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Pelagia und der rote Hahn

Pelagia und der rote Hahn

Titel: Pelagia und der rote Hahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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schleudernden Zeus. Er postierte zwei Matrosen, mit Feuerlöschutensilien bewaffnet, als Wache vor der unglückseligen Kabine, befahl den Passagieren der ersten und zweiten Klasse, in ihren Unterkünften zu bleiben, sich mucksmäuschenstill zu verhalten und ja nicht die Nase aus der Tür herauszustrecken, scheuchte die Mannschaft vollzählig auf dem Achterdeck zusammen und stellte sie unter die Bewachung zweier rußverschmierter Heizer mit großen Schaufeln in den Händen. Er selbst warf sich in seine weiße Paradeuniformjacke, schnallte sich einen riesigen Revolver um die Hüfte und goss sich zwecks Vertilgung des Weindunstes eine ganze Flasche Eau de Cologne über den Leib.
    Die Anlegestelle Ust-Swijashsk passierten sie vollkommen fahrplanwidrig ohne Halt und gingen erst auf Höhe der Kreisstadt, in gehöriger Entfernung von der Anlegestelle, vor Anker. Dort wurde der erste Gehilfe des Kapitäns zu den Behörden abkommandiert – per Ruderboot.
    Eine Stunde später sahen die Passagiere der Kabinen, die an der Steuerbordseite gelegen waren, wie sich durch den Abendnebel, der sich über dem Wasser ballte, ein voll besetztes Ruderboot näherte. Die Insassen waren zum größten Teil Uniformierte, es befanden sich aber auch mehrere Zivilisten darunter.
    Zur Durchführung der Ermittlung kam nicht etwa irgend so ein x-beliebiger Reviervorsteher, von wegen! Nicht einmal ein Kommissär! Das heißt, selbstverständlich war auch ein Kommissär dabei, und alle möglichen anderen Dienstgrade einschließlich des Chefs der Kreispolizei, aber die waren nur Nebenfiguren, die Hauptperson war ein hagerer Herr in Zivil. Seine klugen, wachsamen Augen funkelten kalt hinter einem Kneifer, und immer wieder strich er sich mit einer schlanken Hand über seinen Spitzbart. Auf dem Revers seines Gehrocks glänzte das Abzeichen einer Universität.
    Wie sich herausstellte, war dieser Zivilist ein richtig großes Tier, ein Angehöriger des Innenministeriums. Seine Name war Sergej Sergejewitsch Dolinin. Wie später von den ortsansässigen Polizeibeamten zu erfahren war, unternahm Seine Exzellenz gerade eine wichtige Inspektionsreise durch das Gouvernement Kasan. Als er von dem Mord Kenntnis erhielt, der sich auf dem Dampfer der Schifffahrtsgesellschaft »Nord« ereignet hatte, wünschte er augenblicklich, die Leitung der Ermittlungen persönlich in die Hand zu nehmen.
    Im Gespräch mit Seiner Eminenz Mitrofani (den er unverzüglich aufsuchte, als er den Namen dieses hohen Würdenträgers auf der Passagierliste fand) erklärte Sergej Sergejewitsch seinen Eifer mit der besonderen Bedeutung der Person des Ermordeten:
    »Dieser Herr Manuila war eine höchst skandalöse Erscheinung. Ich wage zu behaupten, Eminenz, dass dieser Vorfall ganz Russland in Aufruhr bringen wird. Das heißt, sofern . . .« Dolinin unterbrach sich, offenbar wollte er seinen Gedanken für sich behalten – was dieses »sofern« bedeuten sollte, blieb unausgesprochen.
    Pelagia, die bei diesem Gespräch zugegen war, glaubte, bei der Bemerkung über den »gesamtrussischen Aufruhr« in den grauen Augen des Untersuchungsführers ein kurzes Aufblitzen bemerkt zu haben. Nun ja, Ehrgeiz ist für einen Staatsdiener eine verzeihliche Sünde, das heißt vielleicht sogar überhaupt keine Sünde, insofern sie ja dem Fleiße förderlich ist.
    Folglich war anzunehmen, dass der Besuch Sergej Sergejewitschs bei Bischof Mitrofani durchaus nicht aus Höflichkeit erfolgte, sondern einen ganz anderen, nämlich rein pragmatischen Grund hatte. Wie dem auch sei, kaum hatte man den Austausch der obligaten Höflichkeitsfloskeln beendet, da wandte sich Dolinin an Pelagia und fragte in sachlichem Ton: »Sie sind sicher die Nonne, die die Leiche gefunden hat? Ganz vortrefflich. Mit Erlaubnis Seiner Eminenz« – eine knappe Verbeugung in Richtung Mitrofani – »muss ich Sie leider bitten, Schwester, mich zum Ort des Vergehens zu begleiten.«
    Und so kam es also, dass Pelagia sich jetzt hier in dieser abscheulichen Kabine befand, in der es penetrant nach Blut und blumigem Eau de Cologne roch.
    Wäre da nicht dieser Geruch gewesen und nicht die Gegenwart des entstellten Körpers, es wäre ihr ein reines Vergnügen gewesen, Sergej Sergejewitsch bei seiner gedeihlichen, äußerst professionellen Arbeit zuzuschauen.
    Er begann damit, dass er mit raschen Strichen den Grundriss der Kabine in seinem Notizbuch festhielt, während er gleichzeitig der Schwester ohne Unterlass Fragen stellte:
    »War die Ecke des

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