten. Was soll die Eile?«
    Herta sah mich entrüstet an. »Sie fliegen nicht oft in den Urlaub, oder?«
    An der Gepäckausgabe, die wir eine Viertelstunde später erreichten, tat sich überhaupt nichts, aber eine große Traube drängte
     sich an der Stelle, an der die Koffer aufs Band stürzen würden. Es setzte sich zehn weitere Minuten später in Gang, allerdings
     für eine ziemliche Zeit ohne Fracht. Ich zählte im Geist mit und errechnete, dass die Drängler am Ausgabestandort bestenfalls
     eine Minute sparten – so lange nämlich brauchte das Band für eine Umrundung. Die Koffer von Nina und mir kamen als Erste.
     Ich grinste, bei Nina tat sich nichts. Sie stand neben mir in einer Art katatonischer Flugangstschockfolgestarre, mit den
     Händen fest die Kosmetiktasche umklammernd. Ich zog die Koffer vom Band und verstaute sie auf dem Gepäckwagen. Hinter mir
     stritten zwei Familienväter lautstark um einen Hartschalenkoffer, der wie viele andere aussah. Nach meinem Eindruck stritten
     die jeweiligen Ehefrauen parallel mit. Der Händel intensivierte sich, als zwei weitere Koffer auf dem Band landeten, die dem
     Streitobjekt wie ein Ei dem anderen glichen.
    »Das kann ja heiter werden«, orakelte ich.
    Nina nickte stumm.

|41| 2.
    Draußen vor dem unspektakulären Flughafengebäude war es recht warm, aber nicht heiß – ein Eindruck, der sich im Nachhinein
     schlagartig änderte, als wir in den bereitstehenden Bus stiegen, den die Klimaanlage auf gefühlte zwölf Grad minus heruntergekühlt
     hatte und der gut zwei Dutzend Touristen zu diversen Unterkünften transportieren sollte. Auch im Bus, in dem höllenlaute spanische
     Folklore lief, wurde um die besten Plätze gekämpft. Wir landeten weit hinten, überraschenderweise neben Inge und Herta. Sie
     begrüßten mich wie einen ehemaligen Klassenkameraden, obwohl wir uns keine zwanzig Minuten vorher noch gesehen hatten. Ich
     bekam drei weitere Tütchen After Eight und schmatzte dankbar. Nina fror. Während ich sie dabei beobachtete, wie sie Luft in
     die Hände blies, hatte ich das starke Gefühl, dass wir irgendwas vergessen hatten, kam aber nicht darauf, worum es sich handelte.
     Herta zog ein riesiges Rätselmagazin aus der Tasche, wodurch sie meine volle Aufmerksamkeit gewann – wenn ich mich bei etwas
     auskannte, dann bei Kreuzworträtseln. »Wird ’ne Weile dauern«, erklärte sie kryptisch. Ich nickte aus reiner Geselligkeit.
    Es dauerte noch eine geschlagene Dreiviertelstunde, bis der Bus losfuhr, weil wir einen weiteren, leider verspäteten Flug
     abwarten mussten. Herta war von meinen Spezialkenntnissen ganz hingerissen (»Ist ja irre – Sie wissen, wie dieser Fluss in
     Afghanistan heißt!«), Nina fror immer noch, dann ging’s endlich los. Ich blickte gelegentlich von den Rätseln auf, die wir
     als Trio quasi im Minutentakt lösten, und fand schrecklich, was ich draußen entdeckte. Gran Canaria sah aus wie eine

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