Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pechstraehne

Pechstraehne

Titel: Pechstraehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
Vom Netzwerk:
Knarre irgendwo auf dem Hof gelandet ist.«
    »Hat er sie dir weggenommen?«
    Der Oberkommissar wollte zu einer Antwort ansetzen, doch ein aus einer Einfahrt rollender Golf, dessen Fahrer erst im letzten Sekundenbruchteil nach links sah und auf die Bremse trat, verschlug ihm die Sprache. Währenddessen durchfuhr Lenz eine 30er-Zone mit der maximal vertretbaren Geschwindigkeit. Der wegen seines Hochdachs nicht zu übersehende Ducato war etwa 200 Meter vor ihnen und bog gerade auf die Korbacher Straße ab.
    »Nein«, nahm Hain seinen Gedanken wieder auf, »er hat sie mir nicht abgenommen. Ich musste sie wegschmeißen, als er auf mich zugerast kam, sonst hätte ich mich nur mit einer Hand festhalten können.«
    »Wo musstest du dich denn verdammt noch mal festhalten?«, hakte Lenz nach, der die 30er-Zone hinter sich gelassen hatte und nun energischer aufs Gaspedal trat. Hain dachte jedoch gar nicht daran, ihm zu antworten, vielmehr griff er zum Funkgerät und forderte Verstärkung bei der Verfolgung des Flüchtenden an.
    Nun hatte der Hauptkommissar sich bis auf etwa 100 Meter an den Lieferwagen herangekämpft, der auf die Kreuzung Korbacher/Frankfurter Straße zuraste. Ein französischer Kleinwagen, der sich noch zwischen den beiden Autos befand, wurde von seinem Lenker erschreckt auf den Bürgersteig gelenkt, sodass die Polizisten nun direkten Kontakt zu dem Fluchtwagen hatten.
    »Pass auf, der fährt garantiert bei Rot über die Ampel«, schrie Hain aufgeregt mit den Armen fuchtelnd und aufs Höchste angespannt.
    »Sollen wir nicht lieber tauschen, Paul? Ich würde mich bedeutend wohler fühlen, wenn das Lenkrad sich in meinen Händen befinden würde.«
    »Nun scheiß dir mal nicht in die Hose, Junge. Ich mach so was immerhin nicht zum ersten Mal.«
    »Aber hoffentlich zum letzten.«
    Der Ducato raste bei Rot, wie von dem jungen Polizisten vorausgesagt, und mit lautem Hupen über die viel befahrene Kreuzung, was die Beamten wegen des Krachs, den die Sirene des Dienstwagens produzierte, allerdings nur schwach hören konnten.
    »Der hat sie doch nicht mehr alle«, stammelte Hain kreidebleich.
    »Vor allem frage ich mich«, gab Lenz zurück, »wo der hin wollen könnte? Glaubt er, dass es in der Stadt einen Ort gibt, an dem er uns unerkannt entkommt?«
    »Das weiß ich nicht, Paul. Was ich aber genau weiß, ist, dass ich mir gleich in die Hose mache, wenn du so weiterfährst.«
    Lenz ging nicht auf die Klage seines Kollegen ein, sondern schaltete einen Gang hoch und trat das Gaspedal bis zum Boden durch. Dann lenkte er den Opel nach links und wollte auf den Straßenbahnschienen die Fahrt fortsetzen, was Hain jedoch sofort mit irrwitzig lautem Gebrüll und weiterem Gefuchtel seiner Arme zu verhindern wusste.
    »Da … die Bahn!«
    Er wies auf den blauen Zug der Kasseler Verkehrsbetriebe, der die leichte Steigung Richtung Innenstadt hochzockelte, während ihm gleichzeitig ein Wagen entgegenkam.
    »Die hab ich doch glatt übersehen«, murmelte Lenz, was sein Mitarbeiter mit einem resignierenden Kopfschütteln kommentierte.
    Der stadteinwärts führende Verkehr war um diese Nachmittagszeit recht dicht, was, im Verbund mit Lenz’ abenteuerlichem Ausflug auf die Schienen, dazu führte, dass der Ducato wieder etwas Abstand herausholen konnte.
    »Wo bleiben denn nur die Kollegen?«, brummte der Hauptkommissar. »Los, sag denen noch mal ganz genau, wo wir stecken. Und speziell, wo dieser Verrückte steckt.«
    Verrückt war in diesem Zusammenhang sicher nicht übertrieben, denn der Fahrer des Ducato schlängelte sich in wildester Manier und durch eifrige Zuhilfenahme der Hupe durch die Reihen der vor und neben ihm fahrenden Autos, wobei er auch die Straßenbahntrasse in seinen Weg einbaute.
    »Da kommt ein Streifenwagen«, rief Hain und deutete mit ausgestrecktem Arm nach vorn, wo in diesem Augenblick ein blau-silbern lackierter Opel auftauchte. Etwa 50 Meter vor dem Ducato riss der Fahrer das Lenkrad herum und wollte dem Lieferwagen den Weg versperren, wozu es jedoch nicht mehr kam, weil im gleichen Moment die Tür des weißen Kastenwagens aufgerissen wurde, der Fahrer heraussprang und mit wild rudernden Armen auf die Besatzung des Streifenwagens zu rannte.
    »Was läuft denn hier für ein Film?«, wollte Lenz mehr rhetorisch wissen, als er dabei zusehen musste, wie der Mann aus dem Lieferwagen dem Polizisten aus dessen Auto helfen wollte und dabei immer wieder in Richtung des zivilen Opels mit dem Blaulicht auf dem Dach

Weitere Kostenlose Bücher