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Peacemaker

Peacemaker

Titel: Peacemaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Gordon
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gewesen sei, das sie jemals fotografiert habe, und Gideon gestand, dass er es hasse, fotografiert zu werden. Das stimmte auch. Was er ihr allerdings nicht sagte, war, wie sehr ihn ihre Schönheit abgelenkt hatte. Er brachte den Mut auf, sie zum Abendessen einzuladen, und sie gingen anschließend bis spät in die Nacht hinein im Central Park spazieren und plauderten. Sie hatten auf Anhieb einen ausgezeichneten Draht zueinander. Miriam stellte Gideon Fragen, direkt, aber unaufdringlich, und er war erstaunt, wie leicht es ihm fiel, ihr von sich zu erzählen. Selbst schwierige Dinge. Und sie brachte ihn zum Lachen, als sie ihr eigenes schillerndes Leben als Tochter von Erfolgsmenschen beschrieb. Da ihre Eltern sie als kleines Mädchen oft viele Stunden am Stück alleine gelassen hatten, war ihre Phantasie zu ihrem einzigen Gefährten geworden, und sie war innerhalb der Grenzen ihres Kinderzimmers um die ganze Welt gereist.
    Nachdem sie sechs Monate ein Paar waren, betrat Gideon ihre Wohnung im New Yorker Stadtteil Gramercy Park. »Sie schicken mich nächste Woche nach Kambodscha«, sagte er.
    »Gratuliere«, erwiderte sie.
    »Einer der Tampuan-Guerillas hat sich bereiterklärt, sich mit mir zusammenzusetzen und die Bedingungen für einen Waffenstillstand auszuhandeln«, erklärte er. »Wenn er nicht nach Strich und Faden lügt und in Wirklichkeit versucht, seine Milizen wiederzubewaffnen, werde ich dem Verteidigungsminister vielleicht einen Deal unterbreiten können.«
    Sie lächelte, doch die Augenwinkel ihrer schiefergrauen Augen senkten sich leicht, als würden sie von einem unsichtbaren Faden nach unten gezogen. Es war das traurige, wissende Lächeln einer geduldigen Frau, die sich auf die schlechten Nachrichten gefasst machte, mit denen sie schon seit langem rechnete.
    »Du machst Schluss mit mir«, sagte sie.
    Gideon schwieg einen Moment lang. Er war tatsächlich gekommen, um mit ihr Schluss zu machen. Er erinnerte sie daran, dass er bereits zwei der sechs Monate, seit sie zusammen waren, unterwegs gewesen sei, und sagte ihr, dass er nicht wisse, wie lange er dieses Mal weg sein werde. Nicht dass er sie am Anfang ihrer Beziehung nicht gewarnt hätte. In ihrer ersten gemeinsamen Nacht im Central Park hatte er ihr freiheraus gesagt, dass sein Job nicht mit einer Langzeitbeziehung kompatibel sei und er sich damit abgefunden habe, sein Leben alleine zu leben. Miriam hatte das damals akzeptiert, und sie akzeptierte es auch jetzt – ohne Selbstmitleid und mit einer Würde, die dafür sorgte, dass Gideon sie bereits vermisste, bevor er ihre Wohnung verließ. Sie bedauere nur, sagte sie, dass sie es sich gestattet habe, sich in ihn zu verlieben.
    »Viel Glück beim Versuch, die Welt zu retten, Gideon. Du wirst bestimmt Erfolg haben.«
    Beim Versuch, die Welt zu retten.
    Sie hatte das ohne einen Funken Ironie gesagt. So absurd es klingen mochte, Gideon glaubte tatsächlich an den Versuch, die Welt zu retten. Oder zumindest so viele Leben wie möglich zu retten. Das mochte ein naives Projekt sein, doch es setzte voraus, dass man über die Freiheit verfügte, jederzeit alles stehen und liegen zu lassen und für längere Zeit zu verreisen. Und deshalb hatte er seine Beziehung mit Miriam Pierce wie schon viele frühere Beziehungen beendet, ohne irgendwelche Worte des Trosts zu haben, außer dass es ihm leidtäte.
    Als er die Wohnung verließ, machte sie hinter ihm die Tür zu. Im Gehen hörte er das Schloss einrasten.
    Gideon blieb stehen und war wie gelähmt von der plötzlichen und tiefen Einsamkeit, die sich über ihn legte wie ein Schatten. Er drehte sich um und hob die Hand, um an Miriams Tür zu klopfen, um ihr zu sagen, dass er es sich anders überlegt habe, stoppte sich dann jedoch selbst. Diese Trennung war mehr als nur ein weiteres Opfer für sein übertrieben ehrgeiziges Ziel, die Welt zu retten. Als Gideon vor Miriams Wohnung stand, wurde ihm bewusst, dass er für seinen Entschluss, Menschen, die ihn mochten, auf Distanz zu halten, teurer bezahlen musste, als er jemals zugegeben hatte. Auch sich selbst gegenüber.
    Zwanzig Minuten später setzte sich Gideon auf sein ordentlich gemachtes Bett, zog die Schuhe aus und legte den Kopf auf das harte Kissen. Seine Krawatte war noch immer fest und perfekt gebunden. Als er dalag und an die Decke starrte, fühlte er sich ausgelaugt und irgendwie ruhelos. Er blickte sich im Zimmer um. Obwohl er seit fast zwei Jahren hier wohnte, hingen an den Wänden keine Familienfotos,

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