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Peacemaker

Peacemaker

Titel: Peacemaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Gordon
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dem Krachen eines Donners glich.
    Er stürmte nach oben, fand Halt mit den Händen, dann mit den Füßen, wobei die Milchsäure, die sich in seinen Muskeln aufbaute, seine Beine heftig zittern ließ. Schneller, ermahnte er sich. Beeil dich.
    Das Donnern wurde lauter, baute sich immer mehr auf. Gideon hastete bergauf und wartete darauf, Gewehrfeuer zu hören, das allerdings noch immer ausblieb. Dann wuchtete er sich über die Kante und brach zusammen. Seine Brust hob und senkte sich, als er versuchte, seine Lunge mit Luft zu füllen.
    Unter ihm verebbte das Donnern, bis er nur noch seinen unregelmäßigen Atem hörte. Die Luft hier oben war dünner. Eine sanfte Brise kühlte sein Gesicht.
    Schließlich spähte er über die Kante und warf einen kurzen Blick nach unten, um sich ein Bild zu machen, wo seine Verfolger waren.
    Niemand war zu sehen. Nur eine riesige Staubwolke. Einen Moment lang konnte er sich keinen Reim auf das machen, was er sah, doch dann wurde ihm klar, was passiert war. Er hatte einen Erdrutsch verursacht. Und keinen kleinen. Die Felsbrocken, die er ins Rollen gebracht hatte, hatten eine seismische Kettenreaktion ausgelöst, die dafür gesorgt hatte, dass ein großer Teil des Berghangs abgerutscht war. Zig Tonnen Fels waren nach unten gestürzt und hatten die sechs Männer unter sich begraben, die ihn hatten töten wollen.
    Er stellte fest, dass er sich an jedes Detail seiner Flucht die Felswand hinauf erinnerte, an jede Empfindung, jeden Gedanken, und ihm wurde bewusst, dass er dabei keinen einzigen moralischen Zweifel gehegt hatte. Was war aus den pazifistischen Idealen geworden, auf die er sich nur einen Tag zuvor bei seiner Rede vor den Vereinten Nationen berufen hatte? Kein einziges davon war ihm auch nur in den Sinn gekommen. Genau genommen empfand er jetzt dasselbe Hochgefühl, das er auch schon auf dem Fluss empfunden hatte, als er den Männern, die ihn mit dem Boot verfolgt hatten, die Stirn geboten und sie unschädlich gemacht hatte. Er hielt sich die Hände vors Gesicht und spreizte die Finger. Sie zitterten nicht. Ein Wohlgefühl legte sich über ihn wie eine warme Decke, die er jedoch rasch abschüttelte. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um zu grübeln. Es war Zeit zu handeln. Um moralische Bedenken konnte er sich später kümmern.
    Als er den Anblick betrachtete, der sich unter ihm bot, wurde ihm bewusst, dass der Felsrutsch nicht nur seine potenziellen Killer ausgelöscht hatte. Er hatte auch den Pfad zerstört.
    Gideon hatte einen Punkt überschritten, an dem es kein Zurück mehr gab. Entweder er schaffte es, Kampung Naga zu erreichen, oder er starb bei dem Versuch.
    Jenseits des Trümmerhaufens wand sich der Fluss in Richtung Horizont – eine leuchtende Schlange, die das Licht der tief stehenden Sonne reflektierte. Ihm blieben nur noch wenige Stunden, bis er sich eine Stelle zum Übernachten würde suchen müssen. Er erhob sich, staubte sich ab und machte sich auf den Weg in den Dschungel. Doch irgendetwas nagte an ihm, spukte ihm im Hinterkopf herum. Was auch immer es war, er konnte es nicht genau definieren. Und er hörte auf, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, als er den Dschungel betrat und feststellte, dass er nicht allein war.
    Mehrere Männer standen im Halbkreis vor ihm. Ihre Gesichtsfarbe war dunkler als die der Mohanesen, die ihm bislang begegnet waren, und ihr Haar war lockiger und dichter. Einer der Männer, der älteste von ihnen, trug ramponierte Tennisschuhe. Die anderen waren nur mit Nylon-Fußball-shorts bekleidet und barfuß. Alle waren mit Speeren bewaffnet, die sie auf seine Brust richteten.
    Der Mann mit den Schuhen rief ihm irgendetwas zu.
    »Schon gut, Leute«, sagte Gideon mit ruhiger Stimme und hob langsam die Hände. »Ich bin nicht bewaffnet.«
    Der Mann bellte ihn weiterhin an, und bald stimmten andere mit ein. Obwohl Gideon sie nicht verstand, wurde ihm klar, was ihm zuvor keine Ruhe gelassen hatte. Die Stimme, die von unten an sein Ohr gedrungen war, als er den Erdrutsch ausgelöst hatte. Die Stimme, die geschrien hatte: »Lauf!«
    Einer der Männer, die versucht hatten, ihn zu töten, hatte Englisch gesprochen.
    Den Männern, die Gideon jetzt umzingelten und ihre Speere schwenkten, war seine Erkenntnis allerdings völlig egal.
    VIERZEHNTES KAPITEL
    Kate saß auf dem Boden, die Hände auf dem Rücken gefesselt. Die Geiseln waren in die Gästekabine auf dem B-Deck gesperrt worden, die eigentlich für Cole Ransom vorgesehen gewesen war. In der

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