Pedro Juan Gutiérrez
gesehen, gab es wirklich nicht viel Anlass, fröhlich zu sein. Wir lagen nackt und verschwitzt auf meinem Bett, ich auf ihr drauf und erholte mich von einem markerschütternden Orgasmus. Woher kam bloß so viel Sperma? Ich streichelte und küsste sie zärtlich und säuselte ihr leise ins Ohr:
... und sollten mehr als tausend Jahre vorübergehen,
und vielleicht auch viele, viele mehr,
ohne zu wissen, ob in der Ewigkeit Liebe zu finden war,
trägst du auch dort, genau wie hier,
für immer meinen
Atem in dir.
»Du darfst nicht so zärtlich zu mir sein, Pedro Juan.«
»Willst du denn nicht ein bisschen Zärtlichkeit?«
»Seit Jahren brauche ich Zärtlichkeit.«
»Ich auch.«
»Ich will nicht mehr leiden, Schätzchen. Ich verliebe mich, und dabei war alles nur ein Spiel.«
»Ja, das stimmt.« Ich rollte mich auf eine Seite. »Scheiße, sieh nur, wie ich schwitze.« Sie stand auf und zog sich an.
»Mach die Tür auf, das ist ja der reinste Ofen hier drinnen. Und gib mir diese Laken und das Handtuch mit, ich werde alles waschen. Du wirst ja ein richtiges Ferkel.« Ich machte die Tür auf, lsabel ging hinaus aufs Dach, zurück zu ihren Töpfen. Ich zog mir Shorts an und setzte mich auf die Türschwelle. Es wehte eine kühle Brise. Etwas war im Entstehen, aber ich hatte Angst vor dieser Mulattin. Sie war Nutte und romantisch und mochte mich. Eine viel zu perfekte Kombination. Und keiner von uns beiden will Komplikationen. Warum nach neuen Scherereien Ausschau halten, wenn doch die vorhandenen durchaus genügen?
Erlösung und Verdammnis
An der Ecke Infanta und Jovellar überfiel ein Fernsehreporter die Passanten mit einem Mikrofon in der Hand und feuerte zwei Fragen auf sie ab:
»Was ist Glücklichsein? Sind Sie schon einmal glücklich gewesen?«
Eine solche Frage, besser gesagt, zwei solche Fragen verlangen einen Moment Nachdenken, aber der Reporter duldete kein Gestammel. Sobald der Kameramann seine Linse auf das Gesicht der Befragten einstellt, wissen viele nicht, was sie sagen sollen, andere weigern sich zu antworten, einige versuchen etwas Intelligentes zu sagen, um ihrem Ego zu schmeicheln, plappern dann aber doch nur dummes Zeug.
Der Klempner kam aus seinem Zimmer, bog um die Ecke und stieß mit Kamera, Mikrofon und Reporter zusammen. Er wurde mit der Frage überfallen, und der Typ erklärt in aller Ruhe, resigniert und verbittert:
»Glücklichsein? Willst du mich verarschen, Mann? So was gibt's nicht.«
Dann wollte er weitergehen, doch der Reporter beharrte: »Sind Sie denn schon einmal glücklich gewesen?« Der Klempner hielt eine Sekunde inne und antwortete dann in einem Anfall von Aufrichtigkeit:
»Am Tag meiner Hochzeit war ich glücklich. Es war der einzige glückliche Tag meines Lebens. Danach kam nichts Gutes mehr.«
Dann ging er festen Schritts weiter, ohne Eile und gelassen. Er war ein korpulenter, kräftiger weißer Mann mit dichtem schwarzem Haar auf dem Kopf und auch am ganzen Körper. Trotz seiner zweiundfünfzig Jahre hatte er kein graues Haar und die Vitalität und Stärke eines Stiers. Er wurde auf dem Lande auf einer Tabakplantage geboren, als Sohn eines Emigranten und einer Kubanerin. Seit vierzig Jahren hatte er weder von ihnen noch von seinen elf Geschwistern gehört.
In einer Hand trug er eine dicke Leinentasche voller Werkzeuge und Rohrstücke. Drei Häuserblocks weiter, in einem Haus mit vielen Zimmern, beendete er gerade eine Arbeit, die er tags zuvor begonnen hatte. Niemand konnte genau sagen, wie viele Zimmer das Haus hatte, ob fünfzehn, sechzehn oder zwanzig. Genauso wenig, wie viele Leute hier wohnten, es konnten hundert, hundertfünfzig oder zweihundert sein. Sie kamen und gingen, und niemand wusste ihre genaue Zahl. In der Hausverwaltung tat man so, als sähe man nichts, was blieb ihnen anderes übrig? Der Klempner hatte gerade zwei Stahltanks in einem Zimmer installiert und gute Arbeit geleistet. Wenn ab jetzt Wasser in der Leitung floss, so alle paar Tage, konnten diese Leute beide Tanks füllen. Ein Rohr verband beide mit einem Wasserhahn über einem Spülbecken, das er ebenfalls in einer Ecke neben dem Kerosinherd installiert hatte. Es war nichts Besonderes, bedeutete aber einen deutlichen Vorteil allen anderen gegenüber. Das Bad ist für alle da. Es gibt zwei Bäder: das eine für Männer, das andere für Frauen. Selbstverständlich bilden sich immer Warteschlangen. Die meisten scheißen einfach auf ein Stück Papier und werfen es dann in die Gosse
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