Peinlich peinlich Prinzessin
irgendwelchen Nachtclubs zusammenbrechen … und dass die Welt endlich anerkennen sollte, dass wir zu wichtigen Themen Stellung beziehen und wirklich etwas Sinnvolles tun können, um den Menschen zu helfen …
… da sind alle im Saal aufgestanden und haben mir applaudiert. Alle gratulierten mir, und Lanas Mutter versicherte mir, dass ich an meinem achtzehnten Geburtstag sofort Mitglied bei Domina Rei werden kann. Ich war noch ganz gerührt von alldem, als Lars mich am Ärmel zupfte (für männliche Bodyguards wird bei Veranstaltungen von Domina Rei anscheinend eine Ausnahme gemacht) und mir sagte, Grandmère läge bewusstlos in der Limousine, und mein Vater hätte angerufen, ich solle sofort zu ihm ins Hotel kommen.
Bestimmt war Grandmère nur vor Freude überwältigt, weil sie endlich gefragt worden ist, ob sie dem Club beitreten will, der sie die letzten fünfzig Jahre so schändlich ignoriert hat. Ich hab gesehen, wie Sophia Loren auf sie zugekommen ist und ihr ein Aufnahmeformular in die Hand gedrückt hat. Grandmère hat sich natürlich geziert und gesagt, sie würde es sich überlegen. Aber das ist grandmèrisch und heißt übersetzt: »Ja! Ich will! Natürlich will ich, aber es ist unter meiner Würde, mir anmerken zu lassen, wie sehr ich es will.«
Als wir bei Dad im Hotel ankamen, hat er eine geschlagene halbe Stunde auf mich eingebrüllt: Ich hätte die Familie verraten, das Ganze sei ein Albtraum, er wisse nicht, wie er das jemals dem Parlament erklären soll, bestimmt würden alle denken, wir hätten das Dokument die ganze Zeit vor dem Volk versteckt, und jetzt müsse er sich als Premierminister zur Wahl stellen, wenn er die Projekte, die er geplant habe, verwirklichen wolle, und es sei gar nicht sicher, dass er gewählt werden würde, weil bestimmt lauter Idioten
kandidieren würden und das genovesische Volk ja noch gar nicht daran gewöhnt sei, eine Demokratie zu sein, und deshalb werde es bestimmt Wahlfälschungen geben, und meine Pflichten als Prinzessin müsse ich trotzdem weiter erfüllen, nur dass ich mir jetzt wahrscheinlich einen richtigen Job suchen müsse, weil meine Apanage um die Hälfte gekürzt werden würde, und er hoffe, dass ich jetzt zufrieden sei, nachdem ich im Alleingang eine ganze Dynastie zerstört habe, und ob ich mir darüber im Klaren sei, dass ich die Familie Renaldo für alle Zeiten lächerlich gemacht habe … bis ich es auch mal schaffte, etwas zu sagen, nämlich: »Dad? Weißt du was? Das wirst du alles mit Dr. G. Stöhrt besprechen müssen. Und zwar am nächsten Freitag. Er hat nämlich gesagt, ihr sollt beide zur Sitzung mitkommen.«
Da ist ihm die Spucke weggeblieben. Er sah ganz verstört aus - wie damals, als diese Stewardess behauptet hat, sie würde von ihm ein Baby erwarten, bis ihm einfiel, dass er sie noch nie im Leben gesehen hatte und außerdem seit seinem Hodenkrebs ja gar keine Kinder mehr zeugen kann.
»Ich?«, rief er. »Ich soll zu deinem Therapeuten? Mit meiner MUTTER?«
»Ganz genau«, sagte ich mutig. »Es gibt da nämlich ein paar Sachen, die ich mit dir besprechen muss. Zum Beispiel, warum du auf dem Fragebogen bei der Aussage ›Ich habe das Gefühl, dass ich kein Glück in der Liebe finden werde‹ selten angekreuzt hast, obwohl du mir vor ein paar Wochen noch gesagt hast, du hättest es immer bereut, dass du Mom damals nicht gebeten hast, bei dir zu bleiben, weil sie die große Liebe deines Lebens war. Du hast Dr. G. Stöhrt angelogen, und du weißt, wenn man in der Therapie lügt - auch wenn es MEINE Therapie ist - schadet man sich damit nur selbst. Man kann nämlich bloß Fortschritte machen, wenn man sich selbst gegenüber ehrlich ist.«
Dad blinzelte mich fassungslos an. Wahrscheinlich überforderte
es ihn, dass ich so abrupt das Thema gewechselt hatte.
Aber dann wurde er wieder wütend: »Mia, im Gegensatz zu dem, was du dir in deinen romantischen Mädchenfantasien auszumalen scheinst, sitze ich nicht den ganzen Tag herum und weine deiner Mutter nach. Ja, es stimmt, gelegentlich bereue ich, dass es mit ihr nicht geklappt hat, aber soll ich dir mal was sagen? Das Leben geht weiter. Und du wirst feststellen, dass das Leben auch nach Michael weitergeht. Und deshalb habe ich tatsächlich manchmal - selten - das Gefühl, dass ich kein Glück in der Liebe finden werde. Aber meistens lebe ich in der Hoffnung, dass eine neue große Liebe irgendwo an der nächsten Ecke auf mich wartet, so wie sie hoffentlich auch auf dich wartet. Können wir
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