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Pechvogel

Pechvogel

Titel: Pechvogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Fuchs
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mittlerweile so mit Rauch ummantelt, dass sich alles gleich anhörte. Wie ein krächzender Vogel.
    »Sie sollen den Zettel meiner Tochter geben, junger Mann. Hören Sie mir nicht zu?«
    »Doch, und was wollen Sie dann mit dem Zettel, Herr Fleischmann?«, fragte Richard irritiert.
    »Ich bringe dieses Zeug hier wieder zurück«, sagte er und blickte angewidert auf die edle DVD-Box, »und besorge mir dafür eine Stange Zigaretten. Mehr wird man dafür wohl nicht bekommen.«
    Richard schüttelte verständnislos den Kopf.
    Gabi hatte nicht einmal Partei für ihn ergriffen. Er erinnerte sich an ihre Aussage: »Meine Eltern stehen weit vor dir, nicht dass du dir einbildest, du wärst mir wichtiger.« Und er ließ den Gedanken der nicht geleisteten Hilfestellung wieder fallen.
    Nach einer kurzen Pinkelpause der Fleischmanns ging es zum Geschenkendspurt.
    Gabi wollte noch warten, bevor sie ihre Geschenke an jeden verteilte. Also übergab Richard sein letztes Geschenk des Abends. An Gabi.
    Mit diesem Geschenk wollte er ihr zeigen, wie wichtig sie ihm war. Obwohl sie ihm das gar nicht war. Ein Leben ohne Gabi hatte weitaus mehr Vorteile, also eigentlich nur Vorteile, als eines mit ihr. Aber nachdem Gabi nun Richards längste Beziehung war, konnte er ihr, wie schon von Anfang an, nicht sagen, was sie doch für eine dumme Kuh war. Die Gefühle eines anderen Menschen zu verletzen, fiel ihm sehr schwer. Wie sollte er es auch anfangen? Sollt er sagen: »Gabi, unsere Beziehung ist an einem Punkt angelangt, an dem ein gemeinsames Weitergehen im Leben nicht mehr möglich ist.« Wenn er es genau überlegte, hörte sich das gar nicht schlecht an. Aber würde er das irgendwann sagen können? Noch war er dazu nicht in der Lage. Also würde er Gabi zeigen, wie wichtig sie ihm wäre und damit über seinen eigenen Schatten springen und etwas tun, was er ungern tat.
    Richard gab Gabi sein Geschenk. Dünn, lang und tageszeitungsgroß.
    Gabi machte große Augen »Was ist das?«
    »Mache es auf, dann siehst du es«, sagte Richard mit einem Lächeln.
    Richards interne Hassliste wurde ganz klar vom Fasching angeführt. Auf Platz zwei stand: in den Urlaub fahren. Gegen Urlaub an sich hatte er nichts, nur gegen das Weit-Weg-Fahren, das war sein Problem. Er mochte zwar gerne andere Kulturen kennen lernen, aber er würde es kaum schaffen, in ein Flugzeug oder auf ein Kreuzfahrtschiff zu steigen. Mit diesem Geschenk versuchte er nun, einen Mittelweg zu gehen, der in zwei Stunden mit dem Auto zu erreichen war.
    Richard hatte für Ende Januar eine einsame, urig ausgestattete Berghütte in Österreich, die auf zweitausend Meter Höhe lag, gebucht. Drei Tage Romantik pur. Fünfhundert Euro. Sie wurde von mehreren Bauernhöfen mit Pensionen dort betrieben. Als Richard im Internet die Seite sah, war er begeistert. Nicht allzu professionell aufgemacht, aber die Bauern mussten sich ja um die Kühe und Schweine kümmern und nicht um das WWW. Wichtiger waren die Bilder. Ein sensationeller Blick auf eine atemberaubende Bergwelt und ein großer See im Tal. Einer der Höfe versorgte die Gäste täglich mit Essen und Trinken, so dass sie drei Tage in und um die Hütte ein intensives Liebesleben führen konnten.
    Als Richard Sandra davon erzählt hatte, sagte sie zu ihm: »Du bist aber ein hochgradiger Romantiker. Wenn das deiner Gabi nicht gefällt, dann kannst du sie in die Wüste schicken.«
    Gabi löste das Klebeband nicht vorsichtig vom Geschenk, sondern riss es schnell auf und warf das Papier auf den Boden.
    »Ich weiß immer noch nicht, was das ist?«, sagte sie.
    »Dann klapp es auf.«
    Richard hatte einen riesigen Gutschein angefertigt. Drei Abende hatte er dafür benötigt. Wenn Gabi ihn aufklappte, würde sie das sensationelle Panorama sehen und darunter stand, was sie erwartete.
    Gabi klappte den Gutschein auf und las.
    »Ein romantisches Wochenende, also, aha«, sagte sie.
    Gabi war außerhalb des Bettes keine Frau, die ihre Gefühle herausbrüllte, aber mit etwas mehr Gefühlsausbruch als Aha hatte Richard schon gerechnet.
    »Freust du dich?«
    »Ja, ganz nett, Richard«, sagte sie und gab ihm einen kurzen Kuss auf die Wange. »Danke.«
    Gabi legte den Gutschein schnell und ohne lange darüber nachzudenken auf den Couchtisch. Keine weiteren Fragen, keine weiteren Freudensprünge.
    Mutter und Vater Fleischmann schwiegen andächtig mit einer neuen Zigarette zwischen den Fingern.
    »Nun bin ich dran mit Schenken«, sagte Gabi. »Mein Geschenk betrifft euch

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