Pausenbrot und Pradatasche: Roman (German Edition)
Mädchen in TV7 hat gesagt, Frauen sollten ab einem gewissen Alter keine schwarzen Oberteile mehr anziehen«, fuhr sie fort, ohne auf mich zu achten. » Schwarz macht nämlich alt. Meiner Ansicht nach bist du eher ein Herbsttyp.«
Sie verspeiste ein Stück vom mitgebrachten Teekuchen und musterte mich dabei von Kopf bis Fuß.
» Und welche Farben stehen mir am besten, Oma?«, fragte Katie.
» Du, mein Kind, bist eindeutig ein Frühlingstyp«, erwiderte Mrs H. und kramte in ihrer Handtasche nach einem Schokoriegel. » Das heißt, zu dir passen hübsche bunte gedeckte Farben. Deine Mutter könnte keine Pastelltöne tragen. Wohl eher Braun, vielleicht sogar ein dezentes Grau.«
Katie marschierte hinaus, glücklich, weil sie weiter problemlos in Rosa herumlaufen kann. Mir auf die Zunge gebissen.
Später Joe erzählt, seine Mutter bereue offenbar einige ihrer Lebensentscheidungen.
» Wahrscheinlich deshalb, da sie zurzeit eine Pechsträhne im Bingo hat«, antwortete er und schaufelte dabei chinesisches Essen vom Heimservice in sich hinein. » Ihre Erzfeindin Mrs Murphy hat in den letzten drei Wochen praktisch jedes Spiel gewonnen. Die Konkurrenzsituation nagt an ihr.«
Darüber nachgedacht und währenddessen beobachtet, wie Jack versuchte, einen Löffel gebratenen Reis mit Huhn in den Mund zu stecken, und grandios daran scheiterte. Bin nicht sicher, ob ich Joes Urteil zustimme. Bingo könnte der Auslöser gewesen sein. Vermute allerdings schwerwiegendere Hintergründe. Immerhin wäre sie letztes Jahr beinahe in den Alkoholismus abgerutscht. Möglicherweise hat sie ja eine Krise und könnte jederzeit außer Kontrolle geraten. Oder sie nimmt ihre Wechseljahreshormone nicht mehr. Schwäche zu zeigen ist nämlich sehr ungewöhnlich für sie.
22. Januar
Heute wieder Besuch von Louise. Sie war unterwegs in den Park zu ihrer täglichen Runde von fünf Kilometern. Hätte mich beinahe totgestellt. Wenn ich mir noch einen Vortrag zu dem Thema anhören muss, wie toll Gewichtsmanschetten an den Knöcheln für die Wadenmuskulatur sind, ziehe ich ihr ihre Flasche mit Energiebrause über den Schädel. Glaube, sie ist im Begriff durchzudrehen. Sie hat nämlich den abstrusen Plan, Umstandsmode für Karrierefrauen zu entwerfen und zu vertreiben.
» Eine wundervolle Idee und so einfach!«, begeisterte sie sich und machte dabei Aufwärmübungen. » Als ich mit Dargan schwanger war, hatte ich ein echtes Problem, schicke, elegante Umstandskostüme zu finden. Der Markt ist da. Man braucht ihn nur anzuzapfen.«
Habe geantwortet, ich fände den Einfall ebenfalls prima, allerdings nur mit halbem Ohr zugehört. War zu sehr damit beschäftigt, das Telefon zu beobachten und mich zu vergewissern, dass Jack nicht wieder den Stecker rausgezogen hat.
23. Januar
Mögliche Gründe, warum die Sekretärin des Fernsehproduzenten nicht angerufen hat, um einen Termin für ein Bewerbungsgespräch zu vereinbaren:
Sie hat aus unerklärlichen Gründen meine Telefonnummer verlegt.
Sie ist schwer erkrankt und zusammengebrochen und liegt jetzt im Koma.
Die Sendung ist aufgrund unvorhergesehener Ereignisse auf Eis gelegt worden– Dee und Fran könnten sich ja entzweit und einander die Augen ausgekratzt haben.
Ein Computervirus hat sich über die Telefonanlage und das Computernetzwerk von TV7 hergemacht.
Habe zwar nichts dergleichen in den Nachrichten gehört, aber vermutlich halten sie es vor der Öffentlichkeit geheim. Schließlich würde eine Massenpanik ausbrechen, wenn sich die Befürchtung ausbreitet, die neuen Folgen von EastEnders könnten in dem Tohuwabohu verschwunden sein.
PS: Ein neuer Gedanke: Vielleicht verdiene ich ja ein Vermögen, wenn ich die Gazette anrufe und melde, dass es bei TV7 drunter und drüber geht. Frage mich, wie viel sie wohl heutzutage für exklusive Enthüllungen zu zahlen bereit sind. Müsste wahrscheinlich ein bisschen schrägen Sex und ein verruchtes Dreiecksverhältnis dazu erfinden, um richtig abzusahnen.
24. Januar
Morgen habe ich einen Termin bei dem wichtigen Produzenten Mike! Heute Vormittag rief Elaine, seine Privatsekretärin, an und teilte mir mit, das Vorstellungsgespräch fände um zehn Uhr statt.
» Äh, zehn… das ist ein bisschen früh«, stammelte ich. War außer mir wegen der kurzfristigen Benachrichtigung.
» Sie können kommen oder es bleiben lassen«, gab sie patzig zurück. » Einen anderen Termin hat er nämlich nicht frei.«
Eine offene Drohung hing in der Luft.
» Ich komme«, erwiderte
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