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Pausen tun uns gar nicht gut

Pausen tun uns gar nicht gut

Titel: Pausen tun uns gar nicht gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bennecke,Jürgen
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haben,
weil das Ziel der Pilgerreise vor Augen war. Wir aber sehen nicht die
Kathedrale von Santiago. Ein wenig ernüchternd stellen wir uns
die Frage, was wir mit dem angebrochenen Tag nun anfangen. Fast alle Pilger
bleiben hier und wollen in den frühen Morgenstunden in die Stadt hineingehen.
Wir in unserer Ruhelosigkeit wollen um 14:00 Uhr aber noch nicht halt machen.
Ja, wenn jetzt ein alter Pilgerbekannter vorbeikommen würde, dann könnte man
uns eventuell überreden, noch einen fröhlichen Abend im „Massenrefugio” von Monte
do Gozo zu verbringen. Aber es ist kein bekanntes Gesicht zu sehen,
obwohl es von Pilgern nur so wimmelt. Das ist ein Zeichen für uns, wir gehen
die 5 km immer bergab bis nach Santiago hinein.
    Nach einer guten Stunde
erreichen wir die Altstadt, und bald stehen wir auf dem Kathedralsplatz. Vor
uns steht sie nun, dieses imposante Bauwerk mit seinen vielen Seitenschiffen,
die in alle Himmelsrichtungen angelegt sind.

     
    Der
heilige Jakobus steht als Statue hoch oben über dem Vordereingang.

     
    Wir gehen noch nicht hinein,
dieses Erlebnis heben wir uns für den Gottesdienst am nächsten Tag auf. Wir
streichen interessiert um die Kathedrale, die hier seit fast 1000 Jahren steht.
Wir betrachten sie im Sonnenschein, und jetzt weiß ich es ganz genau, hier zu
stehen war das Ziel unserer Reise. Diese Hunderte von Kilometer waren der
eigentliche Zweck, unsere Erfüllung. Unglaublich wie viele Menschen,
Landschaften und Erlebnisse diesen Weg für uns geprägt haben. Unser Weg führt
uns in die Pilgerbehörde in der Nähe des Gotteshauses. Vor uns sitzen zwei
junge Damen und kontrollieren unseren Credencial, ob wir auch alle notwendigen
Stempel aufweisen können. Nach einem kurzen, kritischen Blickkontakt stellen
die beiden Damen lächelnd unsere Compostela aus. Wir haben es von nun an schriftlich,
dass wir anerkannte Pilger sind.

     
    Wir verlassen das Pilgerbüro
und mein Handy klingelt. Unsere Tochter Helen hat als angehende Hebamme gerade
ihre Prüfungsgeburt hinter sich. Zufall oder Fügung?
    Wir suchen uns eine kleine
Pension unweit der Kathedrale und stehen gleich nach der wohltuenden Dusche
wieder vor dem Heiligtum und atmen die Atmosphäre tief in uns ein. Ich versende
gerade eine Unmenge an Handy-Kurzmitteilungen, in denen ich Freunden unsere
Ankunft mitteile, da finden sich Wolfgang und Angelika auf diesem Platz ein,
und wir machen sie auf uns aufmerksam. „Ich habe es ganz genau gewusst, dass
ihr hier seid”, sind Wolfgangs Worte, und gemeinsam suchen wir für die beiden
noch ein Zimmer in dieser von Pilgern überlaufenden Stadt. Das Abendessen und
die Flasche Wein runden den unvergessenen Tag ab. Im Bett reden wir noch
ausgiebig über diese Wochen und sind froh über jede Erfahrung, die wir machen
durften. Auch wir haben gelernt und wissen, das man immer an sich und der
Partnerschaft arbeiten muß.
     
     
    20.06.2009

Santiago de Compostela
     
    Eine kurze Nacht geht zu Ende.
Kurz, weil der Austausch unserer Gedanken zum Fließen gekommen ist. Unser
Zusammengehörigkeitsgefühl ist gewachsen und das Wissen, etwas ganz Großes
geleistet zu haben, macht stolz. Aber heute soll noch ein weiterer Höhepunkt
folgen, der Besuch des Pilgergottesdienstes in der Kathedrale dieser Stadt.
    Nach einem guten Frühstück und
noch einmal das Gotteshaus von außen bewundernd nehmen wir ab 10:30 Uhr im
Innern der Kathedrale Platz. Obwohl noch über eine Stunde Zeit, ist es
inzwischen so gefüllt, dass wir nach einem Sitzplatz suchen müssen. Die alten,
ehrwürdigen Mauern lassen wir auf uns wirken und lesen Wissenswertes vom Bau
dieses Hauses in einem Faltblatt, das in mehreren Sprachen ausliegt. Eine
geduldig wartende Menschenschlange bildet sich vor der Treppe zum Hochaltar und
macht Heidi neugierig. Dort oben befindet sich die Statue des heiligen Jakobus,
die so viele Menschen in ihren Bann zieht. Jeder tritt einzeln an die Statue
heran, umarmt sie von hinten und legt seine Stirn an sie. Man verharrt einen
kurzen Augenblick und verlässt den Hochaltar auf der anderen Seite. Der nächste
Weg führt eine Treppe abwärts zum silbernen Sarkophag des Apostels. Wahrheit
oder Legende? Hat Jakobus hier wirklich seine Ruhestätte gefunden? Als Heidi
wieder zurückkehrt, erzählt sie mir von einem empfundenen elektrischen Schlag
in dem Moment, als sie ihre Stirn an die Statue gelegt hat. Etwas ungläubig
aber durchaus interessiert reihe auch ich mich in die Schlange der Gläubigen.
Als ich vor der

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