Pedro Juan Gutiérrez
der das Rennen machte. Die Dame war sehr elegant, trug sogar eine Perlenkette. Man las in ihrem Gesicht, dass sie daran gewöhnt war, Befehle zu erteilen, und sie ließ sich Zeit dabei, uns zu mustern, wollte die richtige Wahl treffen. Bei solchen Gelegenheiten zeigen wir gewöhnlich unsere Ware, damit die Kundin zu Hause nicht jammert, wenn er zu klein oder zu groß, zu dünn oder zu dick ist. Na, das taten wir dann auch alle, und holten unsere Ware raus und schüttelten das Ding ein bisschen, damit es Form annahm.
In der Nähe lauerten Polizeibeamte in Zivil. Sie riegelten die Straße ab und nahmen uns alle fest. Sie wollten mich zu fünf Jahren Knast verknacken, wegen Exhibitionismus, Erregung öffentlichen Ärgernisses und Belästigung einer Touristin. Uff. Glücklicherweise hatte ich ein paar Dollar und suchte mir einen guten Anwalt. Ich kam mit zwei Jahren davon.
Und da bin ich nun. Bin in der Matratzenwerkstatt zu einem guten Schäfchen geworden, sodass ich jeden Moment wegen guter Führung freigelassen werden kann. Das einzige Problem ist, ich kann nicht mehr ins alte Geschäft zurück. Kein Fleisch mehr für alte Damen, denn wenn man mich noch mal schnappt, bin ich ein Wiederholungstäter. Damit fällt für die Damen die beste Erinnerung an Kuba flach. Nichts zu machen. So spielt das Leben. Ich bin zu alt, um mich schnappen und für zehn Jahre verknacken zu lassen. Mal sehen, was ich stattdessen finde. Mir gefällt diese Matratzengeschichte, man verdient gut und muss sich nicht allzu sehr abrackern. Außerdem lerne ich gerade das Tätowieren. Das bringt auch gute Pesos. Sie gelingen mir ganz gut, die Leute mögen sie.
Im Moment bin ich hier eingeschlossen mit Basilio, der dauernd seine Füße kratzt, dieser Trottel, und darauf wartet, dass man endlich das Wasserfass bringt, damit wir uns waschen können. Andernfalls müssten wir schmutzig und stinkend in den Esssaal gehen. Wir alle hier haben die Krätze und Läuse. Na, nicht alle, ich verdiene mir ein paar Pesos mit Tätowierungen und habe immer Seife. Wir sind hier schließlich im Gefängnis. Die Tage vergehen, und jede Kleinigkeit ist von Bedeutung.
Immerhin ist Basilio ein Schwätzer und unterhält mich. Er hat sein gesamtes Leben im Knast verbracht, weil er Pferde stiehlt. Zum ersten Mal haben sie ihn mit siebzehn geschnappt und zu vier Jahren Besserungsanstalt verdonnert. Als er rauskam, wurde er kurz darauf wieder geschnappt und bekam noch zwei Jahre dazu. Er konnte es nicht lassen, und beim nächsten Mal waren es drei. Und jetzt hat er vier von den sechs, die sie ihm zuletzt aufgebrummt haben, schon abgesessen. Dauernd jammert er, er habe keine Frau und keine Kinder, alle Frauen hätten ihn immer betrogen, und die einzig gute Frau in seinem Leben sei seine Mutter. Ich bin davon überzeugt, dass bei ihm ein Schräubchen locker ist, denn Pferde stehlen als Zeitvertreib ist nicht normal. Ich würde es verstehen, wenn er sie verkauft oder geschlachtet hätte, um zu essen, aber er stahl sie nur, um sie auf Rennen laufen zu lassen und auf sie Wetten abzuschließen. Sein Hirn muss ziemlich durchgeknallt sein. »Vielleicht lassen sie mich nächsten Monat raus, wenn ich die vier Jahre abgesessen habe.«
»Und was willst du dann tun, Basilio? Lass dich nicht wieder auf den Scheiß mit den Pferden ein.« »Nein. Ich habe meiner Mutter schon gesagt, ich will mir ein Pferd und einen Wagen kaufen und Transporte machen.« »Aber ein Wagen und ein Pferd kosten ein Vermögen. Deine Mutter muss doch bettelarm sein.« »Meine Mutter ist Geschäftsfrau und hat Kohle.« »Was macht sie denn? Verkauft sie Wasser aus dem Quibú?« »Nein, sie hat einen Stand und verkauft Saft aus Zuckerrohr.«
»Ja, das bringt was ein.«
»Ja.«
Eine Zeit lang schwiegen wir. Basilio kratzte weiter seine
widerlichen Füße. Ganz plötzlich klickte etwas in meinem
Kopf, und ohne nachzudenken fragte ich:
»Der Saftstand von Dinorah?«
»Ja, kennst du sie?«
»Ich war mal da.«
»Das ist meine alte Dame, Kumpel. Wenn man dich hier
rauslässt, musst du unbedingt hin und sie kennen lernen.«
»Klar, sicher.«
Stich sie ab, Mann
Die beiden Typen kamen an die Tür. Sie klopften. Betty öffnete ihnen die Tür, ließ aber das Gitter verschlossen. »Was wünschen Sie?« »Sind Sie Betty?«
»Ja.«
»Wir sind Schreiner. Luis hat uns gesagt, Sie hätten ein paar Reparaturen vorzunehmen.«
»Ah ja, aber...«
»Wir sind gekommen, um uns alles anzusehen. Wenn wir uns
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