Pedro Juan Gutiérrez
Kaffee zu kochen. Kurz darauf kam sie mit einer Tasse wieder heraus. Sie sah mich mit ihrem kecken Lächeln an und ging wieder in die Küche. Zehn Minuten später kam sie mit der Patentante wieder heraus. Sie brachten ein paar Lycra-Teile in einer Tasche mit.
»Er will vier Dollar für jedes Teil, es sind sieben«, sagte die Alte zu ihr.
»Morgen verkaufe ich sie ihm. Für fünf.« »Er sagt, er hat dir jetzt nur ein paar dagelassen, insgesamt hat er zweihundert.« »Guter Beutezug für ihn.«
»Scheint so.«
Sie sahen sich ein Teil nach dem anderen an. »Oje, Tantchen, die sind ja alle rot und blau. Er weiß doch, dass sich die weißen, die gelben und die roten besser verkaufen.«
»Na ja, sieh zu, was du tun kannst, Kind.«
Wir verabschiedeten uns und gingen.
»He, kleiner Weißer, verschwinde jetzt. Ich will keine Scherereien mit meinem Mann.«
»He, was ist denn jetzt wieder los? Was willst du eigentlich? Warum sollte ich überhaupt zu deiner Patentante mitkommen?«
»Damit sie dich sieht, Schätzchen.«
»Ach nee, und was sagt sie?«
»Sei nicht so neugierig.«
»Okay, ich haue ab. Du willst nicht und du kannst nicht.«
»Hör zu, morgen früh um zehn fahre ich nach Ultra, um die Bodys zu verkaufen. Ich werde am Eingangstor sein.«
»Um die Zeit kann ich nicht.«
»Hast du zu tun?«
»Ja, um die Zeit habe ich ein kleines Geschäft abzuwickeln.« »Ach, sei nicht so, Schätzchen, komm morgen her, dann können wir ein bisschen reden.«
»Mal sehen.«
»Wenn du kommst, erzähle ich dir, was meine Patentante gesagt hat. Vielmehr, nicht was sie gesagt hat, sondern was die Santos ihr erzählt haben... Sie wissen Bescheid über dich und mich.«
»Haben sie was Gutes erzählt?«
»Hol mich morgen ab. Ich muss jetzt los.«
»Okay. Wie mein Vater immer sagte: Schwimm ihr nach, Hai, sie blutet.«
»Weder blute ich, noch bist du ein Hai. Also sei kein Idiot.« Und mit diesen Worten trennten wir uns. Morgen ist auch noch ein Tag. Ich habe es nicht eilig.
Ich wachte mit einem Kater auf. Schuld daran war der Rum vom Vorabend. Es musste ungefähr neun oder zehn sein. Ich schaute aus dem Fensterchen. Auf dem Malecón fotografierte eine Touristin die heruntergekommenen Gebäude. Ihr Mann nahm dieselben auf Video auf. Den Touristen gefällt der Anblick der bröckelnden Fassaden. Aus der Entfernung gesehen, geben sie ein schönes Bild ab. Ich ging hinaus aufs Dach. In einer Dose war Wasser. Ich wusch mir das Gesicht und spülte den Mund aus, während ich aus den Augenwinkeln Ausschau nach Isabelita hielt. Sie saß in einer Ecke im Schatten, rauchte eine Zigarette und ruhte sich aus, denn sie hatte bereits eine Tonne Wäsche gewaschen.
»Isa, wie spät ist es?« »Was weiß ich?« »Du bist früh auf.«
»Ja, es war noch dunkel. Aber jetzt bin ich fertig.«
»Wenn ich mal schöne Wäsche habe, gebe ich sie dir zum waschen.«
»Dir mache ich's umsonst.«
»Was machst du mir umsonst.«
»Ha, ha, ha... was du willst, alles, was du willst.«
»Hast du schon Kaffee getrunken?«
»Ich hab noch etwas übrig. Komm rüber.« lsabel ist groß, schlank, hat zimtfarbene Haut und langes schwarzes Kräuselhaar. Seit Jahren sind wir Nachbarn. Sie gefällt mir, und ich gefalle ihr, ich weiß gar nicht, warum wir nie zusammen-gekommen sind, um ein paar Funken sprühen zu lassen. Sie lebt mit ihrem Ex-Mann. Die beiden streiten sich ständig, aber nichts kann den schwarzen Kerl dazu bewegen, seine Sachen zu packen und zu verschwinden. Er sagt, er wisse nicht, wohin. Man musste ihm wirklich mal Feuer unterm Arsch machen. Es gibt hier oben auf dem Dach sechs Zimmer und nur ein einziges stinkendes Klo. Das Wasser müssen wir in Eimern hoch schleppen. Die Leute kommen und gehen, manchmal wohnen hier oben vierzig Personen. Dann kehren einige wieder in ihre Dörfer zurück, und alles wird etwas besser. Es geht hier zu wie bei Ebbe und Flut, lsabel hat zu sehr abgenommen. Ihre Töpfe sind meist leer wie bei allen. Aber sie ist weiterhin fröhlich und nett, wäscht für ein paar Pesos, schiebt Hunger, hält diesen Scheißkerl aus, der nicht weiß, wohin mit sich, und zieht ihre elfjährige Tochter auf. So vergehen die Tage, mal eine Zigarette, mal einen Schluck Rum oder ein bisschen Kaffee mit einem Kerl, der ihr gefällt. Manchmal gelingt es ihr sogar, alles gleichzeitig zu bekommen. Und Musik, viel Musik, die darf nie fehlen. Dann muss sie nicht so viel denken. Sie bemerkte, wie gedankenversunken ich meinen Kaffee
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