Peacemaker
hatte einen Durchmesser von zweieinhalb Metern.
»Was ist das?«, fragte er.
»Eine Rettungsinsel. Sie besitzt einen schweren Kiel, sodass sie auch bei extremem Seegang nicht kentert. Die Ei-Form verleiht ihr eine enorme Stabilität. Außerdem ist sie mit einem Transponder, mit Signalfeuer, mit einem Funkgerät und mit Nahrung und Trinkwasser für fünfzehn Personen und fünf Tage ausgestattet. Und da befindet sich ein Schaubild der Bohrinsel.«
An der Wand hing ein Schaubild der Obelisk, das mit roten und grünen Pfeilen versehen war, die das richtige Verhalten im Brandfall illustrierten und Fluchtwege zeigten. Kate fuhr mit einem schlanken Finger über einen Teil des Schaubilds. »Das hier ist das D-Deck, die unterste Ebene der Bohrinsel über der Wasseroberfläche. Die Stützpfeiler der Bohrinsel bestehen aus Stahlbeton. Sie enden hier auf Höhe des D-Decks, und der Oberbau der Bohrinsel wird darauf von sehr großen Schrauben gehalten. Wenn eine Bombe diese Schrauben beschädigen würde, bräuchte man nicht die ganze Bohrinsel zu sprengen. Der Oberbau würde unter dem Druck der Wellen von den Stützpfeilern abscheren.«
»Und dann würde die Bohrinsel ins Meer rutschen«, sagte Gideon. Sie nickte grimmig.
»Zeigen Sie mir, wo sich diese Schrauben genau befinden.«
Gideon betrachtete die Stelle auf dem Schaubild, auf die Kate zeigte, einen mit »D-4« bezeichneten Raum. »Das ist auf der anderen Seite der Bohrinsel, richtig?«
»Auf der Bohrplattform, ja.«
Gideon warf einen Blick auf die schmale Stahlbrücke, die den Teil der Bohrinsel, auf dem sie sich befanden, mit der Bohrplattform verband. Aus der beschädigten Gasleitung loderte noch immer eine stetige Flamme. »Und auf die Bohrplattform gelangen wir nur über diese Brücke?«
Kate nickte. »Aber sie stellt auch die einzige Möglichkeit dar, wie die Terroristen hier rüberkommen können.« Hinter der Flamme sah Gideon die Dschihadisten. Einige von ihnen patrouillierten, ein paar andere versuchten noch immer, die Gasleitung abzudrehen, die das Feuer fütterte.
»Wie lange wird die Flamme noch brennen?«
»Zwanzig Minuten. Vielleicht weniger.«
»Und es gibt wirklich keine andere Möglichkeit, um auf die Bohrplattform zu gelangen, als über diese Brücke?«
»Nein, es sei denn, Sie möchten unter ihr hinüberklettern.« Kate wurde sich der Bedeutung dessen, was sie soeben gesagt hatte, erst bewusst, nachdem sie es ausgesprochen hatte. Sie blickte mit zusammengekniffenen Augen in den Regen und runzelte die Stirn. »Was vielleicht gar nicht so verrückt wäre, wie es klingt …«
»Wovon sprechen Sie?«
»Sehen Sie, wie die Brücke konstruiert ist? Sie besteht aus einer Reihe von Querstreben, auf denen sich ein Stahldeck befindet. Wenn Sie bereit wären, das Risiko einzugehen, im Regen abzurutschen oder vom Wind weggeweht zu werden und zwanzig Meter tief in die Wellen zu fallen, könnten wir es vielleicht schaffen, auf die andere Seite zu gelangen, ohne dass sie uns sehen.«
Gideon betrachtete die schmale Brücke. Ihre Längsträger ragten seitlich aus der Bohrinsel heraus. Er würde auf das Geländer klettern und sich strecken müssen, um die Streben zu erreichen. Der Wind hatte stark aufgefrischt und erreichte in den Böen gut fünfzig Knoten. Vielleicht sogar mehr. Die Bedingungen waren alles andere als optimal, um sich von einem nassen Stück Stahl zum nächsten zu hangeln. Gideon versuchte, sich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass der Regen zumindest die Sicht der Dschihadisten behindern würde, da ihm bewusst war, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als unter der Brücke auf die andere Seite zu klettern.
Er drehte sich wieder zu Kate um, die aus ihrem fluoreszierenden gelben Overall schlüpfte. Binnen Sekunden stand sie mit Nylonshorts und einem Büstenhalter bekleidet vor ihm. Sie war schlank und durchtrainiert.
Gideon zog eine Augenbraue hoch, als sein Blick von dem zusammengeknüllt am Boden liegenden Overall zu der Frau wanderte, die diesen soeben noch getragen hatte.
»Wenn ich den anbehalte, kann ich mir genauso gut ein Neonschild umhängen«, sagte sie. »Ich werde mich nicht zur Zielscheibe dieser Mistkerle machen.«
»Vielleicht sollten Sie sich einfach in der Rettungsinsel verstecken«, schlug Gideon vor. »Es hat keinen Sinn, dass wir uns beide in Gefahr begeben.«
»Ich soll mich in einem Plastik-Ei verkriechen, während das Leben meiner Leute auf dem Spiel steht? Kommt nicht in Frage«, sagte sie. »Außerdem brauchen Sie
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