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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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Schrecken. Wahnsinn, oder? Hättest du vor zehn Tagen
     behauptet, dass ich so was mal sagen würde, hätte ich dir ’nen Vogel gezeigt.«
    |116| »Geht mir ähnlich«, sagte ich freundlich und dachte dabei an Steini.
    »Der Herr Womanizer.« Sie lachte und drehte sich zu den beiden Rostockern.
    »Ich habe ehrlich keine Peilung, woran das liegt.«
    »Soso«
, sie grinste und legte den Kopf auf die Seite.
    »Nein, wirklich. Ich meine, die sächsische Nymphe war eine Diebin …«
    Nina seufzte laut. »Gutaussehende Männer Mitte, Ende dreißig. Erfahren, aber noch nicht alt und immer noch offen für alles.
     Du passt exakt ins Beuteschema der überwiegenden Mehrheit der Frauen. Und genau in deiner Altersgruppe gibt’s die wenigsten
     Singles.«
    Ich zog die Augenbrauen hoch. »Hast du dir das gerade ausgedacht?«
    Sie schüttelte den Kopf, schien zu überlegen, ob sie mir etwas Intimes mitteilen könnte. Sie entschied sich dafür. »Seit fünf
     Jahren betreibe ich Partnersuche per Internet. Ich hatte, glaube ich, über hundert Dates. Und ich habe mit einigen Frauen
     Kontakt gehabt, die auch in Singlebörsen – was für ein dämliches Wort! – unterwegs sind. Es ist immer dasselbe. Auf den ersten
     Blick sind einige Typen ganz brauchbar, aber früher oder später entpuppen sie sich als die letzten Idioten, sind verheiratet,
     auf der Suche nach abartigem Sex oder inzwischen so einsam, dass sie schon bei den simpelsten gesellschaftlichen Anforderungen
     versagen. Davon abgesehen gibt es inzwischen so viele Ratgeber und Foren, dass sich sogar die Hirnis bei den ersten Treffen
     richtig professionell verhalten, so dass man beinahe auf sie hereinfällt.«
    »Warum gibst du dir diesen Schwachsinn dann?«
    Sie stöhnte. »Was soll ich sonst machen? Die meisten Beziehungen ergeben sich am Arbeitsplatz – soll ich mit Party-Ralle oder
     diesem verhaltensgestörten Pfennigfuchser Soller was anfangen?«
    »Der ist außerdem verheiratet.«
    |117| »War nur ’n Witz.«
    »Ja, aber es gibt doch noch andere Möglichkeiten. Vereine, Tanzschulen, äh …« Mehr fiel mir nicht ein.
    »Du hast echt keine Ahnung. Aber du bist ja jetzt selbst Single. Wirst schon erleben, wie das heutzutage abgeht.« Sie sah
     auf die Uhr. »Ich hab Hunger. Machen wir uns fürs Abendessen fertig, okay?«

|118| 2.
    Immerhin gab es keine Gruppeneinteilung für das Abendessen, dafür war das Hotel auch zu klein, aber als wir zum Buffet kamen,
     wurde mir klar, warum Kevin und Robby gelacht hatten. Es gab gelbgrünen Blattsalat, eine große Suppentonne, aus der es roch,
     als wäre der Inhalt vor Jahren von einem Nasenamputierten zubereitet worden, zwei Sorten zerfallende Nudeln, die sich nicht
     erkennbar unterschieden, aber leicht nach Fisch rochen, und eine große Schüssel mit brauner, fettäugiger Soße, in der zerfetzte
     Fleischstücke schwammen. Neben uns beiden gab es nur sieben oder acht Gäste, die sich im eher jugendherbergsmäßig ausgestatteten
     Speiseraum verloren. Sie aßen schweigend von halbleeren Tellern.
    »Ist das ein Witz?«, fragte Nina und wies auf die Nudeln. Ich war gerade dabei, die Lebendversion des Fleischs zu eruieren.
     Letztlich hätte es auch Fisch sein können – oder irgendwas anderes; ich kannte mich in der marokkanischen Küche nicht aus,
     vielleicht handelte es sich um Reptilien oder essbare Insekten, zum Beispiel marokkanische Speisekakerlaken (ich notierte
     mir im Geist, diese Formulierung irgendwann zu verwenden). Ich kleckste mir ein paar Nudeln auf den Teller, übergoss sie mit
     der Soße und legte zwei Stücken Fleisch an den Rand, möglichst weit von den Nudeln entfernt.
    »Vielleicht ist es an den Anreisetagen aus organisatorischen Gründen … reduzierter«, schlug ich vor.
    »Heute ist Montag.«
    »Stimmt auch wieder.«
    Da kein Koch oder Kellner zu sehen war, ließ sich die Frage nicht klären. Ich entnahm der sehr eingeschränkten Getränkeauswahl |119| eine Flasche Mineralwasser, Nina griff sich zwei Bier aus dem Kühlschrank.
    Es schmeckte unterirdisch. Die Nudeln hatten tatsächlich ein leichtes Fischaroma, auch diejenigen, die nicht von Soße benetzt
     waren, und die Fleischsorte ließ sich auch am Geschmack nicht ermitteln. Ich aß widerwillig die Hälfte meiner ohnehin kleinen
     Portion, mied aber das Vielleicht-Fleisch; Nina beließ es bei einigen Bissen.
    »In Deutschland würde man einen Koch erschießen, der so was abliefert«, murmelte Nina.
    »Es soll zweifelsohne was zum Essen sein«,

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