Pechstraehne
erreichen. Alle Versuche, mit ihm Kontakt aufzunehmen, scheiterten. In der Bank bekamen sowohl meine Frau als auch ich, nachdem wir es ein paar Mal dort versucht hatten, Hausverbot, und auf Mails oder Briefe hat der Kerl einfach nicht reagiert.«
»Das hat Sie natürlich wütend gemacht«, fasste Lenz zusammen.
»Klar hat mich das wütend gemacht, sehr wütend sogar«, bestätigte der Schreiner mit müden, rot geränderten Augen. »Aber garantiert nicht so wütend, dass ich ihn umgebracht hätte. Das hat ja vielleicht eines der vielen anderen armen Schweine erledigt, mit denen er die gleiche Chose abgezogen hat.«
»Wann haben Sie Herrn Vontobel denn zuletzt gesehen?«, näherte Hain sich dem eigentlichen Grund der Vernehmung.
»Wie gesagt, er hat sich vor uns abgeschottet, es gab kein Rankommen an ihn.«
Kurz hob den Kopf und überlegte.
»Zuletzt gesehen habe ich ihn vor ungefähr einem Dreivierteljahr. Da war er bei uns und hat uns erklärt, dass der Kursverlust einen rein technischen Hintergrund hätte und wir auf keinen Fall nervös zu werden brauchten. Danach ist er abgezogen und ward nie wieder gesehen.«
»Wo sind Sie gestern Abend gewesen, Herr Kurz? Sagen wir, zwischen 17.00 und 23.00 Uhr?«
»Im Wald.«
»Allein?«
»Mutterseelenallein, ja.«
»Was haben Sie dort gemacht?«
»Auf dem Hochstand gesessen und sinniert.«
»Hm. Also waren Sie auf der Jagd?«
»So kann man es auch nennen.«
»Hatten Sie eine Waffe dabei?«
»Na klar hatte ich eine Waffe dabei! Hätte ich mit Tannenzapfen werfen sollen, wenn eine Wildsau es böse mit mir gemeint hätte?«
»Wo ist die Waffe jetzt?«
»Zu Hause, wo sie hingehört.«
»Haben Sie damit geschossen?«, wollte Lenz wissen.
»Nein, habe ich nicht. Mit keiner meiner Waffen ist in den letzten Monaten geschossen worden. Das lässt sich leicht überprüfen.«
»Und jetzt«, übernahm Hain wieder das Kommando, »erklären Sie mir mal auf die Schnelle, warum Sie mich vorhin mit Ihrem Ducato auf die Haube genommen haben.«
Kurz hob entschuldigend die Arme.
»Das war echt keine Absicht, ganz ehrlich. Ich habe einfach geglaubt, Sie beide seien jemand anders.«
»Für wen haben Sie uns denn gehalten?«
»Das tut nichts zur Sache.«
Hain hob zuerst den rechten, danach den linken Arm und hielt dem Schreiner sein zerrissenes Jackett entgegen.
»Und ob das was zur Sache tut, Sie Blödmann. Ich hätte bei diesem Irrsinn draufgehen können.«
»Ich sage doch«, gestand Kurz zerknirscht ein, »dass es mir leidtut.«
»Aber mehr wollen Sie uns nicht dazu sagen?«
»Nein.«
Hain drehte dem Mann den Rücken zu und holte tief Luft.
»Dann will ich Ihnen mal etwas verraten, Herr Schreinermeister. Sie haben sich mit Leuten eingelassen, mit denen man sich als gesitteter Mitteleuropäer besser nicht einlassen sollte. Welche Vertreter der Russenmafia Sie dem Herrn Vontobel auf den Hals hetzen wollten, interessiert mich eigentlich gar nicht so sehr. Brennend bin ich hingegen daran interessiert, wie weit Ihre Verhandlungen mit den Brüdern fortgeschritten waren.«
Frank Kurz lehnte sich in seinen Stuhl zurück.
»Meinen Sie nicht, dass jetzt die Fantasie ein bisschen mit Ihnen durchgeht, Herr Kommissar?«
Lenz warf seinem Kollegen einen warnenden Blick der Marke Tu jetzt bloß nichts Unüberlegtes zu.
»Das meine ich ganz und gar nicht. Wenn Sie möchten, können wir uns gern in den nächsten Tagen gemeinsam den E-Mail-Verkehr von Sven Vontobel anschauen, da findet sich garantiert einiges, das gegen die These meiner überbordenden Fantasie spricht. Und bis dahin können Sie ein wenig in einer unserer Zellen über dies und das nachdenken.«
In den nächsten fünf Sekunden herrschte in dem Vernehmungsraum völlige Stille.
»Was hätte ich denn machen sollen?«, brüllte Kurz dann so unvermittelt, dass beide Polizisten zusammenzuckten.
»Der Kerl hat uns um unser ganzes Geld betrogen. Was hätten Sie da gemacht?«
»Heißt das«, wollte Lenz wissen, »Sie haben wirklich versucht, Vontobel mithilfe irgendeines Dritten unter Druck zu setzen?«
Ein kurzes Nicken musste zunächst als Antwort reichen.
»Bitte antworten Sie so auf meine Frage, dass etwas davon am Mikrofon ankommt, Herr Kurz.«
»Ja. Das heißt ja.«
»Und mit wem haben Sie sich genau eingelassen?«
»Wer das genau ist, weiß ich nicht. Ich habe eine Mobilfunknummer angerufen.«
»Von wem hatten Sie die Nummer?«
»Von einem Kollegen. Aber Sie können vergessen, dass ich Ihnen sage, wer das
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