Peeling und Poker (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
noch einen?“
„Danke, nein. Hast du übrigens Andrew Ehrlicher über sein Privatleben und andere Aktivitäten ausgefragt?“ Natürlich kannte er die Antwort, aber er fragte trotzdem.
„Ich habe es mir anders überlegt,“ sagte Angela nach kurzem Zögern. „Ich glaube ihm, und ich will nicht unnötig herumschnüffeln. Sein Leben geht uns im Grunde nichts an.“
„Gut so. Und wo ist Peter Pfister?“
„Er wollte in die Pathologie, um die Freigabe von Sybille Senn zur Beerdigung zu veranlassen, aber das war vor zwei Stunden. Er müsste längst wieder hier sein.“
„Bin schon da, liebe Kollegen. Manchmal muss man eben auch mit den Rechtsmedizinern ein bisschen plaudern, sie haben ja sonst nur schweigende Patienten.“ Pfister war für einmal guter Laune, und er sagte auch gleich warum. „Heute Nachmittag und morgen bin ich an einem Pensionierungs-Seminar auf Schloss Liebegg und kann euch leider nicht zur Seite stehen. Gibts noch etwas Neues, das ich wissen müsste?“
Sie setzten sich an den Besprechungstisch und fassten zusammen, was sie bisher wussten. Pfister bestätigte, dass sich am Körper von Sybille Senn keine Spuren von Fremdeinwirkung gefunden hatten, wie beispielsweise Blutergüsse oder Schürfungen, dass sie deshalb auch nicht von einer Brücke gefallen sein konnte, dass sie ertrunken sei, und dass es sich mit praktisch hundertprozentiger Sicherheit um Selbstmord handle. Er habe Herrn Senn informiert, dass seine Frau jetzt begraben werden könne. Der wissenschaftliche Dienst habe die Überwachungsvideos nochmals angeschaut und dabei nichts Neues gefunden, Sybille Senn sei kein zweites Mal von einer Kamera erfasst worden an jenem Abend. „Allerdings sind auch sonst zur fraglichen Zeit keine ungewöhnlichen Bewegungen zu sehen, alles wirkt wie ausgestorben in den Büros. Wenn man die Aufzeichnungen betrachtet, könnte man meinen, Truninger sei von einem unsichtbaren Phantom ermordet worden.“
Trocken entgegnete Nick: „Das Phantom kannte sich allerdings sehr gut aus mit den Standorten der Kameras. Vielleicht sollten wir uns die Aufzeichnungen aus dem Spieltrakt und der Garage auch nochmals vornehmen, Peter.“
„Scheissarbeit“, murmelte Pfister, „ich werde sehen, ob die Kollegen übers Wochenende Zeit haben, sonst wird es halt Montag. Vielleicht weisst du bis dann auch, wonach wir suchen, Chef.“
„Ich kann das heute Nachmittag und morgen übernehmen, Peter“, bot Angela an, „möglicherweise sehen meine Augen mehr als die eines kurz vor der Pensionierung stehenden Detektivs.“ Sie lächelte ihn an, aber die spitze Bemerkung verfehlte ihre Wirkung nicht.
Pfister stand auf, ging zu seinem Schreibtisch und zog die Jacke an. „Danke für die Unterstützung, liebe Kollegin Angela, meine Sehkraft ist immer noch sehr gut. Aber ich merke, dass ich hier nicht mehr gebraucht werde. Tschüss, ihr beiden, und viel Erfolg beim Fernsehen.“ Die Tür fiel laut und deutlich ins Schloss.
Die Arbeit macht ihm keinen Spass mehr, dachte Nick, er ist überempfindlich und wirkt ausgebrannt. Ich muss mir überlegen, wie ich ihn die letzten achtzehn Monate noch bei der Stange halten und sinnvoll beschäftigen kann. Laut sagte er: „Sei lieb zu ihm, Angela, er möchte aufhören und kann noch nicht. Er muss noch mehr als ein Jahr ausharren.“
„Das verstehe ich ja, aber seine ständigen Ausflüchte gehen mir auf die Nerven. Er drückt sich um die Arbeit wo er kann, und alles bleibt an mir hängen.“
„Was wiederum auch damit zu tun hat, dass du deine Dienste offerierst. Jedenfalls kann ich dir sagen, dass du sehr gute Arbeit leistest, und dass man dies auch weiter oben bereits bemerkt hat.“
Sie strahlte. „Danke, Chef. Und jetzt, wie weiter? Haben wir wirklich nichts ausser Sybille Senn und ihrer Psychiaterin?“
„Auf jeden Fall nichts Konkretes. Ich gehe jetzt eine Stunde an der Aare spazieren, um auf neue Ideen zu kommen. Du beginnst mit den Videoaufzeichnungen, und zwar beschränkst du dich vorerst auf die Garage mit den Mitarbeiterparkplätzen. Ich weiss nicht, was wir suchen, aber du hast ein Auge für Aussergewöhnliches, also schau genau hin.“
Als er kurz vor zwei den Kopf ins Büro streckte, sass Angela mit konzentriertem Gesicht vor dem Bildschirm. Auf seine Frage schüttelte sie den Kopf und murmelte: „Noch nichts.“
„Ich muss zum Rapport, bin in etwa zwei Stunden wieder da.“
„OK, Chef. Vielleicht gehe ich zwischendurch eine Runde joggen und komme später
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