Pedro Juan Gutiérrez
schnell redet, verstehe ich kein Wort, also bitte langsam.«
»Wir haben nur gesagt, ja, er kann euch das Trommeln beibringen. Kubanisches Trommeln. Cuban drum.«
»Ja, das möchte er gern. Sind Sie Lehrer?«
»Ja, ich bin Lehrer. Willst du es nicht auch lernen?«
»Nein, ich habe mit Folklore nichts am Hut.«
»Aha. .. and what about you?«
»Wie heißt du?«
»Ich heiße Pedro Juan und sie lsabel.«
»Und wir sind Angela and Peter.«
»Dann sind wir Namensvettern.«
»Pardon?«
»Wir haben denselben Namen, er und ich.«
»Pedro is similar to Peter. Are the same names.«
»Ohhh.«
»Na gut, macht nichts. Er will also Trommeln lernen, und ich werde es ihm beibringen. Über den Preis reden wir später. Und du? Nur Tourismus?«
»Nein, nein, ich bleibe ein Jahr, um zu studieren. Er ist nur für vierzehn Tage gekommen, da bleibt nicht viel Zeit.«
»Was studierst du denn?«
Sie kramte in ihrem Rucksack, zog eine kubanische Zeitschrift von vor zwei Jahren heraus, blätterte sie durch und zeigte einen Artikel mit der Überschrift »Liebe in Schwarzweiß«, der vom Rassismus in den Liebesbeziehungen Kubas handelte. Es war eine Umfrage, in denen nur Paare zu Worte kamen, von denen ein Partner schwarz, der andere weiß war. Alle beschwerten sich darüber, dass ihnen Familie und Freunde zusetzten. »Was ist das, Angela?«
»Rassismus. Ich werde ein Jahr bleiben und das Thema studieren. Dann schreibe ich darüber eine These. Weißt du, was eine These ist?«
»Ja. Und wofür? Willst du promovieren?«
»Ah, you know. Ja, genau, ich mache meinen Doktor hier in Kuba, mein Examen aber in Europa.«
Von dem Moment an löcherte Angela lsabel und mich mit Fragen, denn lsabel war Mulattin, und ich sehe völlig weiß aus.
Währenddessen griff sich Peter die Trommel, die in einer Ecke lag, und hämmerte ununterbrochen auf sie ein, ohne Überlegung, als wolle er sie strafen. Es war ein Verbrechen an der armen Trommel, die sich nicht wehren konnte. Ich versuchte ihm den einen oder anderen Schlag beizubringen, aber es war zwecklos. Er hörte mir aufmerksam zu, starrte mich an und schlug dann völlig anders. Angela erklärte uns, er sei ein musikalisches Genie. Er spielte perfekt Klavier, Violine, Saxophon, Gitarre, Oboe und die Folkloreinstrumente seines Landes. Na, hierbei war er jedenfalls nicht so genial. Am zweiten Tag entschied ich, dass er ein hoffnungsloser Fall war. Ich zeigte ihm etwas Neues, ließ ihn zahlen und suchte das Weite. Immerhin wollte ich mir ersparen, mit anhören zu müssen, wie er die Häute malträtierte, ohne jedes Rhythmus-gefühl.
Der Kerl aß nur Gemüse, trank Kräutertee, schrieb sich Notizen in ein dickes Heft und schaute aufs Meer. Er rauchte nicht, trank nicht, nicht einmal Kaffee. Während der ganzen Zeit konnten wir kein einziges Wort miteinander wechseln. Wir sahen uns nur an und lächelten. Gelegentlich holte er seine Kamera heraus und schoss ein paar Fotos. Nach einigen Tagen des Zusammenseins mit uns war Angela gelangweilt und schweigsam.
«Sag bloß nicht, dir sind schon die Fragen ausgegangen.«
«Was sagst du? Sprich bitte langsamer.«
»Hast du keine Fragen mehr an lsabel und mich?«
«Ach so, nein, keine Fragen mehr.«
»Und was machst du?«
»Ich denke nach.«
»Du bist wohl eher Theoretikerin?« »Theorie ist notwendig.«
»Ja, aber die Praxis ist schmackhafter.«
»Pardon?«
»Such dir einen schönen schwarzen Mann und bleib eine Weile mit ihm zusammen.«
Ihr halb gelangweiltes, halb trauriges Gesicht erhellte sich mit einem großen Lächeln. »Ja? Geht das?«
»Na klar!«
»Was muss ich tun?«
»Nichts. Such dir einen Schwarzen, der dir gefällt, leb eine Zeit lang mit ihm und schreib anschließend darüber.«
»Ja, praxisnahe Forschung, genau.«
»Aber ehe du gehst, bezahl mir erst die Unterkunft hier.«
»Ja, ich bezahle dir meinen Anteil, und morgen breche ich auf.«
»So schnell? Du hast wohl schon einen schwarzen Kerl bei der Hand, was? Du bist ein ganz schöner Feger.«
»Ich verstehe nicht. Sprich bitte langsam.«
»Ich sagte, ja, du machst es ganz richtig. Studier die schwarzen Männer in- und auswendig.«
Am nächsten Tag packte Angela ihren Rucksack und ging. Nie zuvor hatten wir so viel Geld auf einem Haufen gehabt. Ich ließ den Lockvogel frei, damit er mit einem Weibchen davon-fliegen konnte. Aber nichts da. Er hatte seine Lebenslust verloren. Einsam und traurig blieb er auf dem Dach sitzen. Dann starb er, denn sogar ich vergaß,
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