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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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mutmaßte ich, wenn ich mir auch nicht wirklich sicher war. »Mehr wird nicht garantiert.«
    »Komm, wir suchen uns ein Restaurant.« Nina kippte ihr zweites Bier hinunter. »Oder, einfacher. Gleich eine Bar.«
     
    »Einer steigt mir sogar nach«, sagte Nina. Wir saßen in der Bar einer Hoteldiscothek, es war so laut, dass man sich gerade
     noch unterhalten konnte. Außer uns waren einige Marokkaner – ausschließlich männlichen Geschlechts – und eine Handvoll Touristen
     anwesend. Der Tanzbetrieb war noch nicht aufgenommen worden, es ging auf acht zu.
    »Dagegen gibt’s inzwischen Gesetze«, sagte ich und nippte an meinem Bier, Heineken für umgerechnet sechs Euro pro Flasche;
     Dirhams hatten wir auf dem Weg aus einem Automaten gezogen, per Kreditkarte, wahrscheinlich also mit Horrorgebühren. Hier
     würde ich meinen täglichen Spesensatz in Minutenschnelle aufbrauchen. Fünfundzwanzig Euro, wenn ich mich recht erinnerte.
Kakerlakenkacke
.
    »Ja, aber dafür müsste ich wissen, wie der Typ heißt und wo er wohnt. Wir haben uns in einem Restaurant getroffen und sind
     dann zu mir gegangen.« Ihr Gesichtsausdruck verriet, was dort geschehen war. »Die Mails und seine vermutlich erlogene Geschichte |120| haben jedenfalls nicht ausgereicht, um ihn zu identifizieren. Ich hab’s versucht.«
    »Und was macht er?«
    »Er beobachtet mich. Manchmal sehe ich ihn, wenn ich irgendwo rauskomme, aus einem Laden oder so, und er wartet offenbar auch
     vor dem Verlag auf mich. Da hätte ich ihn letztens fast erwischt. Aber leider eben nur fast.«
    »Wie hast du gesagt – Patienten und Psychopathen?«
    Sie nickte traurig. »Wir alle hoffen darauf, dass unter diesen versammelten Idioten auch ein paar Treffer sein müssen. Es
     ist eine Frage der Wahrscheinlichkeit.«
    Ich zog die Stirn kraus. »Na ja, aber dieser Treffer muss sich auch noch in dich verlieben – und umgekehrt. Damit reduziert
     sich die Wahrscheinlichkeit noch mal. Beziehungen
werden
pragmatisch, aber sie beginnen nicht auf diese Art.« Scheiße, ich hatte gerade meine eigene Geschichte mit Silke in einem
     Satz zusammengefasst.
    »Das ist nicht gerade was, um mir Mut zu machen«, nörgelte Nina, lächelnd, und winkte nach einem weiteren Drink. Sie war auf
     Wodka-Lemon umgestiegen, allerdings mit dreifachem Alkoholanteil, und davon bestellte sie gerade den dritten. Wir saßen seit
     zwanzig Minuten in diesem Laden.
    »Und warum hast du mit diesem Kerl … du weißt schon. Ficken, no?«
    »So weit kam’s zum Glück nicht.« Nina seufzte. »Sie blenden alle beim ersten Mal, und ich bin drauf reingefallen, obwohl es
     die goldene Grundregel gibt, niemals gleich nach dem ersten Date – na ja,
du
weißt schon. Er war verständnisvoll, sah eigentlich ziemlich gut aus, war dezent, fast elegant gekleidet, hat mir lange zugehört
     und sehr emphatische Fragen gestellt. Der ist es, habe ich gedacht. Als er sich dann auszog … ich weiß nicht, ob ich das erzählen
     will.«
    »Du musst nicht.«
    |121| Sie nickte dem Kellner dankbar zu, der den neuen Drink servierte.
    »Er trug rosa Socken, die fast bis zu den Knien hochgezogen waren, und einen bunten Schlüpfer, so einen, den man eher bei
     Kindern vermutet. Irgendein Comicmotiv.«
    »Ich glaube, heutzutage ist es sogar strafbar, sich Kinder auch nur in Schlüpfern
vorzustellen
«, warf ich ein, um die Situation aufzulockern, aber Nina reagierte nicht darauf.
    »Ich dachte da noch, okay, vielleicht hält er das für originell oder sogar witzig. Dann hat er mich ziemlich geradeaus aufgefordert,
     ihm einen zu blasen.« Sie sprach inzwischen mit ihrem Cocktailglas, aber ich konnte die Rötung ihres Gesichts von der Seite
     sehen. »Sein Ding war ganz klein und bläulich. Ich tue so was sowieso nicht, und ich kann auch kaum glauben, dass es Frauen
     gibt, die das gern tun. Aber bei ihm war es richtig widerlich. Als ich mich weigerte, ist er böse geworden. Ganz seltsam,
     wie ein kleiner Junge. Erst hat er geschrien, dann fing er an zu weinen. Ich habe meine Nachbarin geholt, aber als wir in
     meine Wohnung zurückkamen, war er wieder angezogen und tat, als sei nichts geschehen. Er ist auch ohne Probleme abgehauen,
     aber in der Tür hat er noch geflüstert, dass ich ihn brauchen würde, er wisse das ganz sicher. Das war richtig gruselig.«
    Ich nickte, was sie nicht sehen konnte, also legte ich meine linke Hand auf ihre rechte. Sie reagierte nicht, zog die Hand
     aber auch nicht weg.
    »Na ja, und er wusste dann

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