Pedro Juan Gutiérrez
trank.
»Was ist los mit dir, Pedro Juan? Bist du mit dem linken Fuß aufgestanden, oder hast du gestern Abend zu viel gevögelt und bist jetzt tot?«
»Nein. Seit Tagen vögele ich mit keiner. Ich bin ganz zufrieden.«
»Ganz wie du willst, Schätzchen. Du brauchst nur ein Wort zu sagen.«
»Mach mich nicht an, lsabel. Ich mache mir Sorgen. Ich hab keinen Job, und auf der Straße geht's rau zu.«
»Schwing dich wieder auf deinen Müllwagen.«
»Nie im Leben!«
»Denk nicht zu viel, sonst tut bald der Kopf weh. Geh die Dinge behutsam an.«
»Stimmt, du hast recht. Außerdem löst Nachdenken kein Problem. Ich mache einen Spaziergang.«
»Heute Abend, oder wann du willst, ruf mich, dann bereite ich Santa Clara ein Opfer und auch der Virgen del Camino. Das stellst du dann in dein Zimmer, aber erst muss ich es dir vorbereiten.«
»Du bist so gut zu mir.«
»Wenn du wüsstest...«
»Schluss mit dem Quatsch. Du versuchst mich rumzukriegen, und ich kann das im Moment gar nicht gebrauchen. Eine romantische Nutte fehlte mir gerade noch.« »Und was willst du machen? Du bist ein Zyniker, ein Sohn von Changó, und du magst Nutten, also tu nicht so. Oder willst du die Frauen ganz abschreiben und lieber Schwänze lutschen?«
»Jetzt mach mal kein Drama! Ich muss los. Bis später dann.« Langsam schlenderte ich die Galiano hinauf nach Ultra. In einem staatlichen Imbiss aß ich ein belegtes Brot und trank eine wässerige Limonade. Es hieß, es seien Fälle von Binde-hautentzündung, Hepatitis und wer weiß was aufgetreten, woraufhin alle privaten Imbisse dicht gemacht wurden. Bei der glühendheißen Sonne und der Feuchtigkeit waren die Mikroben schier aus dem Häuschen vor Freude und pflanzten sich munter fort. Alle hatten Durchfall und Ruhr. Ach ja, das tropische Paradies. Schön ist es, eine Woche lang von einem ruhigen, gemütlichen Plätzchen aus die Sonnenuntergänge zu betrachten, aber bitte ohne selbst allzu sehr involviert zu werden.
Sie hatte nicht gelogen. Sie war wirklich da. Schön, wie sie war, stach sie von allen anderen Frauen ab, während sie ihre Lycra-Teile am Eingangsportal von Ultra verkaufte. Ein echtes Weib. Sie trug einen schwarzen Lycra-Body, der eng am ganzen Körper anlag und nur den Rücken frei ließ. Ihr Haar war geglättet und hing offen herab. Ihre festen, perfekt geformten Beine steckten in hohen, modischen Plateauschuhen. Der massive Körper einer Göttin. Sie war geradezu nackt. Alles zeichnete sich genauestens ab: die Brüste, der Bauchnabel, die sanfte Rundung ihres Bauches, bis hin zu ihren kleinen Schamlippen. Fast konnte man ihre Achseln riechen, diesen intimen, erotischen Schweißgeruch schwarzer Frauen. Verdammt, was für eine Schönheit, dieses Weib! Es waren viele Frauen da und verkauften alles Mögliche. Von Dollars bis Kaugummi. Ständig in Bewegung, nach allen Richtungen Ausschau haltend und die Polizisten beobachtend, die von ferne alles geschehen ließen, aber mit dem harten Blick derer, die genau wussten, wer das Heft in der Hand hielt. Die Frauen waren in ständiger Bereitschaft, die Beute, die sie in der Hand hielten, in den Taschen verschwinden zu lassen und die Beine in die Hand zu nehmen. Sie waren angespannt, nervös - keine Spur von relaxt.
Ich blieb ein Weilchen hinter ihr stehen und roch sie. Es war sehr heiß, sie schwitzte und verströmte einen ganz leichten Schweißgeruch. Sofort regte sich mein Schwanz und schwoll an. Allein sie zu riechen, erregte mich. Ich flüsterte ihr ins Ohr:
»Ich kaufe dir alle ab, die du noch hast.« Überrascht drehte sie sich um. Als sie mich sah, lachte sie laut los.
»Ich wusste, du würdest kommen, du dreister Kerl!«
»Hast du schon was verkauft?«
»Von wegen, ich bin gerade erst gekommen. Und sieh nur, noch vier andere verkaufen Lycra-Teile.« In meinem Kopf hallten Bruchstücke eines Boleros aus meiner Kindheit wider, und ich sang ihn ihr leise direkt ins Ohr:
Falls du mich nicht mehr willst
in deinem Leben,
reicht mir ein kleines Wort in deinen Armen,
denn so viel schon hab ich dir gegeben,
dass du für immer in dir trägst
meinen Atem.
»O wie süß, Schätzchen! Freust du dich?«
»Ich freue mich, sowie ich dich ansehe.«
»Ach, geh...«
»Du glaubst mir nicht? Na gut.«
Wir schwiegen einen Moment. Sie hielt einen Body in der Hand und pries ihn mit leiser Stimme den vorübergehenden Passanten an:
»Hier, einen schönen Body für die Freundin. Greift zu, ehe alle weg sind! Schau her, Mädchen,
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