Pausenbrot und Pradatasche: Roman (German Edition)
wir kommen. Hatte fast Mitleid mit ihr, da sie sich so darauf zu freuen schien, uns zu sehen. » Das ist wunderbar, Schatz«, meinte sie. » Wir können es kaum erwarten.«
Habe den Verdacht, dass sie im Ausland unter Menschen, die keinen echten irischen Tee kennen, womöglich schrecklich einsam ist. Bin froh über die Gelegenheit, sie emotional zu unterstützen– wenigstens für eine Weile.
Joe ist begeistert darüber, dass wir verreisen.
» Es wird sicher schön, zusammen die Zeit zu genießen«, sagte er und kuschelte sich vor der Spüle an meinen Rücken, während ich versuchte, Kartoffeln zu schälen, ohne mich zu schneiden. » Wenn deine Eltern die Kinder hüten, können wir alleine essen gehen.«
Habe ihm verschwiegen, dass Mum und Dad offenbar jeden Abend irgendeine wichtige gesellschaftliche Verpflichtung haben. Habe so meine Zweifel, ob sie darauf verzichten wollen, um uns zweite Flitterwochen zu ermöglichen.
PS: Bin zu dem Schluss gekommen, dass es wirklich ein Segen ist, im einundzwanzigsten Jahrhundert zu leben. Durch den Preiskampf sind Auslandsflüge so günstig geworden, dass Fernreisen– zum Beispiel nach Lagos– auch für Normalbürger erschwinglich sind. Frage mich, wie ich Katie und Jack vermitteln soll, welches Glück sie haben, in eine Zeit des Wohlstands und wirtschaftlichen Wettbewerbs hineingeboren zu sein. Sollte uns vielleicht eine Lexikonreihe anschaffen, anstatt den Vertreter zu veräppeln, wenn er das nächste Mal vor der Tür steht.
19. Oktober
Glaube, ich habe den einsamen Vater und seine Geliebte/Muse Marita heute auf der Straße gesehen. Es war schwer festzustellen, weil sie einander gerade leidenschaftlich umarmten. Allerdings war es eindeutig Rodney, der Sohn des einsamen Vaters, der sie fröhlich johlend umkreiste. Dieses aggressive und gestörte Verhalten würde ich überall erkennen. Außerdem hatte ich Maritas Markenzeichen, die grellrosanen Kunstnägel aus Acryl, im Blick. Habe beobachtet, wie sie durch die dunklen Locken des einsamen Vaters glitten.
Eindeutig Schock erlitten. Bin nämlich ins Einkaufszentrum gefahren, ohne zu wissen, wie. Dort mit dem merkwürdigen Gefühl, den eigenen Körper zu verlassen, roboterhaft zu Starbucks marschiert und einen Schokomuffin mit extra viel Sahne bestellt. Wollte gerade in den Muffin beißen, als ich vor einem Zeitungskiosk in der Nähe eine schlanke Oprah auf der Titelseite der neuesten O bemerkte. Sie schien mich zu verspotten. Konnte beim Kauen tatsächlich hören, wie sie mir einen Vortrag darüber hielt, dass ich meine Gefühle hinunterschlucke. Bin dennoch sicher, dass ich das Richtige getan habe. Zucker ist gut gegen Schockzustände.
PS: Anruf von Louise. Sie hatte Fragen zum Thema Stilleinlagen und nässende Brüste. Habe ihr Gerede über mich ergehen lassen. War in Gedanken beim einsamen Vater und dabei, wie er mich angesehen hat, als ich den einzigen Push-up-BH trug, den ich besitze.
20. Oktober
Hatte letzte Nacht einen scheußlichen Traum. Jamie Oliver bereitete hausgemachte Pizza und Smoothies für Dutzende von Kindern vor, die fröhlich mit einer Pappmachépuppe durch sein Loft im East End tollten.
» Nur Fast-Food ist schuld daran, wenn eine Gesellschaft in die Fettleibigkeit abgleitet, richtig?«, rief er, während er letzte Hand an eine traumhafte dreistöckige Geburtstagstorte legte, die er aus Vollkornmehl und Rosenwasser gebacken hatte. Währenddessen fettete Katie eine Muffinform ein und sah mich anklagend an. » Sie sollten am Geburtstag Ihres Kindes ein Picknick veranstalten«, fuhr er fort. » Kinder müssen sich im Park austoben und anschließend etwas Gesundes essen, nicht zermahlene Hoden und Schwarten.«
» Aber Chicken-Nuggets enthalten inzwischen echtes Hühnerfleisch!«, rief ich verzweifelt. » Haben Sie die neuen Werbespots nicht gesehen?«
Als Katie mir den Rücken zukehrte, kamen die anderen Kinder auf mich zu. Sie schwenkten die Stöcke, mit denen sie die Pappmachépuppe angetrieben hatten, drohend in ihren schmutzigen Händen. Aufgewacht und Joe von meinen Zweifeln in Sachen Kinobesuch berichtet.
» Bitte, Susie, wir wollen mit ihnen ins Kino gehen«, bettelte er, als ich andeutete, zu Hause eine Meerjungfrauen-und-Piraten-Party zu veranstalten wäre vielleicht doch nicht die absolute Hölle. » Geben wir das Geld einfach aus.«
Hat so verzweifelt gewirkt, dass ich mich erweichen ließ. Schließlich wird die Ökomutter nicht da sein, um mich und meine lasterhafte Lebensweise zu
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