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Peacemaker

Peacemaker

Titel: Peacemaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Gordon
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eine moderne Legende. Und jetzt wusste sie nicht nur, wie er wirklich hieß und aussah. Er befand sich auf ihrer Bohrinsel und bedrohte ihr Leben.
    »Bitte signalisieren Sie, dass Sie mich verstanden haben, Madam.«
    »Ich verstehe Englisch«, erwiderte sie, »falls Sie das meinen.«
    Jemand schlug ihr mit der Faust in die Magengrube. Sie würgte und wäre fast vornübergekippt, schaffte es jedoch, sich aufrecht zu halten.
    »Sie denken anscheinend, dass Flapsigkeit nicht in Konflikt mit unseren Zielen kommt«, sagte Abu Nasir. »Mit dieser Einschätzung liegen Sie allerdings falsch. Haben wir uns verstanden?«
    Sie nickte.
    »Ausgezeichnet.«
    Die Haube wurde entfernt. Sie blinzelte und stellte fest, dass sie sich in der Kantine befand und ihr drei Halogen-Arbeitslampen ins Gesicht leuchteten. Als sie die Augen zusammenkniff, um die silhouettenhaften Terroristen deutlicher erkennen zu können, sah sie jemanden auf sich zukommen, dessen Äußeres immer klarer wurde, je näher er kam. Der Mann trug ein akkurat gefaltetes Quadrat aus leuchtend gelbem Material, das er in ihre Richtung schleuderte, wobei es sich teilweise entfaltete. Es handelte sich um einen Overall.
    »Ziehen Sie das an.«
    Kate gab keine Antwort.
    »Wenn Sie es nicht selbst tun, tue ich es für Sie.« Seine Stimme klang monoton und nicht kompromissbereit. Sie hob den Overall auf und sagte: »Ich brauche was, wo ich mich umziehen kann.«
    »Das haben Sie bereits. Hier.«
    Sie hielt seinem Blick einen langen, herausfordernden Moment stand, dann schleuderte sie ihre Schuhe weg, machte ihren Rock auf und ließ ihn zu Boden gleiten. Anschließend knöpfte sie ihre Bluse auf und zog sie aus, bis sie nur noch in Unterwäsche dastand. Dabei sah sie Abu Nasir unentwegt in die Augen. Auch er wendete kein einziges Mal den Blick von ihrem Gesicht ab, nicht einmal für einen flüchtigen Moment voyeuristischer Neugier, wie ihr halbnackter Körper aussah. Sie stieg in den Overall, schob die Arme in die Ärmel und zog dann ihre Schuhe wieder an.
    Als sie den Reißverschluss des Overalls zuzog, nickte Abu Nasir dem Mann unmittelbar hinter ihm zu, der daraufhin einen Monitor auf einem dreibeinigen Stativ auf sie richtete. Auf dem Bildschirm waren die Worte »Mein Name ist Kate Murphy« in Großbuchstaben zu sehen. An einer zusätzlichen Halterung an dem Stativ war eine Videokamera montiert. »Sie brauchen nicht mehr zu tun, als von diesem Teleprompter abzulesen wie die verlogenen Politiker in Washington.«
    »Nein.«
    »Gut. Dann schießen wir Ihnen in den Kopf. Ich bin sicher, Botschafter Stearns wird die Erklärung gerne vorlesen.«
    Kate gab sich Mühe, durch ihre wallenden Emotionen zu navigieren. Wut, Angst, Erniedrigung. Welche Erklärung auch immer er sie vorlesen lassen wollte – lohnte es sich tatsächlich, dafür zu sterben? Vermutlich nicht. Vor allem deshalb, weil jeder, der sie sah, sich darüber im Klaren sein würde, dass sie sie unter Zwang vorgelesen hatte. »Okay«, sagte sie schließlich, ihre Stimme nicht mehr als ein Flüstern.
    »Sehen Sie, wie einfach das war?« Abu Nasir deutete auf den Mann, der den Monitor bediente. »Wenn er Ihnen ein Zeichen gibt, fangen Sie an zu lesen.«
    Der Mann deutete auf Kate, und sie begann zu lesen, wobei sie sich Mühe gab, ihre Stimme möglichst ausdruckslos klingen zu lassen.
    »Mein Name ist Kate Murphy«, las sie. »Ich bin für die Obelisk verantwortlich, die sich momentan in der Hand von Abu Nasir befindet.« Als Kate den nächsten Paragraphen des Lauftexts las, geriet sie ins Stocken, und ihr Mund wurde trocken.
    Sie sträubte sich dagegen fortzufahren, hatte aber keine andere Wahl, wenn sie nicht an Ort und Stelle sterben wollte. Ihre Stimme klang in ihren Ohren dünn und zittrig, als sie erneut ansetzte, die Erklärung noch einmal von vorne zu lesen begann und dieses Mal weiterlas, wo sie zuvor aufgehört hatte.
    Als Gideon zehn Jahre alt war, hatten sich er und Tillman aus Hickory-Holz Speere geschnitzt, deren Spitzen mit Klappmessern geschärft und ein selbst erfundenes Spiel namens »Spartaner« gespielt. Die Regeln waren einfach: Man stellte sich etwa dreißig Meter voneinander entfernt auf und schleuderte seinen Speer auf den anderen. Wer dem Speer des anderen ausweichen musste, hatte verloren.
    Da Gideon zwei Jahre jünger war als Tillman, konnte er nicht ganz so weit und ganz so zielgenau werfen wie sein Bruder. Deshalb verlor er meistens.
    An einem frischen Herbsttag schleuderte er seinen Speer,

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