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Pedro Juan Gutiérrez

Pedro Juan Gutiérrez

Titel: Pedro Juan Gutiérrez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schmutzige Havanna Trilogie
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eine Zeit lang hin und her. Carmita wollte die Machete nicht aus der Hand legen oder Luisito mit seinem Süßholzgeraspel an sich heranlassen. Schließlich gab sich der Seemann geschlagen. Er zog sich an und ging heulend hinaus aufs Dach. Seine Brüder waren angewidert.
    »He, Luisito, Männer weinen nicht! Bist du ein Mann oder eine Memme?«
    »Diese Frau taugt nichts. Kopf hoch. Wir fahren nach Santiago und feiern weiter.« Carmita warf einen leeren Koffer nach ihnen. »Haut sofort ab, sonst rufe ich die Polizei an der Ecke und sorge dafür, dass man euch alle ins Gefängnis wirft. Weg hier!«
    Dann knallte sie ihnen die Tür vor der Nase zu. Luisito nahm den leeren Koffer, und sie gingen. Am nächsten Tag lief Carmita im ganzen Haus herum, um einen Elefanten aus imitiertem Porzellan zu verkaufen. Er war groß, 40 Zentimeter hoch. Sie verlangte fünf Dollar dafür. Eine Nachbarin kaufte ihn ihr für drei ab. Glücklich nahm sie die Scheine in Empfang.
    »Das ist das letzte, was mir vom Seemann geblieben ist.« Dann ging sie die Treppen hinunter, um vom Telefon an der Ecke Miguelito anzurufen.

 
     
Meinen Atem
     
    Eine Vision der Sinnlichkeit und Sünde am frühen Morgen war diese Mulattin mit ihren herrlichen runden Brüsten und den auf-gerichteten, harten Nippeln, bekleidet mit einer eng anliegenden, kurzen gelben Baumwollbluse, die Bauch und Nabel freigab, und superengem rotem Lycra, das sich über ihren festen, runden Arsch und die schmale Taille spannte. Noch halb verschlafen wie eine sich putzende, schnurrende Katze, verließ sie ihre Wohnung mit klappernden Gummi-latschen, ihr schwarzes Haar hart, gefestigt, im Gesicht noch den lieblich verträumten Ausdruck des Schlafes. Sie blinzelte mir zu und ging weiter. Viele Frauen hier - wahrscheinlich die Mehrheit - sind Töchter von Ochún, der Virgen de la Caridad del Cobre. Sie sind gutmütig, hübsch, zärtlich und treu, solange ihnen danach ist, und dann untreu bis zur Grausamkeit, sinnlich und lasziv. Im Laufe der Zeit lernt man sie zu unterscheiden.
    Ein großer, muskulöser Schwarzer versuchte Wasser aus dem Brunnen zu holen. Aber es war nur wenig da, und er hatte es nicht leicht, einen Eimer zu füllen. Der Brunnen steht mitten auf der Straße, an der Kreuzung San Lázaro und Perseve-rancia. Niemand weiß, warum der Brunnen da steht, er stammt wohl noch aus kolonialer Zeit. Der Deckel darauf ist aus Eisen, genau wie die Abflussrinnen. Niemand kann sich mehr erinnern, wann es hier im Viertel zuletzt fließendes Wasser gegeben hat. Die Leute schöpfen es auch ganz früh am Morgen aus halb im aufgerissenen Pflaster verborgenen Rohren vor einer der Mauern. Denn manchmal - mysteriöserweise um drei, vier Uhr morgens - tröpfelt ein wenig Wasser durch diese Rohre. Jetzt sah mich die Mulattin direkter an, die Augen halb geschlossen, das Haar verlegen von den Kissen und einer Nacht voller Sex. Sie sah noch verschlafen aus, war noch umfangen von einem verbliebenen Hauch der Begierde, der Zügellosigkeit und Rum. Sie kam zum Brunnen und wollte ihrem Mann helfen. Er war schlechter Laune und stieß sie zurück. Sie gab sich einen Ruck und sagte ironisch, mit verletztem Stolz und lauter, kalter Stimme: »Na schön, Schätzchen, dann warte ich eben auf dich.« Dann ging sie zu ihrer Haustür zurück, Hüften und Arsch schwingend, und sah mir fast direkt in die Augen. Das blieb dem Mann nicht verborgen. »Geh ins Haus und warte da auf mich!« Als habe sie diesen drohenden Befehl nicht gehört, setzte sie ihren sinnlich schwingenden Gang fort und sah mich mit als Ver-schlafenheit kaschierter Begierde an. Dann trat sie wieder ins Haus.
    Ich hatte nichts zu tun. Mehr noch: ich hatte nicht die geringste Idee, was ich heute, morgen, in einem Monat, in einem Jahr oder in einem Jahrhundert tun sollte. Vielleicht ist es so am besten, damit ich mir keine Sorgen mache oder verloren vorkomme. Du weißt nicht, was du tun wirst, um zu überleben, aber es ist auch egal. Du lebst wie ein Komet, mitgerissen vom Wind, und fühlst dich gut. Nur weht eben manchmal kein Lüftchen.
    Ich musste ein paar Pesos auftreiben. Nach einem Jahr als Müllmann hatte ich den Job an den Nagel gehängt. Er war mir zu hart. Und dazu nachts. Er wurde gut bezahlt, war aber die Mühe nicht wert. Mit jedem kleinem Deal konnte ich ebenso viel oder mehr an einem Tag verdienen. Außerdem flüchteten die Frauen vor meinem Gestank nach Fäulnis und Müll. Angeekelt liefen sie vor mir davon. Jetzt benutzte ich ein

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