Pechvogel
schlimm?«, fragte Sandra.
»Die beiden sind nicht im oberen Drittel unserer Gesellschaft anzusiedeln, was Manieren, Ausdruck und Stil betrifft. Wo soll es die Tochter auch sonst herhaben«, sagte Richard und verstand selbst nicht, warum er immer noch mit Gabi zusammen war.
Seit das neue Jahr begonnen hatte, traten Gabis Launen immer häufiger an den Tag. Sie wollte dies nicht, sie wollte das nicht. Sie hatte keine Zeit, keine Lust, keinen Nerv, keine Möglichkeit, keinen Schimmer. Aber sie wollte immer, dass Richard für sie bereitstand.
»Das mit deinem wunderschön geplanten, romantischen Wochenende auf der Berghütte war ja der totale Arschtritt für dich. Danach hätte ich sie spätestens abgeschossen«, sagte Sandra mit Nachdruck.
»Ja, du hast sicher Recht, aber du weißt doch, ich kann das nicht … abschießen. Da bist du besser drin.«
Richard hatte alles gepackt. Zusätzlich hatte er noch ein Nobeldinner auf der Berghütte in Auftrag gegeben. Als am zweiten Tag die Dunkelheit angebrochen war, wären fünf Kellner, die ausgezeichnet Skifahren konnten, mit einem Dinner den Hang hinter der Berghütte heruntergefahren gekommen (drei mit dem Essen, zwei mit Kerzen) und hätten es ihnen winterlike vor der Hütte aufgebaut. Ein Traum in Weiß und Kerzenschein mit einem Ausblick, der die Götter neidisch gemacht hätte. Dreihundert Euro extra.
Dann wartete Richard, da Gabi ihn mit ihrem Auto abholen wollte. Punkt 9 Uhr war ausgemacht. Gabi war immer pünktlich, nur heute nicht. Als Richard um 10 Uhr Gabi anrief, sagte sie ihm nur kurz, sie fühle sich nicht gut, sie würde nicht mitfahren. Aber er könne ja alleine fahren.
Richard dachte, sich verhört zu haben. Dann sagte Gabi noch, dass sie sich bald mal wieder melden würde und legte auf.
Richard hatte die kompletten Ersparnisse von sechs Monaten Arbeit in dieses verlängerte, romantische Wochenende investiert, und dann so was.
Er hörte eine Woche nichts von ihr. Er rief sie auch nicht an, denn er kochte innerlich vor Wut. Dann kam sie eines Abends zu ihm und sagte, sie möchte sofort mit ihm schlafen, und dass es ihr Leid täte. Damit war für Gabi alles wieder vergessen.
Für Richard nicht.
Er verweigerte ihr an diesem Abend den Sex. Sie rauschte wutentbrannt wieder ab. Danach waren zwei Wochen Funkstille.
Richard vermisste Gabi keineswegs, aber er wollte das alles so nicht im Raum stehen lassen. Er lud sie zum Abendessen zu sich ein, obwohl sie das hätte eigentlich machen müssen. Das alte Lied, sie landeten im Bett, weil Gabi über ihn herfiel und er auch nur mitmachte, damit sie nicht wieder ohne ein Wort abbrauste. Dieses Schweigen machte ihn wahnsinnig. So hatte er Sex ohne die geringste Lust. Und das nun schon seit mehr als drei Monaten.
»Mach doch Schluss mit ihr. Ruf sie an und sag ihr, dass ihr euch treffen wollt. Bloß nicht bei dir, sonst zieht sie dich wieder in die Kiste. Irgendwo in einem Café oder einer Bar. Dann sag ihr alles, dass du sie quasi vom ersten Tag an nicht leiden konntest und du jetzt und hier Schluss machst.«
»Es wäre das Beste, Sandra, du hast vollkommen Recht. Aber bei mir läuft da innerlich ein Abkoppelungsprogramm ab, das immer noch nicht abgeschlossen ist. Wenn ich damit durch bin, kann ich das hoffentlich machen.«
»Und wie lange soll das noch dauern?«, fragte Sandra mit einem mitleidigen Blick.
»Ich hoffe, nicht mehr allzu lange, denn Gabi hat mir am Samstag schon den nächsten Schuss versetzt.«
»Was noch?«, fragte Sandra entsetzt.
»Ich hatte Karten für ein Konzert gekauft. Bryan Adams. Ich liebe Bryan Adams, wie du weißt.«
»Ja, wir lieben in beiden. Ich auch noch als Mann.«
Richard nickte.
»Gabi weiß das auch. Kurz bevor das Konzert losging, wartete ich wieder in meiner Wohnung auf sie. Und sie kam nicht. Das Konzert hatte schon begonnen. Anstatt alleine hinzugehen, wartete ich Idiot, denn ich hatte die Karten für sie und mich gekauft. Dann, vom Konzert war schon mehr als die Hälfte Geschichte, rief sie mich an und sagte, sie habe sich zwei Finger gebrochen, sie könne nicht mit mir auf das Konzert gehen.«
»Die hat doch nicht mehr alle Tassen im Schrank. Wegen zwei gebrochener Finger ein Konzert von Bryan Adams zu schmeißen«, sagte Sandra wütend.
»Es kommt noch besser. Die hatte sie sich nicht an diesem Tag gebrochen, sondern schon einen Tag zuvor. Beim Wasserkistentragen in die Wohnung.«
»Und dann ruft sie dich erst einen Tag später an, und dann noch während das
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