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Pelagia und der rote Hahn

Pelagia und der rote Hahn

Titel: Pelagia und der rote Hahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Wüterich war. Dummka hatte »rasiche« Angst vor ihm.
    Also blieb ihr nichts anderes übrig, sie musste zu den »Steinen« gehen und dort suchen. Sie rief und lockte, gackerte wie ein Huhn, jammerte und flennte, aber nichts half.
    So gelangte sie zum Teufelsstein. Dorthin wäre sie nie im Leben freiwillig gegangen, schon gar nicht allein.
    »Warum nicht?«, fragte Pelagia. »Was ist das denn mit dem Teufelsstein?«
    »Ein furchtbar schrecklicher Ort!«
    »Warum denn schrecklich?«
    »Von wegen dem Herrn.«
    Und Dummka erzählte, dass dort am Teufelsstein vor langer, langer Zeit einmal ein fremder Herr verschwunden war. Davon hatte ihr das Omelchen erzählt, als es noch nicht »vom vielen Liegen« die Sprache verloren hatte. Und Oma Bobricha hatte es wiederum von ihrem Großvater.
    Nämlich vor hundert Jahren, oder vielleicht war’s sogar noch früher, jedenfalls da kam einmal ein feiner Herr nach Stroganowka, der suchte nach Schätzen, nach Gold und Edelsteinen. Er kraxelte in den Bergen herum, wo keiner von den Hiesigen je die Nase hinsteckte, weil es da ja nichts zu holen gab, buddelte in der Erde und stieg in die »Bäuche » (Höhlen) hinunter. Auch in den Bauch vom Teufelsstein kroch er hinein. Und er nahm einen Hahn mit.
    »Wozu denn?«, fragte die Nonne verständnislos.
    »Na, wenn du dich in dem Bauch verläufst, dann lässt du den Gockel laufen, der findet immerall (ganz bestimmt) einen Durchschlupf.«
    Aber der Hahn hatte dem feinen Herrn nichts genutzt. Beide verschwanden auf Nimmerwiedersehen – weder Mann noch Hahn fanden aus der Höhle heraus. Ein paar Mutige aus dem Dorf stiegen in die Höhle, um die Vermissten zu suchen. Man fand: von dem feinen Herrn die Pelzmütze, von dem Hahn eine Schwanzfeder – sonst nichts. Klarer Fall: Der Teufel hatte sie geholt, denn das war ja sein Stein.
    Dummka hatte also schreckliche Angst, dorthin zu gehen, aber ohne Beljanka zurückzukommen, das ging auch nicht.
    Sie lief immer »ummendum« den verhexten Felsen (um ihn herum), »jibberte« (weinte) und zitterte am ganzen Körper, und auf einmal hörte sie ein Geräusch: Es klang, als krähte ein Hahn, aber ganz dumpf, als befände er sich unter der Erde. Sie schaute hinter einem großen Findling nach – und fast blieb ihr das Herz stehen: Hinter einem Busch klaffte schwarz ein Spalt im Fels, und genau dort kam das Kikeriki heraus.
    Als sie begriff, dass dies die Höhle jenes feinen Herrn war, traute sich Dummka lange nicht, sie zu betreten. Wenn dieser Hahn da drin am Ende genau der war, den der Teufel geholt hatte? Vielleicht war ja dann der feine Herr auch dort, der verschwundene! Oh, wie schrecklich!
    Sie bekam eine solche Angst, dass sie bestimmt davongelaufen wäre, wenn sie nicht plötzlich ein Gackern aus dem Höhlenloch gehört hätte, ein wohl vertrautes Gackern – das war Beljanka!
    Also war sie da drin, in der Höhle!
    Sie bekreuzigte sich schnell (beten konnte sie ja nicht, weil sie »sprechlos« war), und dann kroch sie durch den Spalt, um Beljanka herauszuholen.
    Zuerst war es ganz finster, sie konnte gar nichts erkennen. Als sie sich ein bisschen an die Dunkelheit gewöhnt hatte, bemerkte sie einen weißen Fleck – Beljanka. Sie gleich zu ihr hin, aber da war ein Hahn bei ihr, so ein forscher, »jipericher«, immerzu wollte er auf das Huhn drauf. Und auf einmal sieht sie, da hinten liegt ein bärtiger Mann in einem weißen Hemd (jedenfalls kam es Dummka so vor) und schnarcht.
    Hätte der Mann nicht geschlafen, wäre sie gleich weggesaust vor Angst, und keine zehn Pferde hätten sie noch mal an diesen schrecklichen Ort gebracht. Aber vor einem, der schläft, braucht man doch keine Angst haben, oder? Das heißt, natürlich hatte sie Angst, am Anfang, aber dann guckte sie ihn noch mal ein bisschen genauer an und fand, dass er gar nicht so schrecklich aussah. Da hat sie ihn aufgeweckt und ins Dorf gebracht, und den Hahn auch.
    Den Gockel durfte Dummka behalten, der Höhlenmann machte ihr Zeichen: Nimm ihn dir. Ein Prachtgockel war das, mit knallrotem Gefieder, kein Vergleich mit denen im Dorf. Omelchen und Dummka haben ihn dann immer an die Leute ausgeliehen, damit er ihre Hennen besteigt, für fünf Eier pro Henne. Davon lebten sie in Saus und Braus. Der Gockel begründete in Stroganowka den Stamm der »Jiperichen« (die immerzu auf die Hennen wollen). Aber nach einem Jahr haben ihn die Nachbarhähne totgehackt – er war ein zu großer Raufbold.
    Als Dummka zu Ende erzählt hatte, begann Pelagia,

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