Pedro Juan Gutiérrez
dass er da war, und kümmerte mich nie um Futter und Wasser für ihn. So ist das halt. Er war ein Idiot geworden, und Idioten enden so.
Peter haute weiter auf die Trommel, trank Kräutertee, ließ sich vom Meer inspirieren und las in einem Büchlein mit dem Titel John Cage. lsabel und ich hatten immer das Gefühl, dass es ihm gesundheitlich nicht gut ging, konnten ihn aber nicht fragen. Wir lächelten einander immer nur zu. Ich zeigte ihm den einen oder anderen Schlag, und er machte sich eifrig daran, ihn mit einem Kelten- oder Wikingerrhythmus zu verzerren. Der Kerl war ein hoffnungsloser Fall. Er sah mich Beifall heischend an, und ich nickte ihm lächelnd zu.
»Ja. Good, good!«
Die jungen Mädchen aus dem Haus scharwenzelten um ihn herum und versuchten, ihn zu verführen. Er lächelte ihnen nur zu, schaute aufs Meer und ignorierte sie. »Ob er schwul ist?«, fragte mich lsabel. »Sieht nicht so aus.«
»Du siehst auch nicht so aus, und trotzdem magst du es, wenn man dir den Finger in den Arsch steckt.«
»Für die Unverschämtheit wirst du büßen!«
»Aber es stimmt doch.«
»Schluss jetzt! Du hältst dich wohl für sehr witzig, was?« Als Peter ging, kaufte er mir die Trommel ab und nahm sie mit. Anschließend bekamen wir sechs Monate lang Postkarten von ihm aus seiner Heimatstadt, die alle so begannen: »My dear drum's master«. Dann folgten ein paar Worte in seiner Sprache.
Ich habe sie aufgehoben. Es sind sechs Karten; eine pro Monat. Ein paar Monate darauf traf ich zufällig Angela. Sie fuhr Fahrrad und schwitzte. Ihr Spanisch war jetzt sehr gut. Fröhlich umarmten wir uns mitten auf der Straße, und ich hatte den Eindruck, dass sie etwas lockerer geworden war. Sie war jetzt fröhlicher und offener.
»Peter hat mir hier und da eine Postkarte geschrieben, aber seit einiger Zeit habe ich nichts mehr von ihm gehört.«
»Jetzt kann ich es dir ja sagen, Pedro Juan. Peter war sehr krank, als er nach Kuba kam. Wahrscheinlich ist er inzwischen gestorben.«
»Woran?«
»An Aids.«
»Oh. Aber warum dieses Interesse daran zu lernen, wie man trommelt, wenn ihm doch nur noch so wenig Zeit blieb?«
»Ich weiß nicht. Er war mein Freund. Er wollte mit mir zusam-men hierher kommen, und ich habe ihm nur Gesellschaft geleistet. Mehr will ich gar nicht wissen.«
»Ich auch nicht. Sprechen wir von schöneren Dingen. Was macht dein Schwarzer?«
»Mein Schwarzer?«
»Hast du dir denn keinen schwarzen Kerl unter den Nagel gerissen? Für deine These?«
»Nicht nur einen. Viele.«
»Du hast Geschmack an ihnen gefunden, was? Bist jetzt eine echte Anthropologin.«
»Ja, genau. Ich war mit zweiunddreißig Schwarzen zusammen. Über jeden habe ich eine Akte angelegt, mit Foto. Es war eine gute praxisorientierte Feldstudie.«
»Und was machst du jetzt? Hast du keinen von ihnen behalten, hast dich in keinen verliebt?«
»Nein, nein. Sie waren nur Studienobjekte. Von ihrer Seite kam viel Liebe, viel Sex mit mir, sie sind das reinste Feuer. Aber für mich waren sie nur Studienobjekte.«
»Ich hatte gedacht, du würdest dich in Kuba verlieben, hatte geglaubt, dass dir die Schwarzen gefallen.«
»O ja, sie gefallen mir, aber von Liebe keine Spur. Dafür habe ich keine Zeit. Es wäre für mich ziemlich problematisch, einen Liebhaber in Kuba zu haben.«
»Also bleibst du lieber allein.«
»Ja. Ich komme wieder. Dann treffe ich mich mit dem einen oder anderen, wir lieben uns und das war's.«
»Ach so. Dann ist ja wohl alles in Ordnung.«
»Ja. Bestens.«
»Wenn du wiederkommst, besuch uns oben auf dem Dach.«
»Klar. Ich komme dich besuchen.«
»Ciao, Angela. Gute Reise.«
»Ciao, Pedro Juan. Viel Glück.«
Wir umarmten uns, dann ging jeder seiner Wege. Das Geld war schon lange ausgegangen, und es war kein anderer Ausländer in Sicht, der trommeln lernen wollte. Es ist ein hübsches kleines Geschäft, aber die Schüler sind knapp. Insofern muss ich etwas Starkes, Aromatisches verkaufen, von guter Qualität, damit mir ein paar Pesos zum Leben bleiben. Obwohl der Musikunterricht nicht so gefährlich ist und mehr Geld einbringt. Aber meine Berufung ist zweifellos drum's master.
Heftige Peitschenhiebe
Robertos Wohnung ist durch dicke Gitterstäbe und massive Schlösser gut geschützt. Wie ein Gefängnis. Früher hatte niemand je etwas so Ungehobeltes getan. Doch seit einiger Zeit denkt keiner, der irgend etwas von Wert besitzt, weiter darüber nach und schließt sich hinter Gittern ein. Roberto besitzt
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